Raiffeisen-Ökonomen senken BIP-Prognose nach Zollhammer nochmals

Zürich – Die hohen US-Zollsätze dürften das Wirtschaftswachstum der Schweizer Wirtschaft stärker als bisher erwartet belasten. Die Ökonomen von Raiffeisen haben daher ihre Wachstumserwartungen für das BIP erneut angepasst.
Konkret senkten sie die Prognose für das BIP-Wachstum 2025 (sporteventbereinigt) auf 0,9 Prozent von zuvor 1,1 Prozent. Anfang Jahr hatten die Ökonomen noch ein Wachstum von 1,3 Prozent erwartet, diese Prognose aber nach den Zollankündigungen durch US-Präsident Trump im Mai auf 0,9 Prozent gesenkt.
Anfang Juli hatten die Raiffeisen-Ökonomen die Prognose schliesslich von 0,9 auf 1,1 Prozent angehoben, da sie damals noch von einem tieferen Zollsatz von um die 10 Prozent ausgegangen waren. Mit den nun verhängten Zöllen von 39 Prozent habe sich diese Hoffnung nicht bewahrheitet, was die erneute Senkung zur Folge hatte, wie ein Sprecher auf Anfrage einordnete. Die Wachstumserwartungen für 2026 belässt Raiffeisen mit 1,0 Prozent jedoch unverändert.
Konjunkturrisiken gestiegen
Durch die Zölle sei das «Abwärtsrisiko für die Konjunktur deutlich» gestiegen, heisst es in dem am Freitag publizierten «Konkjunkturcheck» der Bank. Neben den Zöllen gebe es auch in der Weltwirtschaft weiterhin Abwärtsrisiken. «Mit dem angekündigten US-Importzollsatz in Höhe von 39 Prozent muss sich die Schweiz jedenfalls auf ein geringeres BIP-Wachstum einstellen», heisst es weiter.
Vor allem der Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Ländern, etwa in der EU, belaste Schweizer Unternehmen zusätzlich. Sollte es weitere US-Sektorzölle etwa auf Pharmaimporte geben, könnte sich die Lage für die Schweiz noch zuspitzen.
Einen Einbruch am Arbeitsmarkt erwarten die Analysten kurzfristig jedoch nicht. Dafür sei vor allem der allgemeine Personalmangel verantwortlich. «Dies sollte die Binnennachfrage in der Eurozone und in der Schweiz weiter stabil halten, was gegen einen starken Rückgang der Inflation spricht», heisst es weiter.
Negativzinsen zunächst nicht erwartet
Weitere Leitzinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erwarten die Ökonomen bis Jahresende nicht. So werden die Hürden für eine «weitere Lockerung der Geldpolitik höher liegen als bisher», heisst es.
Die SNB dürfte nur zu Negativzinsen greifen, wenn sich der wirtschaftliche Ausblick deutlich verschlechtern sollte, Deflationsrisiken drohen oder wenn der Franken sich stark aufwerten sollte. Aktuell bestehe laut den Ökonomen kein Handlungsbedarf. So müssten die Auswirkungen der Zölle erst abgewartet und vertieft analysiert werden.
Die Teuerung dürfte gegen Jahresende wieder leicht zunehmen. Daher sei es durchaus möglich, dass die SNB Negativzinsen vermeiden könne. «Das schlechte Verhandlungsergebnis auf der Zollseite hat jedoch die Risiken von Negativzinsen erhöht, zumal dadurch das Instrument der Devisenmarktinterventionen im gegenwärtigen Umfeld noch weniger in Frage kommt, um Frankenaufwertungen zu dämpfen», schränken die Experten ein. (awp/mc/pg)