Behring-Prozess: Bundesanwaltschaft beantragt fast siebenjährige Freiheitsstrafe

Behring-Prozess: Bundesanwaltschaft beantragt fast siebenjährige Freiheitsstrafe
Dieter Behring, gescheiterter Financier. (Archivbild)

Dieter Behring, gescheiterter Financier. (Archivbild)

Bellinzona – Die Bundesanwaltschaft (BA) hat am Freitag für den «Börsenguru» Dieter Behring eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten beantragt. Dem Angeklagten wird gewerbsmässiger Betrug und qualifizierte Geldwäscherei vorgeworfen.

Der Staatsanwalt bezeichnete Behring als uneinsichtig. Der Angeklagte sei ein selbstgefälliger «Börsenguru», der die Verantwortung immer auf andere abschiebe.

Die Staatsanwaltschaft hat unter anderem eine Ersatzforderung von 150 Mio CHF beantragt. Damit sollen soweit möglich die Geschädigten abgegolten werden.

Hinsichtlich der Verjährung führte der Staatsanwalt aus, dass alle deliktischen Taten seit dem Aufbau des Systems Behring als eine Tat zu betrachten seien. Damit beginne die Verjährungsfrist von 15 Jahren erst nach der Begehung der letzten Tateinheit zu laufen.

Es handle sich schliesslich nicht um mehrfache Betrüge, sondern um einen gewerbsmässigen Betrug. Allen Taten liege ein einheitlicher Wille zu Grunde.

Verschiedene Verzögerungsgründe
Die lange Verfahrensdauer begründete der Staatsanwalt unter anderem mit der Komplexität des Falls. Weder der Kanton Basel-Stadt, noch der Kanton Zürich hätten das Verfahren damals übernehmen wollen.

Der Wechsel in der Verfahrensführung bei der BA in diesem Fall sei im Sinne des Beschleunigungsgebots getätigt worden.

Ein Mitverschulden an der rund zwölfjährigen Verfahrensdauer treffe aber auch Behring selbst. Er habe im Laufe der Untersuchung insgesamt 58 Beschwerden eingereicht. Gerade mal zehn Prozent davon seien gutgeheissen worden.

Geldflüsse nachvollzogen
Der Staatsanwalt zeigte in seinem Plädoyer anhand von Beispielen auf, wohin die Gelder der Investoren flossen und wer die Verfügungsmacht über die Konten ausübte.

Unter den vom Staatsanwalt genannten Aktenstücke stand immer wieder die Unterschrift Behrings. Er habe die Herrschaft über die Konten gehabt und ausgeübt.

Die Analyse der Geldflüsse durch die BA hat gemäss Staatsanwalt gezeigt, dass die Gelder nicht direkt in Tradings flossen. Nur mit jenen Beträgen, die Behring auf seine Konten oder die seiner Frau überwiesen hatte, sei tatsächlich gehandelt worden.

Zudem wurde noch Geld für Managed accounts überwiesen. Insgesamt handelte es sich dabei um 50 Millionen Franken und damit um einen kleinen Anteil der einbezahlten Gelder.

Mehrere Konkurse hinter sich
Dass die Beteuerungen Behrings an die Anleger, sein System sei seit Jahrzehnten erprobt, Lug und Trug war, zeigte der Staatsanwalt mit zwei Beispielen. So war der Angeklagte in den 1990er-Jahren mit mehreren Firmen Konkurs gegangen. Auch in diesem Zusammenhang gab es Strafverfahren, jedoch wurde Behring nie verurteilt.

Ausserdem seien die Renditen bei jenen Investoren-Geldern, die auf den Konten von Behring transferiert wurden und mit denen dieser auch handelte, mehr als «niederschmetternd» gewesen. Die Performance von drei Beispielen lag zwischen minus 28 Prozent und minus 97 Prozent.

Alles sei von Anfang an auf ein Umlageverfahren ausgelegt gewesen. Mit dem eingehenden Geld seien jeweils Löcher gestopft worden.

Der 61-jährige Behring soll zwischen September 1998 und Oktober 2004 gewerbsmässig Anleger betrogen haben. Die rund 2000 Geschädigten sollen insgesamt 800 Millionen Franken verloren haben.

Strafanzeige gegen Lauber
Am Freitag wurde der BA ausserdem durch das Bundesstrafgericht eine Strafanzeiger gegen Bundesanwalt Michael Lauber weitergeleitet. Der Privatverteidiger Behrings hat sie wegen falscher Zeugenaussage eingereicht.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Tessin wird nun entscheiden müssen, ob sie die Sache an die Hand nimmt. Wenn dem so wäre, müsste schliesslich das Parlament darüber entscheiden, ob es einem Ermächtigungsgesuch stattgibt. Nur dann dürfte eine Untersuchung gegen Lauber aufgenommen werden.

Lauber musste im Rahmen der Vorfragen des Prozesses selbst als Zeuge vor dem Bundesstrafgericht aussagen. Es ging vor allem darum zu klären, ob es auch gegen die ursprünglich neun weiteren Mitbeschuldigten bereits Anklageschriften gegeben hatte.

Der Bundesanwalt verneinte die Existenz solcher Anklageschriften. Die spätere Zeugenbefragung eines weiteren Mitarbeiters der BA zeigte jedoch, dass Entwürfe solcher Schriften angefertigt worden waren. (awp/mc/upd/ps)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert