Allianz Trade: Schweiz mit neuem Pleite-Rekord

Allianz Trade: Schweiz mit neuem Pleite-Rekord
Jan Möllmann, CEO Allianz Trade in der Schweiz. (Foto: Allianz Trade)

Wallisellen – Die weltweiten Unternehmensinsolvenzen dürften Ende 2025 nach einem Zuwachs von 6% einen neuen Höchststand erreichen. Auch für 2026 gibt es keine Entwarnung: In seiner aktuellen globalen Insolvenzstudie geht der weltweit führende Kreditversicherer Allianz Trade 2026 von einem weiteren Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 5% aus. Das ist mehr als bisher erwartet (3%) und wäre der fünfte Anstieg in Folge. Für 2027 rechnet Allianz Trade mit einem leichten Rückgang (-1%) bei den weltweiten Pleiten.

«In der Schweiz [1] zeichnet sich für 2025 ein neuer Rekord bei den Unternehmensinsolvenzen ab», warnt Jan Möllmann, CEO von Allianz Trade Switzerland. «Das ist bereits der fünfte Anstieg in Folge. So werden wir wohl bei rund 10‘900 Fällen landen. Das ist ein Plus von 26% im Jahresvergleich, wobei die Sonderfälle von Auflösungen aufgrund organisatorischer Mängel gemäss Artikel 731b OR noch gar nicht berücksichtigt sind.»

Für das Jahr 2026 wird zwar eine Trendwende erwartet, diese dürfte jedoch mit einem Rückgang von lediglich 7% moderat ausfallen und weiterhin auf ein anhaltend hohes Niveau von über 10’000 Insolvenzfällen hindeuten. Zwei Faktoren stützen diese Prognose. Zum einen weisen die wirtschaftlichen und finanziellen Fundamentaldaten auf unterdurchschnittliche Wachstumsraten hin, während die von den USA eingeführten Zölle die Aussichten zusätzlich eingetrübt haben. Zum anderen – und noch entscheidender – führt die seit dem 1. Januar geltende Reform des Insolvenzrechts zwangsläufig zu einem Anstieg der Zahl der Unternehmen, gegen die ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.

Zölle: verzögerte Auswirkungen, anhaltendes Risiko
Die Einfuhrzölle der US-Regierung dürften bis zum Jahresende einen effektiven Satz von 14% erreichen mit global sehr unterschiedlichen Auswirkungen auf die Unternehmen. US-Unternehmen sind derzeit in einer noch relativ komfortablen Situation, da sie von den Preisanpassungen ausländischer Exporteure profitieren sowie von der weit verbreiteten Umleitung von Waren über Drittländer wie Indien und Vietnam. Dadurch bleiben zusätzliche Kosten und Insolvenzen begrenzt. Sollte sich der Welthandel jedoch verlangsamen, könnten mehrere Volkswirtschaften, die stark vom Export abhängig sind, die Auswirkungen noch stärker zu spüren bekommen.

«In der ersten Hälfte des Jahres 2025 sind Insolvenzen in den USA um 4 Prozentpunkte gesunken», sagt Maxime Lemerle, Leiter der Insolvenzforschung bei Allianz Trade. «Dazu trugen insbesondere die schützenden Auswirkungen der Zölle und ihre moderate Weitergabe bei sowie die gute Nachfrage, die die meisten negativen Auswirkungen ausgleichen konnte. Ein gänzlich anderes Bild zeichnet sich allerdings bei einigen exportorientierten Volkswirtschaften, bei denen Insolvenzen voraussichtlich steigen: Im schlimmsten Fall könnte es in Kanada zu 1’900 zusätzlichen Insolvenzen kommen, in Frankreich zu 6’000, in Spanien zu bis zu 2’900 und in den Niederlanden zu 700.» Im Gegensatz dazu erwarten die Experten in Deutschland, Grossbritannien, Italien und Belgien nur geringfügige Auswirkungen, entweder aufgrund diversifizierter Exportmärkte, einer höheren inländischen Basis oder einer stärkeren Finanzlage.

Höchststand 2025, weiterer Anstieg im Jahr 2026
Aufgrund dieser Aussichten bleibt die Prognose für die weltweiten Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2025 mit 6% unverändert, nach bereits einem Anstieg um 10% im Jahr 2024. Die weltweiten Insolvenzen erreichen einen neuen Höchststand seit 2019 und dürften Ende des Jahres rund 19% über dem Durchschnitt von vor der Pandemie liegen. Die Daten seit Jahresbeginn zeigen einen deutlichen Anstieg in allen Regionen, insbesondere in Asien und Westeuropa, mit den grössten Sprüngen in Italien (+38%) und der Schweiz (+26%).

Zu den Aussichten für 2026 sagt Aylin Somersan Coqui, CEO von Allianz Trade: «Da die Abmilderungsstrategien an Wirkung verlieren und Sekundäreffekte einsetzen, könnten die Auswirkungen des Handelskriegs bald die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen auf die Probe stellen. Auch das Risiko von Dominoeffekten durch eine steigende Zahl grosser Insolvenzen nimmt zu. Dies führt zu erhöhten Zahlungsausfallrisiken: Wir gehen nun davon aus, dass die weltweiten Unternehmensinsolvenzen bis 2026 um +5% steigen werden, gegenüber +3% in unserer vorherigen Prognose. Dies wäre der fünfte Anstieg in Folge.»

Minimale Trendwende erst 2027 erwartet
Mit diesem fünften Anstieg in Folge wird das Niveau etwa 24% über dem Durchschnitt vor der Pandemie liegen. «Auch wenn die Erholung nur schrittweise erfolgen wird, könnte sich der Trend 2027 umkehren und die Zahl der Unternehmensinsolvenzen weltweit um 1% zurückgehen», erklärt Aylin Somersan Coqui, CEO von Allianz Trade.

Kritische Schwachstellen: schwächelnde Wirtschaft, restriktive Finanzierung, struktureller Wandel
Die Allianz Trade-Experten sehen drei kritische Schwachstellen, die die Widerstandsfähigkeit von Unternehmen auf die Probe stellen: Das weiterhin gedämpfte Wirtschaftswachstum, die teilweise angespannten Finanzierungsbedingungen sowie branchenspezifische Risiken, insbesondere durch Strukturwandel, technologische Umbrüche und einen verstärkten Wettbewerb, vor allem im Bau- und Automobilsektor. In den USA und der Eurozone dürfte das Wirtschaftswachstum voraussichtlich unter der Schwelle bleiben wird, die zur Stabilisierung der Insolvenzen erforderlich ist. Die teilweise anhaltend hohen Zinsen und gleichzeitig restriktiven Kreditangebote belasten vor allem schuldenfinanzierte und kapitalintensive sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU). (Allianz Trade/mc/ps)

[1] Seit dem 1. Januar 2025 hat die Schweiz ihr Betreibungssystem reformiert, indem sie die Absätze 1 und 1bis von Artikel 43 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs aufgehoben hat. Öffentlich-rechtliche Forderungen (Mehrwertsteuer, Steuern, Sozialabgaben) können nun direkt zur Konkurserklärung für im Handelsregister eingetragene Unternehmen führen.

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