Moderneres Epidemiengesetz vom Volk gutgeheissen

Moderneres Epidemiengesetz vom Volk gutgeheissen

Bern – Der Bund erhält ein moderneres Epidemiengesetz. Damit sollen die Behörden besser gegen übertragbare Krankheiten vorgehen und diesen besser vorbeugen können. Das Volk stimmte mit 60% zu. Abgelehnt wurde das Gesetz in vier konservativen Kantonen. Die relativ klare Zustimmung zum Gesetz ist vor allem auf die hohen Ja-Anteile in der Westschweiz sowie in den städtischen Kantonen zurück zu führen. In Genf (77,8%) und in der Waadt (73,5%) sagten je über 70% der Stimmenden Ja, in Basel-Stadt waren es 67,7% und in Zürich 60,5%.

Dagegen verfingen vor allem in der östlichen Schweiz und in den Landkantonen die Argumente der Gegner um den St. Galler Naturheilpraktiker Daniel Trappitsch, die vor dem «Impfzwang» und internationalem Einfluss warnten.

In Appenzell Ausserrhoden erreichte der Ja-Anteil nur knapp 45%. Die Mehrheit in Schwyz, Appenzell Innerrhoden und Uri sagte ebenfalls Nein. In Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen, Glarus und Obwalden fiel die Zustimmung nur knapp aus.

Schweizweit stimmten insgesamt 1’416’500 Personen für das revidierte Epidemiengesetz, 944’600 Stimmende lehnten es ab.

Dominantes Thema Impfen
Obwohl es nur ein Teilaspekt des Epidemiengesetzes ist, drehte sich im Abstimmungskampf fast alles ums Impfen. Befürworter und Gegner lieferten gegensätzlich Interpretationen dazu: Die impfkritischen Gegner monierten «unklare Begriffe», die dem Bund – allenfalls beeinflusst von Pharmabranche und Weltgesundheitsorganisation (WHO) -, viel Spielraum liessen für Impfanordnungen.

Die Befürworter taxierten das Schlagwort «Impfzwang» dagegen als emotional und falsch. Der Bundesrat, die Kantone und praktisch alle Akteure im Gesundheitswesen halten die Regeln für ein Impfobligatorium im neuen Gesetz für restriktiver als im alten, das aus dem Jahr 1970 stammt. Ein Obligatorium sei nur in Notsituationen und für eng eingegrenzte Personenkreise denkbar.

Vorschriften für Impfungen könnten die Behörden beispielsweise für das Pflegepersonal anordnen, wenn damit das Ansteckungsrisiko für besonders gefährdete Personen gemindert wird. Ein Impfobligatorium ist dies indirekt: Eine ungeimpfte Krankenschwester könnte damit unter Umständen nicht am angestammten Arbeitsplatz arbeiten.

Zum Impfen sieht das Gesetz nationale Impfprogramme und -pläne vor, Impfempfehlungen und auch die Förderung von Impfungen. Geklärt wird auch die Entschädigungsfrage bei Impfschäden aufgrund eines Impfobligatoriums – aus Sicht der Gegner allerdings nur ungenügend.

Klarer geregelte Aufgaben
Grosse Teile des Gesetzes klären aber organisatorische Fragen. In der globalisierten Welt, in der die Menschen mehr reisen und vernetzter sind als früher, soll damit eine bessere Epidemienvorbeugung und -bekämpfung möglich sein.

Vertreter von Bund und Kantonen bezeichneten diese Regelungen als besonders wichtig, da sie Organisationsmängel wie bei der SARS-Epidemie oder bei der Schweinegrippe beseitigen sollen. Dabei geht es um die Absage von Veranstaltungen oder die Schliessung von Schulen oder Betrieben aufgrund von Epidemien.

Weiter bietet das neue Gesetz eine Grundlage dafür, dass der Bund gezielter gegen Spitalinfektionen oder Antibiotikaresistenzen vorgehen kann. Es ermöglicht auch die Information zu sexuell übertragbaren Krankheiten wie HIV/AIDS, was den Schulunterricht betreffen kann. Die Strafbestimmung für HIV-Ansteckungen wird leicht gelockert und der Datenschutz für heikle Gesundheitsdaten geregelt.

Gegen das Gesetz setzten sich zersplitterte Gruppen aus tendenziell religiösen und esoterischen Kreisen ein. Von den grossen Parteien beschloss nur die SVP die Nein-Parole. (awp/mc/ps)

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