Frankenschock würgt Wachstum in der Schweiz ab

Frankenschock würgt Wachstum in der Schweiz ab

Bern – Der Frankenschock hat in der Schweiz deutliche Bremsspuren hinterlassen. Die Wirtschaft ist im ersten Quartal 2015 erstmals seit dem dritten Quartal 2011 geschrumpft. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) sank um 0,2% gegenüber dem Vorquartal, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Freitag mitteilte.

Negative Impulse kamen insbesondere von der Handelsbilanz mit Waren und Dienstleistungen, erklärten die Seco-Ökonomen. Einen stärkeren Rückgang verhinderten die zunehmenden Investitionen in Anlagen und der anziehende Privatkonsum. In der Produktion dagegen schwächte sich das Wachstum in vielen Branchen deutlich ab, insbesondere Handel und Gastgewerbe entwickelten sich rückläufig.

Einbruch erwartet – Rezession vor der Tür?
Der Einbruch kommt nicht überraschend, aber das Ausmass ist stärker als angenommen: Ökonomen hatten für die ersten drei Monate eine Stagnation oder einen BIP-Rückgang von 0,1% gegenüber dem Vorquartal prognostiziert.

Auch die Konjunkturforscher der BAKBasel waren davon ausgegangen, dass die massive Frankenaufwertung bereits im ersten Quartal den Güteraussenhandel kräftig ausbremsen würde. Gleichzeitig deuteten die starken Preisrückgänge auf schmerzhafte Margenverluste hin.

Die Schweizer Wirtschaft steht somit laut BAKBasel vor grossen Herausforderungen: Zum einen stelle der starke Franken die erwartet schwere Hürde für die Unternehmen dar. Zum anderen habe sich in den letzten Wochen auch die Gefahr einer globalen Abschwächung erhöht.

Vereinzelt sprechen Experten bereits von einer Rezession. Der Begriff wird verwendet, wenn sich das Bruttoinlandprodukt in mindestens zwei aufeinander folgenden Quartalen negativ entwickelt. Und dass die Schweizer Wirtschaft auch im zweiten Quartal schrumpfen wird, steht für Karsten Junius, Chief Economist bei Safra Sarasin, ausser Frage. Junius verweist auf den Umstand, dass im ersten Quartal der BIP-Rückgang ohne den Lageraufbau noch ausgeprägter ausgefallen wäre.

Der Beitrag der Lagereffekte zum BIP habe plus 0,7 Prozentpunkte betragen. Ohne diese wäre die Wirtschaftsleistung somit gar um 0,9% gesunken. Da zwei aufeinander folgende Quartale mit Lageraufbau sehr unwahrscheinlich seien, erwartet Junius, dass das BIP im zweiten Quartal sogar noch stärker schrumpfen wird. Eine Erholung sei erst im zweiten Halbjahr zu erwarten, wenn sich die Wirtschaft auf den starken Franken eingestellt habe.

Rückenwind aus Europa
Bruno Parnisari, Leiter des Ressorts Konjunktur bei der Direktion für Wirtschaftspolitik beim Seco, relativierte derweil. Es handle sich nur um das Ergebnis eines Quartals handle und Quartalsergebnisse seien immer mit Vorsicht zu geniessen seien. Wie lange diese negativen Währungseffekte andauern würden, sei unklar, hielt er fest im Gespräch mit der sda fest. In zwei Wochen werde das Seco seine aktuellsten BIP-Prognosen für 2015 und 2016 veröffentlichen.

Parnisari verwies aber auch auf die positive Entwicklung in Europa. Es sei auffallend, dass sich im ersten Quartal 2015 die europäische Konjunktur verbessert habe, und das Schweizer BIP trotzdem gesunken sei. Das mache deutlich, dass die Währungssituation die Schweizer Konjunktur gebremst habe. Die Korrekturen auf der Währungsfront hätten nun auf die Realwirtschaft durchgeschlagen, stellte er fest.

Märkte reagieren kaum
Der Schweizer Franken hat derweil kaum auf die unerwartet schwachen Wirtschaftsdaten reagiert: Der Euro notiert immer noch knapp über der Marke von 1,03 Franken und der US-Dollar ist aktuell für wenig mehr als 94 Rappen zu haben. Für Marktexperten ist damit klar, dass die Märkte bereits einen Abschwung der Schweizer Wirtschaftsleistung eingepreist hatten. (awp/mc/upd/ps)

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