Bankgeheimnis: Bundesrat unterzeichnet OECD-Amtshilfe-Übereinkommen

Bankgeheimnis: Bundesrat unterzeichnet OECD-Amtshilfe-Übereinkommen

EFD-Vorsteherin Eveline Widmer-Schlumpf. (Bild: admin.ch)

Bern – Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom Mittwoch weitere Massnahmen zur Umsetzung seiner Finanzmarktpolitik im Steuerbereich getroffen. Er hat der Unterzeichnung des OECD-/Europarats-Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen zugestimmt. Ausserdem hat er einen Mandatsentwurf für Revisionsverhandlungen über das mit der Europäischen Union (EU) abgeschlossene Zinsbesteuerungsabkommen verabschiedet.

Die Schweiz bekennt sich seit März 2009 zur Einhaltung der internationalen Standards in Steuerfragen. Die Unterzeichnung des OECD-/Europarats-Übereinkommens unterstreicht den Willen der Schweiz, diese Standards zu erfüllen. Sie bekräftigt zudem das Engagement der Schweiz bei der weltweiten Bekämpfung von Steuerbetrug und Steuerhinterziehung im Hinblick auf die Wahrung der Integrität und die Reputation des Finanzplatzes Schweiz.  Die Schweiz soll andere Staaten nicht nur auf Anfrage über Steuersünder informieren, sondern in manchen Fällen auch spontan. Dies will der Bundesrat. Das Übereinkommen sieht vielfältige Formen der Zusammenarbeit zwischen den Staaten vor. Dazu gehören der Informationsaustausch auf Anfrage – und der spontane Austausch von Informationen. Letzterer ist für die Schweiz neu.

Übereinkommen bereits in 30 Ländern in Kraft
Über 50 Länder haben das Übereinkommen bisher unterzeichnet, und in rund 30 Ländern ist es bereits in Kraft. Das multilaterale Übereinkommen bietet einen Rahmen für die steuerliche Zusammenarbeit zwischen den Staaten. Sein modulares System sieht vielfältige Formen der Zusammenarbeit im Steuerbereich, einschliesslich dem Informationsaustausch auf Anfrage und dem spontanen Austausch von Informationen, vor. Der automatische Informationsaustausch ist – als Option – ebenfalls im Übereinkommen vorgesehen. Dafür ist aber ausdrücklich eine Zusatzvereinbarung zwischen den beteiligten Staaten erforderlich.

Die Konvention wird das ordentliche Genehmigungsverfahren – Vernehmlassung der interessierten Kreise, Botschaft des Bundesrates an das Parlament, Genehmigung durch das Parlament und fakultatives Referendum – durchlaufen. Der Bundesrat hat das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, nach der Unterzeichnung eine Vernehmlassungsvorlage vorzulegen.

Automatischer Informationsaustausch nicht inbegriffen
Nicht Teil des Übereinkommens ist der automatische Informationsaustausch. Zwar ist dieser als Option vorgesehen. Er muss aber zwischen einzelnen Staaten ausdrücklich vereinbart werden. Die Unterzeichnung des Übereinkommens stelle daher kein Präjudiz dar, sagte Widmer-Schlumpf.

Klar ist aber, dass die Schweiz sich auf den automatischen Informationsaustausch einstellt. Im Sommer hatte der Bundesrat beschlossen, dass sie an der Entwicklung eines Standards für den automatischen Informationsaustausch mitwirkt. Nach seinem Willen soll die Schweiz den Standard dereinst auch übernehmen – aber erst, wenn dieser auf den wichtigsten Finanzplätzen eingeführt ist.

Revision des Zinsbesteuerungsabkommens
Ausserdem hat der Bundesrat einen Mandatsentwurf für Revisionsverhandlungen über das mit der EU abgeschlossene Zinsbesteuerungsabkommen verabschiedet. Der Entscheid nimmt Bezug auf das Mandat, das der EU-Finanzministerrat (Ecofin) am 14. Mai 2013 für Verhandlungen der EU-Kommission über eine Anpassung der mit der Schweiz und anderen Drittstaaten abgeschlossenen Zinsbesteuerungsabkommen verabschiedet hat. Die EU will damit die Anpassung dieser Abkommen an die geplante Revision der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie sicherstellen.

Die Schweiz hat sich bereits seit 2009 gesprächsbereit über eine Revision des Abkommens zur Beseitigung bestehender Lücken gezeigt. Jedoch soll eine Anpassung des Abkommens nur vereinbart werden, wenn im Rahmen von MIFID eine befriedigende Lösung bei der Ausgestaltung der Drittstaatenregelung für die Erbringung grenzüberschreitender Finanzdienstleistungen gefunden wird.

Laut der Finanzministerin wird es bei diesen Verhandlungen mit der EU nicht um den automatischen Informationsaustausch gehen. Im Mandat der EU-Kommission sei dieser nicht erwähnt, sagte Widmer-Schlumpf. Es gehe ausschliesslich um das Zinsbesteuerungsabkommen. Die EU habe selbst noch nicht festgelegt, wie der automatische Informationsaustausch ausgestaltet werden solle, gab sie zu bedenken. «Worüber wollen sie denn mit uns verhandeln?»

EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta hatte andere Erwartungen geweckt. Als er im Sommer mit dem Verhandlungsmandat zum Zinsbesteuerungsabkommen nach Bern reiste, liess er verlauten, er möchte mit der Schweiz über den automatischen Informationsaustausch verhandeln. Dabei verwies er auf die im EU-Mandat erwähnte «Berücksichtigung internationaler Entwicklungen».

Bundesrat stellt Bedingungen
Die EU will die Abkommen mit Drittstaaten nun an die geplante Revision der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie anpassen. Der Bundesrat ist einverstanden, stellt jedoch Bedingungen: Zu einer Anpassung des Abkommens ist er nur bereit, wenn die Schweizer Finanzdienstleister damit nicht schlechter gestellt werden als heute, wie Widmer-Schlumpf sagte.

Mit der Finanzmarktrichtlinie MIFID II drohen den Schweizer Banken Nachteile beim Zugang zum wichtigen EU-Markt. Dem Bundesrat schwebt nun eine Ausnahme für die Schweiz von der Drittstaatenregelung vor, wie Widmer-Schlumpf antönte.

Mandatsinhalt bleibt vertraulich
Der Mandatsentwurf, den das EFD in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) erarbeitet hat, wird den zuständigen parlamentarischen Kommissionen und den Kantonen unterbreitet. Anschliessend wird der Bundesrat das definitive Mandat verabschieden, worauf die Verhandlungen mit der EU-Kommission aufgenommen werden können. Der Inhalt des Mandats bleibt vertraulich. (admin.ch/awp/mc/ps)

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