Zuwanderung: Umsetzungskonzept soll Ende Juni stehen

Zuwanderung: Umsetzungskonzept soll Ende Juni stehen
Bundesrat Didier Burkhalter, Vorsteher EDA. (Foto: admin.ch)

Bundespräsident und Aussenminister Didier Burkhalter. (Foto: admin.ch)

Bern – Der Bundesrat hat am Mittwoch festgelegt, wie er bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative vorgehen will. Einen günstigen Ausgang für die Schweiz kann er allerdings nicht garantieren. Das stellte Bundespräsident Didier Burkhalter im Anschluss an die erste Bundesratssitzung nach dem Abstimmungssonntag klar. Gleichzeitig rief er zu Ruhe auf. Seit der Abstimmung seien erst drei Tage vergangen, man dürfe jetzt nicht überreagieren. Es gebe keinen Grund, für alles sofort eine Entscheidung zu erwarten, zumal die Schweiz vieles gar nicht selbst entscheiden könne.

Die Befürchtungen, die in den letzten Tagen im Zusammenhang mit dem Forschungsrahmenabkommen «Horizon2020», dem «Human Brain Project» oder «Erasmus+» geäussert worden sind, hält Burkhalter jedoch nicht für unbegründet. Eine Überraschung sei das nicht: Der Bundesrat habe stets auf diese Risiken einer Annahme hingewiesen.

Vorerst kein EU-Verhandlungsmandat
Es sind Risiken, die auch das Freizügigkeitsabkommen, die Bilateralen I, Schengen/Dublin oder die institutionellen Fragen betreffen. Erste Wirkungen im bilateralen Verhältnis hat die Initiative bereits gezeitigt: Für die Verhandlungen über institutionelle Fragen hätte der Botschafter-Ausschuss Coreper diese Woche das Verhandlungsmandat beschliessen sollen. Nun ist die Frage vorerst von der Agenda gestrichen worden, wie Burkhalter bestätigte. Wann das Gremium darauf zurückkommt, ist nicht bekannt. Die Verhandlungen über ein Stromabkommen, die demnächst hätten abgeschlossen werden können, sind ebenfalls ausgesetzt worden.

Bestehende Verträge in der Schwebe – neue Verhandlungen blockiert
Damit stellt der neue Verfassungsartikel über die Zuwanderung nicht nur die bestehenden Verträge mit der EU in Frage, sondern blockiert auch die Verhandlungen über neue Abkommen. Der Bundesrat hat am Mittwoch darüber beraten, wie er einen Stillstand verhindern will. Gleichzeitig legte er das Vorgehen für die Umsetzung der Initiative fest.

Enger Zeitplan für Umsetzung
Bis Ende Juni wird das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) zusammen mit dem Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und dem Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) ein Umsetzungskonzept erarbeiten. Dieses soll nach Angaben von Burkhalter auch die Eckwerte eines Kontingentssystems enthalten, das nach Annahme der Initiative eingeführt werden muss.

Ende dieses Jahres oder Anfang nächstes Jahr will der Bundesrat dem Parlament einen Gesetzesentwurf vorlegen können. Ein Jahr später soll dann auch eine Ausführungsverordnung fertiggestellt sein. Diese könnte zum Zug kommen, wenn die Umsetzung auf Gesetzesebene nicht wie von der Initiative gefordert bis zu 9. Februar 2017 abgeschlossen werden kann.

Innen- und aussenpolitischer Prozess aufeinander abstimmen
Parallel zu diesen Umsetzungsarbeiten in der Schweiz will der Bundesrat eine diplomatische Sondierungs- und Erklärungsmission starten. Soll die neue Gesetzgebung in der Schweiz nicht zum Bruch mit der EU führen, müssen der innen- und der aussenpolitische Prozess nämlich eng aufeinander abgestimmt werden.

Drängende Kroatien-Frage
Rasch gilt es zum Beispiel die Frage zu klären, wie es mit der Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf Kroatien weitergehen soll. Offen ist derzeit, ob das fertig verhandelte Protokoll nach Annahme der Initiative überhaupt noch unterzeichnet werden kann. Der Bundesrat beauftragte Justizministerin Simonetta Sommaruga, in der Angelegenheit direkt mit der EU-Kommission Kontakt aufzunehmen.

Nächste Woche führt Staatssekretär Yves Rossier in Brüssel Sondierungsgespräche. Daneben sollen die diplomatischen Kanäle zur EU und zu den Mitgliedsländern genutzt werden, um über die neue Ausgangslage und die laufenden Arbeiten in der Schweiz zu informieren.

Erste Reaktionen «nicht positiv»
Auch die bilateralen Treffen der Bundesrätinnen und Bundesräte in den nächsten Wochen und Monaten sollen dafür genutzt werden. Die ersten Reaktionen seien allerdings «nicht positiv» gewesen, sagte Burkhalter. Insbesondere die Nachbarstaaten empfänden die Initiative als gegen sie gerichtet.

Klärungsbedarf gibt es auch in der Schweiz selber. Nach Angaben von Burkhalter will der Bundesrat mit den Parteien Kontakt aufnehmen. Gelegenheit für erste Diskussionen bieten die Von-Wattenwyl-Gespräche vom Freitag. Burkhalter nimmt daran zusammen mit den Bundesrätinnen Doris Leuthard und Simonetta Sommaruga, Bundesrat Alain Berset und Bundeskanzlerin Corina Casanova teil. (awp/mc/pg)

 

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