Bundesrat soll Kapitalbezüge aus der zweiten Säule untersuchen

Bundesrat soll Kapitalbezüge aus der zweiten Säule untersuchen

Die Politik möchte wissen, wie viele Menschen frühzeitig Altersguthaben beziehen, und später auf staatliche Leistungen angewiesen sind.

Bern – Der Bundesrat soll statistisch erheben, wie viele Personen Altersguthaben zum Erwerb von Wohneigentum aus der zweiten Säule beziehen. Und er soll untersuchen, welche sozialpolitischen Auswirkungen dies hat. Der Ständerat hat am Dienstag oppositionslos einer Motion von Urs Schwaller (CVP/FR) zugestimmt. Die Politik möchte vor allem wissen, wie viele Menschen später staatliche Leistungen – Ergänzungsleistungen von AHV oder IV – beziehen, weil sie das Geld aus ihrer zweiten Säule ausgegeben haben.

Das System der Ergänzungsleistungen von AHV und IV werde durch Vorbezüge zusätzlich belastet, stellte Schwaller fest. Die zweite Säule sei aber nicht primär dazu gemacht, Unternehmensgründungen oder Wohneigentum zu finanzieren. Und es könne nicht Aufgabe des Staates sein, hohe Risiken auszugleichen.

Vorbezug durch Selbstständigkeit und Wegzug
This Jenny (SVP/GL) gab zu bedenken, das grösste Risiko liege nicht beim Wohneigentum, sondern beim Vorbezug für Selbstständigerwerbende und beim definitiven Wegzug. All diese Aspekte sollten untersucht werden.

60 % der neuen Wohneigentümer greifen auf Pensionskassen-Guthaben zurück
Sozialminister Alain Berset versicherte, der Bund nehme das Problem ernst. Gemäss den bisher vorliegenden Informationen hätten die Vorbezüge in den letzten Jahren zwar nicht zugenommen. Vorbezüge seien aber verbreitet. Fast 60% der neuen Wohneigentümer greife laut einer Studie der Hochschule Luzern darauf zurück. Im Durchschnitt bezögen sie 50’000 CHF.

Zusammenhang schwierig zu beweisen
Der Bundesrat hatte sich gegen die Motion ausgesprochen. Er lehne es aber nicht ab, mehr Daten zu erheben, sagte Berset. Das Problem sei bloss, dass er nicht versprechen könne, den Zusammenhang zwischen Vorbezügen und dem späteren Bezug von Ergänzungsleistungen wissenschaftlich analysieren zu können. Da der Vorbezug von Pensionskassengeldern und der Bezug der Ergänzungsleistungen zeitlich oft weit auseinander liegen, ist es laut dem Bundesrat schwierig, einen kausalen Zusammenhang herzustellen.

Bericht für Ende Jahr angekündigt
Einige Antworten will der Bundesrat jedoch in einem Bericht vorlegen, der zusammen mit der Vorlage zur Reform der Altersvorsorge erscheinen soll. Berset kündigte den Bericht für Ende Jahr an. Das Bundesamt für Statistik habe vor einigen Jahren ein Projekt zur Erhebung des gewünschten Datenmaterials in Angriff genommen, hielt er fest. Dieses Projekt habe aber angesichts der äusserst komplexen Materie noch nicht abgeschlossen werden können.

Mindestens 10 % «hartes Eigenkapital»
Berset wies ausserdem auf die neuen Richtlinien der Bankiervereinigung hin, die seit rund einem Jahr gelten. Diesen zufolge muss beim Kauf eines Hauses oder einer Wohnung 10% «hartes Eigenkapital» eingebracht werden, das nicht aus der zweiten Säule stammen darf. Diese Regelung könne dem Risiko des Verlusts der in Wohneigentum investierten Vorsorgegelder entgegenwirken, sagte Berset. Über den Vorstoss muss noch der Nationalrat befinden. (awp/mc/pg)

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