Grenzgängerabkommen Schweiz-Italien vom Senat in Rom ratifiziert

Grenzgängerabkommen Schweiz-Italien vom Senat in Rom ratifiziert

Rom – Das Grenzgängerabkommen zwischen der Schweiz und Italien steht. Als zweite Parlamentskammer in Rom stimmte ihm am Mittwoch auch der Senat einstimmig zu. Das Abkommen soll hauptsächlich eine Doppelbesteuerung vermeiden. Ausserdem wird die Schweiz von der schwarzen Liste der Steuerparadiese gestrichen.

Alle 120 anwesenden Senatorinnen und Senatoren in Rom (von total 200) stimmten dem Abkommen zu. Die Abgeordnetenkammer hatte es schon am 4. Mai einstimmig gutgeheissen. Das Abkommen musste jedoch wegen einiger Änderungen nochmals in den Senat, die kleinere der beiden Kammern des italienischen Parlaments. Das Schweizer Parlament hatte die Vereinbarung schon im März 2022 abgesegnet.

Gemäss dem Abkommen soll die Schweiz in Zukunft 80 Prozent der Quellensteuern behalten, die auf das Einkommen von italienischen Grenzgängern erhoben werden. Die neuen Grenzgänger sollen auch im Wohnsitzstaat ordentlich besteuert werden, und dieser soll eine Doppelbesteuerung beseitigen.

Geld für italienische Grenzgemeinden
Im Gegenzug will die Schweiz den italienischen Grenzgemeinden einen finanziellen Ausgleich in Höhe von 40 Prozent der von ihr erhobenen Quellensteuer zahlen. Das aktuell noch gültige Grenzgängerabkommen hält fest, dass Grenzgänger nur in der Schweiz besteuert werden, wobei Italien 38,8 Prozent der Quellensteuer zustehen.

Für Personen, die zwischen Ende Dezember 2018 und dem Datum des Inkrafttretens des Textes in den Kantonen Tessin, Graubünden und Wallis arbeiten oder gearbeitet haben, soll eine Übergangsregelung gelten.

Dem Abkommen zufolge gelten als Grenzgänger Menschen, die in einem Umkreis von 20 Kilometern zur Grenze wohnen und grundsätzlich täglich an ihren Wohnort zurückkehren. Diese neue Definition gilt für alle Arbeitnehmer ab dem Inkrafttreten des Abkommens.

Knapp 80’000 Grenzgänger im Tessin
Rund ein Viertel aller Grenzgänger in der Schweiz kommt aus Italien. Laut den neuesten Zahlen des Bundesamtes für Statistik (BFS) von Ende März überqueren täglich 91’504 italienische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Grenze, mehrheitlich aus der Lombardei. 78’230 von ihnen sind im Tessin beschäftigt. Die anderen arbeiten in Graubünden und im Wallis.

Eine weitere Änderung im neuen Abkommen betrifft die Besteuerung von Heimarbeit (Homeoffice). Während der Coronavirus-Pandemie hatten Bern und Rom im Juni 2020 ein Abkommen geschlossen, das «ausnahmsweise und vorübergehend» Sonderregeln für die Besteuerung von Heimarbeit vorsah.

Dieses Abkommen wurde wegen des Endes der Beschränkungen der Freizügigkeit nicht über die ursprüngliche Gültigkeit bis 31. Januar dieses Jahres verlängert. Bern und Rom wollen nun in Kürze Gespräche über eine endgültige Einigung aufnehmen. Weder zum Inhalt noch zum Zeitplan äusserte sich das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) in Bern auf Anfrage von Keystone-SDA.

In ihrer Debatte am Mittwoch in Rom forderten Mitglieder des Senats die Regierung von Giorgia Meloni auf, schnell ein endgültiges Abkommen mit der Schweiz auszuhandeln. Vorbild sollte das Ende 2022 zwischen der Schweiz und Frankreich unterzeichneten Abkommens sein, das die Heimarbeit von Grenzgängern bis zu 40 Prozent des Beschäftigungsgrades pro Jahr ohne steuerliche Auswirkungen zulässt.

Nicht mehr auf der schwarzen Liste
Italien streicht die Schweiz gemäss dem neuen Abkommen auch von seiner schwarzen Liste für die Besteuerung natürlicher Personen. Darauf hatte sich Finanzministerin Karin Keller-Sutter bereits am 20. April mit ihrem italienischen Amtskollegen Giancarlo Giorgetti verständigt.

Die Schweiz stand seit 1999 auf dieser Liste. Nach Angaben des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) beseitigt der Schritt administrative Hürden in den Steuerbeziehungen.

Die Schweiz hatte sich seit Jahren bemüht, von der Liste wegzukommen. Die schwarze Liste schrieb für Personen, die von Italien in die Schweiz ziehen, eine Umkehr der Beweislast beim Steuerdomizil vor. Damit mussten die Betroffenen selbst nachweisen, dass sie ihren Lebensmittelpunkt in die Schweiz verlegt haben. (awp/mc/pg)

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