Daniel Vasella verzichtet auf 72 Mio-Entschädigung

Daniel Vasella verzichtet auf 72 Mio-Entschädigung
Daniel Vasella, ehemaliger VRP Novartis. (Foto: Novartis)

Der Druck war zu gross: Daniel Vasella verzichtet auf seine Konkurrenzverbot-Millionen. (Foto: Novartis)

Basel – Der Verwaltungsrat des Pharma-Konzerns Novartis und Daniel Vasella haben sich darauf geeinigt, auf die Entschädigung von 72 Mio Franken über sechs Jahre für den scheidenden VR-Präsidenten im Rahmen eines Konkurrenzverboteszu verzichten.

«(…) der Verwaltungsrat der Novartis und Dr. Daniel Vasella sind übereingekommen, die Konkurrenzverbotsvereinbarung mit Dr. Vasella sowie die damit verbundene bedingte Entschädigung aufzuheben», teilt der Pharma-Konzern am Dienstag mit. Die Vereinbarung wäre nach der Generalversammlung vom 22. Februar 2013 in Kraft getreten, an der Vasella sich bekanntlich nicht mehr zur Wiederwahl als Verwaltungsratspräsident der Novartis zur Verfügung stellen wird.

Den Bedenken der Aktionäre und weiterer Anspruchsgruppen Rechnung tragen
«Wir glauben nach wie vor an den Wert eines Konkurrenzverbots. Dennoch glauben wir, dass die Entscheidung, die Vereinbarung und die damit verbundene Entschädigung aufzuheben, den Bedenken der Aktionäre und weiterer Anspruchsgruppen Rechnung trägt. Der Verwaltungsrat ist sich der Bedeutung vollständiger Transparenz bewusst und wird seine diesbezüglichen Anstrengungen verstärken», lässt sich der aktuelle Vize-Verwaltungspräsident Ulrich Lehner in der Mitteilung zitieren. Lehner fungiert als ad interim VR-Präsident, bis der designierte VRP gewählt und am 1. August 2013 sein Amt antreten wird.

«Ich habe verstanden…»
«Ich habe verstanden, dass in der Schweiz viele den Betrag für die Einhaltung des Konkurrenzverbotes als unverhältnismässig hoch empfinden, trotz der Tatsache, dass ich meine Absicht bekannt gab, den Nettobetrag für wohltätige Aktivitäten zur Verfügung zu stellen. Deshalb habe ich dem Verwaltungsrat empfohlen, dass ich auf jegliche Zahlung in Zusammenhang mit der Konkurrenzverbotsabrede verzichten werde», lässt sich Vasella zitieren.

Mit dem Ziel, die Interessen von Novartis zu wahren, sah die Konkurrenzverbotsvereinbarung laut Mitteilung vor, dass Vasella davon absieht, sein Wissen und Know-how der Konkurrenz zugänglich zu machen, für die seine Erfahrung von Nutzen sein könnte. Vasella sei eng mit der Geschäftstätigkeit von Novartis vertraut, er habe die wegweisende Forschungs- und Entwicklungsorganisation aufgebaut und persönlich die meisten Top-Führungskräfte rekrutiert, wird argumentiert. Im Gegenzug sah die Konkurrenzverbotsvereinbarung über einen Zeitraum von sechs Jahren eine jährliche Zahlung von bis zu 12 Mio CHF und einen Maximalbetrag von insgesamt 72 Mio vor, falls die Vertragsbedingungen eingehalten worden wären, heisst es weiter.

Kaum Applaus für Verzicht
Für seinen Verzicht bekommt Vasella kaum Applaus. Selbst jene, die die Kehrtwende begrüssen, sagen, der Schaden sei bereits angerichtet. Thomas Minder etwa, Urheber der Abzocker-Initiative, setzt höchstens ein Fragezeichen. «Man kann nicht auf etwas verzichten, das einem nicht zusteht», sagt er. Er verneige sich hingegen vor «vor der Empörung im Volk». Es sei nichts Neues, dass Manager plötzlich zurückkrebsten, wenn Druck aufkomme, sagt er weiter.

economiesuisse begrüsst den Entscheid
Der Wirtschaftsdachverband economiesuisse etwa, der sich mit einer millionenschweren Kampagne für eine Ablehnung der Initiative einsetzt, sieht sich zurückversetzt. «Ein sofortiger Verzicht wäre von Vorteil gewesen», sagte economiesuisse-Direktor Pascal Gentinetta. Dennoch begrüsst economiesuisse nun den Entscheid.

Strafanzeige bleibt
Der Zürcher Anwalt und Aktionärsvertreter Hans-Jacob Heitz reichte nach Bekanntwerden der Millionenzahlung sogar Strafanzeige ein gegen Novartis, den Vergütungsausschuss des Verwaltungsrates und Vasella selbst. Heitz zeigt sich in einer ersten Stellungnahme nun zwar erfreut über den Verzicht des Pharmamanagers. Es habe sich gelohnt, Druck aufzubauen. «Die Sache ist aber noch nicht erledigt, dazu ist sie zu gravierend», sagte er.

Actares: Décharge soll trotzdem verweigert werden
Auch die Aktionärsvereinigung Actares hält an ihrem Aufruf, an der Novartis-Generalversammlung die Décharge zu verweigern, fest. «Wir bleiben bei unserer Position, denn die Art und Weise, wie der Verwaltungsrat das Thema vorbereitet hat, ist ein Problem», sagte Actares-Geschäftsführer Roby Tschopp.

Ethos empfiehlt nun Zustimmung
Die Anlegerstiftung Ethos hingegen erkennt bei Novartis Bemühungen, Transparenz zu schaffen. «Der Verwaltungsrat übernimmt seine Verantwortung, was er bisher nicht getan hat», sagte Ethos-Sprecher Christophe Hans. Bisher hatte Ethos die Verweigerung der Décharge empfohlen, nun soll aber zugestimmt werden. «Der Scherbenhaufen ist aber angerichtet: Das Image und das Ansehen von Novartis sind weltweit angeschlagen», so Actares-Präsident Rudolf Meyer.

Systemfehler
Die Lohnbezüge von Daniel Vasella sorgten jahrelang für Diskussionen und erhitzten die Gemüter. Dass er nun auf eine Abgangsentschädigung verzichtet, ändert für die BDP nichts an der Tatsache, dass der Verwaltungsrat praktisch im Alleingang über die Entschädigung für das Konkurrenzverbot entschieden habe. Auch für die FDP zeigt der Fall höchstens das Versagen des heutigen Systems. Es müsse darum gehen, künftige Vasellas zu verhindern. Für die Grünen ist immerhin eine gewisse Einsicht eingekehrt.

Die SP geht allerdings davon aus, dass economiesuisse Druck gemacht hat. Die CVP hingegen ist vom Gegenteil überzeugt. Vasella habe reagiert aus Selbstkritik, sagte Präsident Christophe Darbellay. SVP-Präsident Toni Brunner wollte Vasellas Entscheid nicht kommentieren. (awp/mc/pg)

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