Firmenchefs erwarten tiefere Löhne und längere Arbeitszeiten

Firmenchefs erwarten tiefere Löhne und längere Arbeitszeiten

Bern – Bisher hat der erstarkte Franken sein freundliches Gesicht gezeigt – in Form von sinkenden Preisen, etwa im Detailhandel. Doch künftig könnte es anders kommen: Firmenchefs sprechen in der Sonntagspresse von tieferen Löhnen und längeren Arbeitszeiten.

Bei exportabhängigen Unternehmen und im Tourismus seien Lohnkürzungen oder längere Arbeitszeiten «absolut» nötig, sagte beispielsweise der Chef des Stellenvermittlers Adecco, Patrick de Maeseneire, im Interview mit der «SonntagsZeitung» und «Le Matin Dimanche». Es gäbe keine Alternative. Ohne Zugeständnisse von allen Seiten drohten Stellenstreichungen.

Peter Spuhler, Chef des Schienenfahrzeughersteller Stadler Rail, ist zwar gegen Lohnkürzungen. «Das schlägt auf die Stimmung im Betrieb», sagte Spuhler in einem Interview mit der «SonntagsZeitung». Auch volkswirtschaftlich gesehen sei es ein Fehler, jetzt die Kaufkraft zu reduzieren.

Er rechnet aber mit längeren Arbeitszeiten: «Intelligenter wäre es, die Wochenarbeitszeit um zwei Stunden anzuheben», sagte Spuhler. Auch Stadler Rail diskutiere solche Massnahmen. «Die Mannschaft würde das mittragen, wenn es eine temporäre Massnahme bleibt.»

Ermotti bleibt vage
UBS-Chef Sergio Ermotti will sich im Interview mit der «Schweiz am Sonntag» auf keine konkreten Massnahmen festlegen. Es helfe, dass die UBS bereits vor zwei Jahren damit begonnen habe, sich stark auf Effizienz und Effektivität zu konzentrieren. «Aber klar, wir können das Thema Kosten nicht aus den Augen lassen und müssen weiter konsequent daran arbeiten», sagte er.

Swatch-Chef Nick Hayek kritisierte zwar im Interview mit dem «SonntagsBlick» einmal mehr die Nationalbank für die Aufhebung des Euro-Mindestkurses. Gleichzeitig sagte er aber, dass der Entscheid an der langfristigen Strategie von Swatch nichts ändere, auch nicht in Bezug auf den Werkplatz Schweiz.

«Wir kämpfen schon seit über zwanzig Jahren mit der Wechselkurssituation. Das hat uns nie daran gehindert, die Anzahl unserer Fabriken in der Schweiz oder jene unserer Mitarbeitenden zu erhöhen», sagte er. Das Label «Swiss Made» sei für Swatch sehr wertvoll.

Freude bei Konsumenten
Über die Frankenaufwertung freuen konnten sich bisher vor allem die Konsumenten: Detailhändler und Reiseanbieter haben in den Tagen nach der Währungsfreigabe die Wechselkursgewinne an die Kunden weitergegeben und im grossen Stil Preise gesenkt oder Rabatte gewährt.

Dies lobte der Preisüberwacher Stefan Meierhans im Interview mit dem «SonntagsBlick». «2011, beim letzten Mal, als der Franken so stark war, ging es sechs bis neun Monate, bis die Preise auf breiter Front sanken», sagte Meierhans. Und dies sei erst geschehen, als die Konsumenten gehörig Druck machten. Heute gehe es viel schneller. Der Handel wolle die Konsumenten nicht mehr verärgern.

Coop-Einkaufschef Philipp Wyss sagte im Interview mit der «Schweiz am Sonntag», der Handel habe die Lehren aus 2011 gezogen. «Der Konsument versteht es nicht, wenn der Kopfsalat aus Spanien, der täglich angeliefert wird, nicht sofort günstiger wird», sagte Wyss. «Auch wenn wir zum Teil langfristige Verträge haben.» Ein Teil der Preissenkungen gehe daher vorläufig noch auf Kosten der Marge. (awp/mc/ps)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert