Parteien und Wirtschaft begrüssen absehbares Verhandlungsmandat

Parteien und Wirtschaft begrüssen absehbares Verhandlungsmandat
Christoph Mäder, Präsident economiesuisse. (Foto: economiesuisse)

Bern – Wirtschaftsverbände und die Mehrheit der Parteien haben am Mittwoch die Ausarbeitung eines Mandats für Verhandlungen mit der EU begrüsst. Bei den Lohnschutz-Massnahmen werde sich eine innenpolitische Einigung finden lassen, zeigte sich die Arbeitgeberseite überzeugt. Kritischer sind die Arbeitnehmenden, und insbesondere einmal mehr die SVP.

Offenbar habe der Bundesrat in Geheimverhandlungen mit der EU bereits die künftigen Verhandlungsergebnisse vorweggenommen und in einem Geheimbericht, dem sogenannten «Common Understanding» zusammengefasst, schreibt die SVP in einer Stellungnahme. Sie fordert die sofortige Veröffentlichung dieses Berichts. Die Bevölkerung habe ein Recht darauf zu wissen, zu welchen unhaltbaren Zugeständnissen die Mitte-Links-Mehrheit des Bundesrates gegenüber der EU bereit sei.

Die SP stellte sich hinter das Ende der Sondierungsgespräche. Bleibe es aber bei den gemäss einem unveröffentlichten Bericht vorgesehenen Verhandlungsinhalten, sei die Schweiz bei entscheidenden Zukunftsfragen weiterhin ausgeschlossen. Dabei zählte die SP Klima-, Industrie-, Steuer-, Finanzmarkt- und Sicherheitspolitik auf.

Die FDP teilte mit, der sektorielle Ansatz des Bundesrates entspreche einer bereits älteren Forderung der Partei. An die Gewerkschaften, die Nachbesserungen beim Lohnschutz verlangt hatten, richtete die FDP den Vorwurf, sie zeigten eine verantwortungslose Blockadehaltung und schadeten den Interessen der Schweiz.

Die Mitte mahnte, der Konsens der Sozialpartner sei unerlässlich. Im Mandat müsse der Bundesrat aufzeigen, wie er auf Basis eines breiten Konsenses aller Anspruchsgruppen auf Augenhöhe verhandeln wolle. Die Mitte verlangte eine stabile Zusammenarbeit mit der EU, ohne Sozialwerke und Lohnniveau zu gefährden.

Die Grünen reagierten mit «endlich». Damit die Verhandlungen gelingen, müsse der Bundesrat alle europafreundlichen Kräfte einbinden und sich von den Isolationisten abgrenzen. Er lasse es hier aber am Führungsanspruch mangeln. Die innenpolitischen Differenzen würden sich beheben lassen. GLP-Präsident Jürg Grossen forderte ebenfalls eine Bündelung der Kräfte.

Wirtschaft erleichtert
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse sah viele offene Fragen nach den Sondierungsrunden geklärt. Das Verhandlungsmandat müsse die gute Ausgangslage nutzen. Den Paketansatz begrüsste der Verband und erwartete vom Bundesrat einen Entscheid über das Mandat vor Ende des Jahres.

Der Schweizerische Arbeitgeberverband würdigte den Abschluss der Sondierungsgespräche als wichtigen Meilenstein. Eines der aktuell grössten Probleme der exportierenden Wirtschaft sei die unsichere Beziehung zur Europäischen Union. Die Sozialpartner würden die Gespräche insbesondere zum Thema Lohnschutz weiterführen.

Swissmem teilte für die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie mit, der Bundesrat habe sich von Störmanövern nicht beirren lassen. Mit technischen Verbesserungen lasse sich das aktuelle Lohnschutz-Niveau sichern. Zusätzliche Eingriffe in den Arbeitsmarkt seien nicht nötig.

Lohnschutz fortsetzen
Der Schweizerische Gewerbeverband erhofft sich einen Abbau der Blockade mit der EU und forderte echte Verhandlungen für ein Paket, das vor dem Volk Bestand habe. Der Schutz des Schweizer Lohnniveaus müsse ohne Ausbau erhalten bleiben. Der KMU-Verband vermisste eine Aussage über die Rolle des Europäischen Gerichtshofes und forderte den Respekt der direkten Demokratie.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund unterstützte die Ausarbeitung des Mandats. Er verlangte aber eine Korrektur der Zugeständnisse bei Lohnschutz, Strom und der Bahn. Die Behauptung, der Service public werde in den Verhandlungen nicht tangiert, sei irreführend.

Der Arbeitnehmenden-Dachverband Travailsuisse erachtet die bisherigen Resultate der Sondierungen als ungenügend. Eine Schwächung des Lohnschutzes und Liberalisierungen im Service Public wären aus einer Sicht inakzeptable Zugeständnisse an die EU. Die innenpolitischen Möglichkeiten, diese aufzufangen, seien begrenzt.

Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) verlangte, weder der internationale Personen- noch der Schienengüterverkehr dürfe dem Liberalisierungsdruck der EU zum Opfer fallen.

Die Konferenz der Kantonsregierungen zeigte sich mit dem Einbezug der Kantone zufrieden. Die neuen Verhandlungen bringen ihrer Ansicht nach die dringend benötigte Rechts- und Planungssicherheit.

Die Europäische Bewegung Schweiz forderte einen Verhandlungsabschluss bis im Sommer 2024. Die EU-Gegner-Organisation Pro Schweiz warnte, die EU wolle die Übernahme der Unionsbürgerrichtlinie, die EU-Bürger mit Schweizer Bürgern gleichstellt. (awp/mc/pg)

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