Spitalfinanzierung: Verzicht auf Referendum

Bern – Seit Monaten tobt ein Streit darum, welche Patientendaten die Spitäler den Krankenkassen künftig liefern müssen. Mit einer Zusicherung an die Ärzte hat Gesundheitsminister Alain Berset den Weg für eine Lösung geebnet. Diese verzichten nun auf ein Referendum. Dies teilten der Ärzteverband FMH und die Konferenz der Kantonalen Ärzteschaften (KKA) am Freitag mit. Der Spitalverband H+ hatte sich schon früher dagegen entschieden, von sich aus Unterschriften gegen die umstrittene Revision des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) zu sammeln.

Die Schweizerische Patienten-Organisation verzichtet ebenfalls auf ein Referendum, wie Präsidentin Margrit Kessler auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda sagte. Wenn der neue Bundesrat schon auf die Anliegen der Betroffenen eingehe, dann müsse man das honorieren, erklärte sie.

Lösung in Griffweite
Damit könnte der neue KVG-Artikel und die darauf gestützte Verordnung nach Ablauf der Referendumsfrist Mitte April in Kraft treten. Es wäre das Ende einer langen und teils giftig geführten Auseinandersetzung. Auslöser war die neue Spitalfinanzierung, die seit Anfang Jahr in Kraft ist. Im Rahmen der Einführung der Fallpauschalen musste unter anderem die Frage der Datenübermittlung geregelt werden.

Die Krankenkassen verlangten den vollständigen Patientendatensatz mit allen Diagnosen und Nebendiagnosen, um die Rechnungsstellung überprüfen zu können. Bei Patientenorganisationen weckte dies die Angst vor dem «gläsernen Patienten»; der Spitalverband H+ sah darin einen Verstoss gegen den Daten- und Persönlichkeitsschutz und eine Verletzung des Arztgeheimnisses.

Durchs Parlament gewürgt
Weil sich Spitäler und Krankenkassen auf dem Verhandlungsweg nicht einig wurden, beschloss der Bundesrat, die Angelegenheit auf dem Verordnungsweg zu lösen. Bloss fehlte ihm dafür die gesetzliche Grundlage. Diese beschaffte er sich in der letzten Wintersession, indem er eine KVG-Revision «in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchs Parlament würgte», wie es der Sprecher einer betroffenen Branchenorganisation formulierte.

Ob gewollt oder nicht, trat das Parlament dabei aber auch der privaten Ärzteschaft auf die Zehen, die von der neuen Spitalfinanzierung bis dahin gar nicht betroffen gewesen war. Im neuen KVG-Artikel stand nämlich, dass alle Leistungserbringer im Gesundheitswesen den Krankenkassen Diagnosen und Prozeduren codiert zu übermitteln haben.

Ärzte beschwichtigt
Weil dies auch den ambulante Bereich inklusive privater Arztpraxen einschliesst, beschlossen KKA und die FMH, das Referendum zu ergreifen. Deren Bedenken konnten nun ausgeräumt werden. Das Eidg. Departement des Innern habe versichert, dass keine Absicht bestehe, im ambulanten Bereich weitergehende Bestimmungen über den Datenaustausch zu erlassen, schreiben die Ärzteorganisationen in einer Stellungnahme vom Freitag.

Bundesrat Alain Berset habe schriftlich bestätigt, dass die Gesetzesänderung zur Übermittlung von Patientendaten ausschliesslich für den stationären Bereich gelten und sich für die Rechnungen im ambulanten Bereich nichts ändern werde.

Diese Lösung akzeptieren wohl auch die Krankenkassen. Zwar kennen sie den aktuellen Verordnungsentwurf nicht, wie santésuisse-Sprecherin Silvia Schütz auf Anfrage kritisierte. Sie stellte aber klar, dass im ambulanten Bereich die Rechnungskontrolle mit der Datenübermittlung im bisherigen Umfang gewährleistet sei. (awp/mc/pg)

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