Kunsthaus Zürich: Mehr als Dada im neuen Programm

Kunsthaus Zürich: Mehr als Dada im neuen Programm
(Foto © Anita Affentranger)

Kunsthaus Zürich. (Foto © Anita Affentranger)

Zürich – Mit 290‘000 Eintritten weist das Kunsthaus Zürich für das abgelaufene Jahr solide Besucherzahlen aus. 2016 stehen Ausstellungen der zeitgenössischen Kunst und historische Positionen auf dem Programm, darunter Beiträge zum 100-jährigen Geburtstag der Dada-Bewegung. Pipilotti Rist, Francis Picabia und Alberto Giacometti sind die im grossen Ausstellungssaal inszenierten Höhepunkte.

Im Jahr 2015 verzeichnete das Kunsthaus Zürich 290‘000 Eintritte (Vorjahr 301‘630). Damit liegt das Besucheraufkommen im langjährigen Mittel. Die Jahresrechnung wird voraussichtlich einen Verlust ausweisen, der mit der vorhandenen Ausgleichsreserve ausgeglichen wird. Mit rund 100‘000 Eintritten war die Ausstellung «Inspiration Japan» am besten besucht. «Joan Miró. Mauer, Fries, Wandbild» zog erst zu Jahresbeginn 2016 die erwarteten 1‘000 Besucher täglich an und läuft noch bis zum 24. Januar. Den Auftakt im Dada-Jahr macht ein Projekt, das vom Museum of Modern Art New York übernommen wird:

Dadaglobe reconstructed 5.2. – 1.5.16
«Dadaglobe» versammelt die über zweihundert Kunstwerke und Texte, welche Tristan Tzara 1921 von Künstlern zugeschickt worden waren. Dieses epochale, nie publizierte Buchprojekt findet im 100. Jubiläumsjahr von Dada endlich seine Verwirklichung: Die Zusammenführung der weltweit verstreuten Beiträge macht diese Ausstellung zu einem Meilenstein der jüngsten Dada-Forschung. Die Präsentation umfasst Selbstporträts, Fotomontagen und Collagen, Zeichnungen, Buchseitenentwürfe, Gedichte und Essays, daneben Manuskripte, Drucksachen und historische Dokumente. «Dadaglobe» stellt eine beeindruckende Rundumschau über die künstlerische Vielfalt, gesellschaftspolitische Relevanz und kunsthistorische Schlagkraft von Dada dar. Mit Beiträgen von Hans Arp, André Breton, Max Ernst, Hannah Höch, Sophie Taeuber-Arp und rund 30 weiteren Künstlerinnen und Künstlern.

Pipilotti Rist 26.2. – 1.5.16
Ein Heimspiel gibt es für Pipilotti Rist (*1962). Die Schweizerin ist eine wegweisende Figur der Videokunst und hat sich mit ihren sinnlich-unverfrorenen Videoinstallationen international einen Namen gemacht. Unterhaltsam, ironisch und selbstbewusst befasst sie sich in ihren Videoinstallationen mit Konventionen und Tabus. Die Ausstellung zeigt Schlüsselwerke vom Beginn ihrer internationalen Karriere, darunter die frühen Single-Channel-Videos, mit denen sie in den 1980er-Jahren bekannt wurde. Speziell für Zürich realisiert Pipilotti Rist im weiträumigen Bührlesaal eine Installation im grossen Format und geht dabei neue künstlerische und technische Wege. Eine grosse Lichtinstallation unter dem Glasdach des Kunsthauses setzt ein kraftvolles Zeichen nach aussen. Die Entstehung und der Erwerb dieses im Kunsthaus verbleibenden Werks wird, wie die Ausstellung, unterstützt von Swiss Re – Partner für zeitgenössische Kunst.

Akram Zaatari 20.5. – 31.7.16
Eine andere Auseinandersetzung mit Bildproduktion führt der Künstler Akram Zaatari. Seine Fotografien, Videos und (Film-)Installationen beschäftigen sich mit den Auswirkungen des Krieges und mit territorialen Konflikten – insbesondere im Nahen Osten. Zaatari untersucht die Logik religiösen und nationalen Widerstandes und reflektiert gleichzeitig den Status von Bildproduktion und -zirkulation. Der Mitbegründer der Arab Image Foundation, der 1966 im südlichen Libanon geboren wurde, hat sich an bedeutenden Gruppenpräsentationen (documenta 13, Venedig-Biennale 2013) und mit Einzelausstellungen einen Namen gemacht. Das Kunsthaus widmet ihm seine erste Einzelpräsentation in der Schweiz.

Francis Picabia. Eine Retrospektive 3.6. – 25.9.16
Nicht zum ersten Mal, aber in nie dagewesener Tiefe und Breite, wird das Werk von Francis Picabia (1879–1953) in Zürich präsentiert. Anlass ist das 100-jährige Jubiläum der dort entstandenen Dada-Bewegung. Die Retrospektive erkundet Picabias frühe Erfolge als impressionistischer Maler und seinen essenziellen Beitrag zu Dada. Sie führt über umstrittene Pin-up-Girls bis zu den nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Abstraktionen. Unter den grossen Künstlern des 20. Jahrhunderts bleibt Picabia eine heftig diskutierte Gestalt. Zeit seines Lebens widersetzte er sich wertenden Unterscheidungsmechanismen zwischen hoher Kunst und Kitsch oder Konservatismus und Radikalismus. Selbstkritisch und mit beissendem Humor stellt er die Grundsätze der Moderne in Frage. Während die Werke aus Picabias Dada-Jahren bekannt sind, birgt sein Gesamtwerk noch manche Überraschung. Zu sehen sind neben rund 100 Gemälden auch Werke auf Papier, Avantgarde-Zeitschriften und Beispiele seiner Film- und Theaterarbeiten. Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit dem Museum of Modern Art, New York, wo sie ab November zu sehen sein wird.

Hans Jakob Oeri 12.08. -23.10.16
Ausschliesslich im Kunsthaus ist «Hans Jakob Oeri – Ein Schweizer Künstler in Paris, Moskau, Zürich» zu sehen. Es ist die erste Ausstellung dieses lange Zeit unterschätzten und vergessenen Zürcher Malers und Zeichners. Zu seinen Lebzeiten (1782–1868) genoss er in ganz Europa Ansehen und Wertschätzung. Seine Werke waren bei Sammlern begehrt und zählen noch heute zu den qualitätsvollen und innovativen der Schweizer Kunst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1806 vollendete Oeri in Paris «Chloe», sein Meisterstück im Stil des französischen Klassizismus, nach einer Idylle von Salomon Gessner. Zur Zeit seiner Rückkehr in die Schweiz malte er um 1807 «Das Pariser Atelier». Trotz beklemmender Enge und bitterer Armut gelang Oeri ein beziehungsreiches Familien- und Freundschaftsbild, in dem die Würde der Kunst über Not, Konkurrenzdruck und Rangordnungen triumphiert.

Alberto Giacometti: Material und Vision 28.10.16 – 15.1.17
Einen Bezug zu Paris hatte auch Alberto Giacometti (1901–1966), der weltbekannte Schweizer Plastiker und Maler. In der französischen Hauptstadt verbrachte er die meiste Zeit seines Lebens. 50 Jahre nach seinem Tod beleuchtet eine grosse Ausstellung die grundlegenden Aspekte seines Schaffens. Ausgangspunkt sind 75 kostbare Originalgipse aus dem Nachlass des Künstlers, die in mehrjähriger Arbeit am Kunsthaus erforscht und restauriert worden sind. Gips erlaubte es dem Künstler, seine Objekte auf vielfältige Weise zu bemalen oder zu bearbeiten. Und nicht wenige Skulpturen existieren nur in einer Gipsversion. Anhand zahlreicher Meisterwerke aus allen Werkphasen stellt die Ausstellung den Umgang Giacomettis mit der Materialität seiner Werkstoffe in den Mittelpunkt. Neben kostbaren und fragilen Gipsen werden Werke aus Marmor, Holz und Bronze einbezogen. Die Ausstellung erweitert den Bestand im Kunsthaus um bedeutende Leihgaben, vor allem aus der nicht öffentlichen Fondation Alberto et Annette Giacometti in Paris, die erstmals in dieser Fülle in der Schweiz zu sehen sind.
Ein Kulturengagement der Credit Suisse – Partner des Kunsthaus Zürich

Peter Wechsler. Zeichnungen 11.11.16 – 22.1.17
Peter Wechsler (*1951) gehört zur Generation von abstrakten Künstlern, die der Zeichnung als System und sinnlichem Ereignis in der Nachfolge der Minimal Art und Konzeptkunst neue, kontemplative Ausdrucksbereiche erschlossen haben. Dabei geht es um die prinzipielle Frage: Wie können durch einen systematischen Einsatz zeichnerischer Mittel konkrete Räume und Strukturen geschaffen werden, welche die sinnliche Wahrnehmung des Betrachters aktivieren und herausfordern? In der Ausstellung wird ein Zyklus eindrucksvoller grossformatiger Bleistiftzeichnungen (1994–2008) rekonstruiert. Als erstes Kunstmuseum zeigt das Kunsthaus darüber hinaus eine Auswahl von ungerahmten Tuschpinselzeichnungen aus jüngster Zeit. (Kunsthaus Zürich/mc/ps)

Vergünstigungen dank Mitgliedschaft
Der Gratis-Eintritt jeden Mittwoch in die Sammlung hat im Kunsthaus Tradition. Mitglieder des mit über 20‘000 Mitgliedern grössten Trägervereins eines Museums im deutschsprachigen Raum geniessen freien Zugang während des ganzen Jahres. Erwachsene erhalten die Jahresmitgliedschaft für CHF 115.-/Paare CHF 195.-/Jugendliche bis 25 Jahre CHF 30.-. Bis 16 Jahre ist der Eintritt gratis.

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