Finanzielle Situation von Familien in der Schweiz spitzt sich zu

Finanzielle Situation von Familien in der Schweiz spitzt sich zu
(Pexels)

Basel/Bern – Der finanzielle Druck auf Familien in der Schweiz wird grösser: Für 52% reicht das Einkommen nur knapp oder gar nicht. 49% der Familien überlegen sich, aus finanziellen Gründen das Arbeitspensum zu erhöhen. Für vier von zehn Familien sind Kosten ein Grund, auf weiteren Nachwuchs zu verzichten. In der Romandie und im Tessin ist die finanzielle Lage von Familien besonders angespannt. Dies zeigt das jährlich erhobene Familienbarometer von Pax und Pro Familia Schweiz.

Die Lebenswelt der Familien in der Schweiz ist noch stärker als im Vorjahr von finanziellen Themen geprägt. Als Thema klar im Vordergrund stehen für Familien die Krankenkassenprämien, gefolgt von höheren Preisen im Allgemeinen. Die Themen Gesundheit sowie Klimawandel und Umweltschutz haben dagegen an Relevanz eingebüsst. Die Energieversorgung und -sicherheit ist deutlich in den Hintergrund gerückt und die Corona-Pandemie beschäftigt Familien in der Schweiz praktisch nicht mehr.

Die finanzielle Situation von Familien verschärft sich
Für mehr als die Hälfte der Familien (52%) reicht das Einkommen nur knapp oder gar nicht. Im Vorjahr betrug der Wert 47%. Der Anteil von Familien, die angeben, gar kein Geld (30%) oder höchstens CHF 500 pro Monat (37%) sparen zu können, nahm zu.

Unterschiede zwischen Romandie, Tessin und Deutschschweiz
Die finanzielle Situation ist bei Familien in der Westschweiz und im Tessin angespannter als in der Deutschschweiz. Zudem zeigen die Ergebnisse über alle Regionen hinweg, dass nicht nur tiefere Einkommen, sondern auch Familien aus der Mittelschicht, die Verknappung der finanziellen Ressourcen zu spüren bekommen.

Monetäre Aspekte prägen die Erwartungen an die Familienpolitik
Die stärkere Dominanz finanzieller Themen macht sich auch in den Forderungen an die Familienpolitik bemerkbar: Die befragten Familien wünschen sich von der Familienpolitik einen noch stärkeren Fokus auf die Kostenreduktion bei den Krankenkassenprämien sowie allgemein auf die finanzielle Unterstützung von Familien.

Kosten hemmen das Familienwachstum
Für vier von zehn Familien sind Kosten ein Grund, auf weitere Kinder zu verzichten. Dabei sind für 15% der Befragten die Kosten der Hauptgrund und für 26% einer von mehreren Gründen, keinen weiteren Nachwuchs zu haben. Finanzielle Faktoren beeinflussen somit auch das Wachstum und die Altersstruktur der Bevölkerung.

Die Hälfte der Familien denkt über eine Erhöhung des Arbeitspensums nach
49% der Familien denken aktuell darüber nach, den Beschäftigungsgrad zu erhöhen, um ihr Familieneinkommen zu sichern oder zu erhöhen. Bei 35% der Befragten spielt ein Elternteil mit dem Gedanken, mehr zu arbeiten, bei 14% sind es beide Elternteile.

Zufriedenheit mit dem Familienleben bleibt hoch, Erwartungen an die Zukunft trüben sich ein
Vier von fünf Familien in der Schweiz sind mit ihrem aktuellen Familienleben zufrieden, was ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Gleichzeitig haben sich die Erwartungen zur künftigen Entwicklung der allgemeinen Situation für Familien in der Schweiz stark eingetrübt: 79% der Befragten rechnen über die nächsten drei Jahre mit einer Verschlechterung.

Absicherung der Kinder wird tendenziell überschätzt
Insgesamt schätzen Familien die finanzielle Absicherung ihrer Kinder bei langjähriger Krankheit oder Invalidität etwas besser ein als die eigene Absicherung als Eltern. In der Realität ist die Situation meist umgekehrt. Je nach Risikoart können zudem zwischen 20% und 25% der Familien ihre finanzielle Absicherung sowie die ihrer Kinder nicht einschätzen, was darauf hindeutet, dass der Aufbau von Finanzwissen in der breiten Bevölkerung gezielt gefördert werden muss.

Keine Einigkeit bezüglich Stärkung der Altersvorsorge
Insgesamt erachten Familien die AHV als wichtigste Säule der Altersvorsorge, wobei ab einem Haushaltseinkommen von CHF 120’000 die berufliche Vorsorge an die erste Stelle rückt. Wenig Einigkeit herrscht bei der Frage, wie die Altersvorsorge gestärkt werden soll: Keiner der drei Hebel – höhere Beiträge, höheres Rentenalter oder tiefere Leistungen – ist für sich genommen mehrheitsfähig. Ausserdem können sich 39% der Familien keine dieser drei Massnahmen als Lösungsansatz vorstellen.

Mehrheit der Familien ist mit Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zufrieden
63% der Familien sind mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben zufrieden – gleich viele wie im Vorjahr. 65% der Familien beurteilen die vom Arbeitgeber ergriffenen Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie als positiv.

Die externe Kinderbetreuung liesse sich gemäss den befragten Familien vor allem durch eine Senkung der Gebühren verbessern. Der Anteil von Familien, die keine externe Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, ist von 37% auf 50% angestiegen, was mit den damit verbundenen Kosten zusammenhängen könnte.

Rund ein Sechstel (16%) der Familien ist derzeit aktiv in die Pflege eines nahen Familienmitglieds eingebunden. Im Vorjahr lag der Anteil bei etwas über einem Viertel (27%). (mc/pg)

Über das Familienbarometer
Das Familienbarometer von Pax und Pro Familia Schweiz wurde 2023 lanciert und bildet als fundiertes Messinstrument die aktuelle Lebensrealität von Familien in der Schweiz sowie deren Wandel über die Zeit ab. Das Familienbarometer wird jährlich erhoben und schafft eine langfristige Datenbasis für familien- und sozialpolitische Debatten sowie den unternehmerischen Diskurs. Für die zweite Ausgabe des Schweizer Familienbarometers haben Pax und Pro Familia Schweiz im Zeitraum vom 8. November bis zum 18. November 2023 insgesamt 2’123 Familien in allen Landesteilen der Schweiz über ein Online-Panel befragt. Mit der Durchführung der Befragung wurde das Beratungs- und Forschungsunternehmen Empiricon AG in Bern beauftragt. Um der Vielfalt heutiger Familienformen Rechnung zu tragen, wurden bei der Auswahl der Teilnehmenden keine Vorgaben oder Einschränkungen hinsichtlich Familienkonstellation gemacht.

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