Bundesrat schickt umstrittenes Sparpaket im Herbst ans Parlament

Bern – Mit 57 Massnahmen will der Bundesrat das Ausgabenwachstum im Finanzhaushalt mittelfristig bremsen. Nach heftiger Kritik in den vergangenen Wochen hat er das Paket entschlackt. Ob das Parlament die Vorlage integral umsetzen wird, bleibt dennoch fraglich.
Am Mittwoch gab die Landesregierung die Eckwerte zum Entlastungspaket bekannt, mit dem sich voraussichtlich ab September das Parlament beschäftigen wird. Die Räte und später vielleicht das Volk werden abschliessend darüber entscheiden.
Für den Bundesrat ist die Ausgangslage klar: Weil die Ausgaben deutlich schneller wachsen als die Einnahmen, droht dem Bund im Jahr 2029 ein Finanzloch von rund 4,5 Milliarden Franken, wie Bundespräsidentin und Finanzministerin Karin Keller-Sutter in Bern vor den Medien sagte. «Entweder wir senken die Ausgaben, erhöhen die Steuern oder nehmen eine höhere Staatsverschuldung in Kauf.»
Um 0,6 Milliarden Franken abgespeckt
Die beiden letzten Optionen kommen für die Landesregierung nicht infrage. «Die tiefe Verschuldung der Schweiz ist ein Trumpf, den wir nicht aus der Hand geben», hielt Keller-Sutter fest. Zudem habe es in jüngerer Vergangenheit schon genug Steuererhöhungen gegeben. Es brauche also ausgabenseitige Massnahmen.
Das Ende Januar in die Vernehmlassung geschickte Projekt war jedoch auf heftigen Gegenwind gestossen, insbesondere von links-grüner Seite und aus den Kantonen. Um das Paket mehrheitsfähig zu machen, passte der Bundesrat die Vorlage nun an.
Konkret soll das Sparvolumen sinken – von 2,7 auf 2,4 Milliarden Franken für das Jahr 2027 und von 3,6 auf 3 Milliarden Franken ab dem Jahr 2028. Der Bundesrat habe mehrere Anliegen der Kantone und des Parlaments aufgenommen, sagte Keller-Sutter.
Kompromiss mit Kantonen gesucht
So will die Landesregierung beispielsweise die Sozialhilfekosten der Kantone im Asylbereich – sogenannte Globalpauschalen – während fünf statt vier Jahren ausrichten. Zudem sollen die Pauschalbeiträge in der höheren Berufsbildung und das Gebäudeprogramm im Klimabereich nicht komplett eingestellt werden.
Diese Anpassungen reichen den Kantonen jedoch nicht, wie sie kurz nach Veröffentlichung des Entscheides mitteilten. Keller-Sutter gab zu bedenken, dass es nicht möglich sei, die Kantone gänzlich vom Entlastungspaket auszunehmen. «Jeder dritte Franken im Bundeshaushalt geht an die Kantone.»
Nur wenn das Massnahmenpaket integral umgesetzt würde, wäre der Bundeshaushalt in den Jahren 2027 und 2028 konform mit der Schuldenbremse. Eine solche integrale Umsetzung ist aber fraglich. Neben den Kantonen fordern auch linke Kreise grosse Korrekturen. Die Grünen drohen bereits mit dem Referendum.
«Parlament muss in der Realität ankommen»
Auch die Bürgerlichen haben ihre Vorbehalte. Sie kritisierten unter anderem die geplante höhere Besteuerung von Vorsorgekapitalbezügen. Der Bundesrat passte die Tarife nochmals an. Ziel ist es, dass keine Kapitalbezüge bis zu 100’000 Franken, wie sie für Bezüge aus der Säule 3a typisch sind, steuerlich schlechter behandelt werden als heute.
Diese einnahmenseitige Massnahme erachtet der Bundesrat für die politische Ausgewogenheit des Pakets als wichtig, wie Keller-Sutter erklärte. Sie sei auch offen für andere Lösungen. «Aber das Entlastungsvolumen muss erhalten bleiben», sagte sie an die Adresse des Parlaments.
Andernfalls müssten strukturelle Defizite in Milliardenhöhe bereinigt werden. Laut Keller-Sutter wären «erhebliche Einschnitte» in Bereichen wie der Landwirtschaft, der Bildung und der sozialen Wohlfahrt die Folge davon. «Das Parlament muss in der Realität ankommen und sich an die Verfassung halten, wonach die Bundesfinanzen im Gleichgewicht sein müssen», sagte sie.
Ausgeglichenes Budget 2026
In jedem Fall sind zum Ende des Jahrzehnts weitere Massnahmen nötig. Ab 2029 drohe wieder ein Defizit von einer Milliarde Franken, sagte die Finanzministerin. Grund dafür seien verschiedene Projekte, die das Parlament bereits verabschiedet hat oder bald beschliessen dürfte – beispielsweise höhere Armeeausgaben, die 13. AHV-Rente, der Ausbau der Kita-Finanzierung oder das Erasmus-plus-Programm.
Gute Nachrichten gibt es indes für den Voranschlag 2026. Der Spielraum des Parlaments beträgt hier rund 100 Millionen Franken. wie Sabine D’Amelio-Favez, Direktorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV), sagte. Mehrere Faktoren seien dafür verantwortlich. Unter anderem wirkten bereits beschlossene Sparmassnahmen weiter.
Zudem dürften die Steuereinnahmen steigen – längerfristig jedoch nicht im gleichen Tempo wie die Ausgaben. Diese werden laut dem Bund demnach von heute knapp 86 auf 98 Milliarden Franken im Jahr 2029 ansteigen. Das ist ein Wachstum um 14 Prozent. (awp/mc/pg)