Meyer Burger will selbst in die Modulproduktion einsteigen

Zürich – Meyer Burger will in die Produktion von Solarmodulen einsteigen und damit wieder profitabel werden. Das Umfeld für diesen Schritt erachtet der kriselnde Solarzulieferer wegen der Klimadebatte als derzeit günstig.

Heute verkauft Meyer Burger nur die Maschinen zur Produktion von Solarzellen und Solarmodulen. Künftig wollen die Berner diese gleich auch selber herstellen. Das Unternehmen vollzieht damit einen grundlegenden strategischen Wechsel.

Als Grund für den Schritt wurde die Erkenntnis genannt, dass man trotz Technologieführerschaft in den letzten Jahren keinen Gewinn erzielt habe. «Wir wollen unseren technologischen Vorsprung für uns selbst nutzen», erklärte Verwaltungsratspräsident Franz Richter am Freitag an einer Telefonkonferenz.

Denn die von Meyer Burger entwickelte «Heterojunction/SmartWire»-Technik habe gegenüber anderen Herstellern bei der Effizienz einen Vorsprung von drei Jahren. Und diesen Vorsprung gelte es zu verteidigen und zu nutzen.

«Green Deal» soll helfen
Auch den Zeitpunkt für den Schwenk erachtet Konzernchef Gunter Erfurt mit Verweis auf die «Green Deal»-Strategie der Europäischen Union als goldrichtig. Das Konzept hat zum Ziel, bis 2050 in der EU die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren. Dafür werden viele Milliarden Euro freigemacht.

In einem ersten Schritt will Meyer Burger nun in Deutschland Solarmodule für Dachanlagen herstellen. Erste Produkte sollen bereits im zweitem Quartal 2021 am Markt sein.

Dieses Segment werfe gute Margen ab und wachse schnell, erklärte CEO Erfurt die Vorgehensweise. Und bereits mit der Anfangskapazität von zunächst 400 Megawatt könne Meyer Burger die Gewinnschwelle erreichen.

Nach den Dachanlagen hat Meyer Burger danach Solarkraftwerke im Blick. Mit Kunden aus Europa und den USA habe man bereits Gespräche geführt und es gebe eine Kaufabsicht im Volumen von rund 2 Gigawatt pro Jahr. Entsprechend solle die Produktion in den folgenden Jahren schrittweise ausgebaut werden. Bis Anfang 2022 wird eine Kapazität von 1,4 Gigawatt Zell- und 0,8 Gigawatt Modulproduktion ins Auge gefasst.

Viele Jahre Verlust
Schwarze Zahlen hat man bei Meyer Burger lange nicht mehr gesehen. Dafür muss man bis ins Jahr 2011 zurückgehen, als ein Reingewinn von 35,8 Millionen Franken ausgewiesen wurde. Seither schrieb das Unternehmen jedes Jahr Verluste – teilweise im hohen dreistelligen Millionenbereich.

Grund dafür war der Preiskampf unter den Modulherstellern und die Tatsache, dass Meyer Burger seine Technologie nicht vor Nachahmern schützen konnte. So hatte sich das Unternehmen etwa aus dem Geschäft mit Diamantsägen zurückgezogen.

Nicht anders in dem vom Coronavirus geprägten ersten Quartal 2020. Aufgrund der Pandemie sind grosse Investitionsprojekte im Solarbereich ausgeblieben und es kamen kaum neue Aufträge rein. Daher sanken die Verkäufe um 38 Prozent auf 27,2 Millionen Franken und unter dem Strich stand ein Verlust von 20,6 Millionen.

Mit dem Richtungswechsel soll sich das Blatt wenden. Ab 2022 will Meyer Burger einen jährlichen Umsatz von 400 bis 450 Millionen Franken generieren und eine operative Marge (EBITDA) von 25 bis 30 Prozent.

Nächste Kapitalerhöhung
Für den Aufbau einer eigenen Produktion in Deutschland wird aber zunächst Geld gebraucht. Geplant ist daher eine Kapitalerhöhung um 165 Millionen Franken. Damit bittet Meyer Burger seine Aktionäre keine vier Jahre nach der letzten Bilanzsanierung bereits wieder um Geld. Und nächstes Jahr will das Unternehmen für den Kapazitätsausbau weitere 180 Millionen als Fremdkapital aufnehmen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Der Aktienkurs reagierte positiv auf den Strategiewechsel. Am Freitagnachmittag verteuerten sich die Papiere um 9,7 Prozent auf knapp 20 Rappen. In ihren besten Zeiten – kurz nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima im Frühjahr 2011 – hatten die Titel noch deutlich mehr als 10 Franken das Stück gekostet. (awp/mc/pg)

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