Felix Frei, CEO AG Hallenstadion, im Interview

Felix Frei, CEO AG Hallenstadion, im Interview
Felix Frei, CEO AG Hallenstadion. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Frei, im Hallenstadion geben sich Show- und Sportstars fast täglich die Klinke in die Hand. Wie viele Events besuchen Sie selber?

Felix Frei: Ich bin persönlich an gut 70 – 80 % aller Events vor Ort. Dies aber nicht zum «Besuch», sondern weil ich während dieser Zeit arbeite, mit dem Veranstalter Gespräche führe, Logengäste besuche, im Wechsel mit meinen Kollegen offizieller Vertreter der Geschäftsleitung bin und dann auch viel Büroarbeit erledigen kann. Ich schaue mir ganz selten einen kompletten Event an, schaue aber immer mehrmals kurz rein, wenn ich hier bin.

Diese Woche füllt Helene Fischer die Arena gleich an fünf Abenden. Doch nicht alle Acts sind solche «Selbstläufer». Wie haben sich die Besucherzahlen im laufenden Jahr entwickelt?

Im Grossen und Ganzen ist das Geschäft extrem volatil geworden. Letztes Jahr z.B. hatten wir mit über 1 Million Besucherinnen und Besucher unser zweitbestes Eventjahr der Geschichte. Aber dieses Jahr ist eher durchzogen, da vor allem bei den Konzerten relativ wenig ganz gute Acts auf Arenatour waren. Die Anzahl ausverkaufter Acts bewegt sich in einer gewissen Bandbreite ziemlich konstant über die letzten Jahre. Aber die restlichen Acts nehmen im Durchschnitt der Zuschauerzahlen deutlich ab. Es besteht ein massives Überangebot und das spürt man dann bei diesen Acts deutlich. Die Schweiz ist weltweit mit Abstand das Land mit der grössten Dichte an Festivals und Events.

Ein steter Diskussionsgrund sind die stark gestiegenen Ticketpreise in den letzten Jahren. Wo gibt es hier Grenzen gegen oben?

Es kann nicht so weitergehen. Seit Jahren steigen die Preise und ein Ende scheint nicht absehbar. So lange aber die Künstler diese grossen Gagen im Markt erhalten, sehen sie ja auch keinen Grund, davon abzurücken. Und durch die Konkurrenz der vielen Veranstaltungen gibt es immer wieder Veranstalter, die diese Preise bezahlen und dann auf die Besucher abwälzen müssen. In der Schweiz sind diese Preise mit Abstand die Höchsten, mit Ausnahme vielleicht von ganz wenigen Hotspots wie London und New York. Ich bin der Meinung, dass dies aber auch in der kaufkräftigen Schweiz nicht weiter uneingeschränkte Akzeptanz findet.

Die teuersten Tickets gehen zwar in der Regel immer noch am Schnellsten weg bei den Top Events, aber dahinter zeichnen sich Bremsspuren ab. Die Preise sind auch ein Grund, weshalb bei den weniger grossen Konzerten und Events die Zuschauerzahlen im Schnitt rückläufig sind. Das Publikum hat ein riesiges Angebot, ist nicht mehr bereit, jeden Preis für «durchschnittliche» Darbietungen zu zahlen und ist dadurch extrem wählerisch geworden – auch weil nicht alle ein unbegrenztes Ausgehbudget haben.

«Die Preise sind auch ein Grund, weshalb bei den weniger grossen Konzerten und Events die Zuschauerzahlen im Schnitt rückläufig sind.»
Felix Frei, CEO AG Hallenstadion 

Im Bereich von Events mit 6000 und mehr Zuschauern ist das Hallenstadion im Grossraum Zürich unbestritten erste Wahl. Wie sieht es bei kleineren Anlässen oder auch Kongressen aus? Wie setzen Sie sich gegen die Konkurrenz in Szene?

Das ist je nach Segment sehr unterschiedlich, da die Auswahlkriterien für die Wahl der Location auch sehr unterschiedlich sein können. Es geht nicht immer nur um die Kapazität, sondern auch um Faktoren wie Technik, Logistik, Qualität, Professionalität der Dienstleistungen, Sicherheit, Standort etc. und das sind genau die Kriterien, mit denen wir uns am Markt auch differenzieren wollen.

«Es kommt eine ganz neue Generation von Events auf uns zu oder hat uns schon erreicht.»

Welche Rolle spielt die Digitalisierung in der Event-Industrie heute?

Hier muss man unterscheiden zwischen der Event-Industrie und der Venue-Industrie. Die Event-Industrie ist heute ohne Digitalisierung gar nicht mehr machbar und es kommen immer neue Elemente ins Live Entertainment wie Virtual Reality, Augmented Reality oder holographische Elemente. Heute kann man z.B. Michael Jackson leibhaftig auf der Bühne zeigen und durchs Publikum laufen lassen. Oder die ganzen Eventformate rund um Youtube, e-sport, e-gaming etc. Da kommt eine ganz neue Generation von Events auf uns zu oder hat uns schon erreicht.

Für die Venue selber heisst das, dass man den Veranstaltungen optimale Rahmenbedingungen für die digitalen Bedürfnisse anbieten muss. Das heisst vor allem Bandbreiten und Connectivity. Nur als Vergleich: vor 10 Jahren war die Internetbandbreite im Hallenstadion 2 Mbit/s und damit absolut state of the art, heute sind es 100 Mbit/s und wir können jederzeit auf 500 Mbit/s hochfahren. Im Weiteren sind wir gerade jetzt an einem grossen Projekt, um neue digitale Projekte voranzubringen. Dazu gehören u.a. der weitere Ausbau der digitalen Signale im gesamten Stadion, komplette WLAN-Abdeckung, Apps für die Zuschauer für digitales Zahlen, digitale Bestellungen, digitale Services etc. Wir wollen in der Schweiz die absolute Digital Leader Venue sein und arbeiten intensiv daran.

Wie ist die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Veranstaltern und dem Hallenstadion organisiert?

Das sind klassische Projektorganisationen, wo für jeden einzelnen Event Projektleiter auf beiden Seiten die Schnittstellen koordinieren, damit das Zusammenspiel funktioniert. Das Bespielen des Hallenstadions ist eine komplexe Angelegenheit und deshalb haben wir präzise und straffe Prozesse etabliert, damit die Events auch optimal stattfinden können und nichts vergessen geht.

Die Heimspiele der ZSC Lions sind Fixevents im Hallenstadion, in fünf Jahren ziehen die Lions aber in ihr eigenes Stadion um. Was bedeutet dies für die AG Hallenstadion?

Dass wir eine Lücke von ca. 35 Events pro Jahr neu füllen müssen. Das ist eine Einbusse von ca. ¼ der Events und 1/5 der Erträge.

«Gleichzeitig verlieren das Hallenstadion wie auch der ZSC ein ganz grosses Stück an Identität und Heimat.»

Wie sieht die Strategie für die Jahre ab 2022 aus? Wie lässt sich die Lücke füllen?

Wir bauen jetzt schon mit Hochdruck die neue Positionierung und Strategie für die Zeit nach dem ZSC auf, um die Arena mit neuen Events und Formaten wieder füllen zu können. Das ist aber kein Selbstläufer und insbesondere müssen wir mehrere Millionen investieren, um dafür bereit zu sein. Das wissen wir schon heute. Wir werden auch Strategien entwickeln müssen, wie wir neue Events und Formate gezielt ins Hallenstadion holen oder entwickeln können. Von alleine werden diese nicht kommen, obwohl sicher schon alleine durch die bessere Verfügbarkeit von Terminen ein Markteffekt geschehen wird. Aber das alleine wird niemals ausreichen. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir dies schaffen werden.

Die Terminabsprachen resp. der Spielplan der Lions und übrige Belegung des Hallenstadions führten immer wieder zu Missstimmung. Ist der Wegzug letztlich für Sie nicht auch eine Erleichterung?

Es hat beide Seiten. Einerseits ist es natürlich ein markanter Einbruch an Events und Umsätzen. Andererseits aber auch eine Chance für neue Events, Formate und Zeitfenster, die heute verunmöglicht sind. Gleichzeitig verlieren das Hallenstadion wie auch der ZSC ein ganz grosses Stück an Identität und Heimat, welche seit 1950 bestanden haben. Das wird auch der ZSC nicht einfach so wegstecken können.

Wie können Sie das sportliche Image des Hallenstadions über 2022 hinaus sichern?

Das Hallenstadion ist und bleibt der Austragungsort von bedeutenden Sportanlässen. Es fällt einfach der reguläre Meisterschaftsbetrieb im Eishockey weg. Leider gibt es in der Schweiz keine andere Sportart, die eine Arena wie das Hallenstadion regulär füllen kann. Aber für Länderspiele, Grossanlässe und Sportshows bleiben wir die erste Adresse. Wir führen ja z.B. 2020 die Eishockey-WM durch und durch den Wegfall des ZSC werden wir mehr terminliche Möglichkeiten haben, solche Grossanlässe zu beheimaten. Wir mussten immer wieder Anfrage absagen, weil wir keine Termine mehr hatten.

Das Hallenstadion feiert im kommenden Jahr sein 80jähriges Bestehen… Ein Grund zum Feiern, aber statt den Blick zurück dürften Sie ihn nach vorne richten. Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen?

Wir haben das 75-jährige ausführlich gefeiert und planen keine speziellen Aktivitäten für nächstes Jahr. Der Businesscase des Hallenstadions ist seit der Neueröffnung nach dem Umbau 2005 eine grosse Erfolgsgeschichte und hat den Stake- und Shareholdern viel Freude bereitet. Die grösste Herausforderung wird sein, in einem sich stetig und rasant verändernden Marktumfeld das Hallenstadion weiter so zu positionieren, dass dies auch in Zukunft der Fall sein wird. Wir arbeiten mit Hochdruck daran.

Herr Frei, besten Dank für das Interview.

Zur Person:
Geb: 20. Januar 1960

Berufliche Erfahrungen
Hallenstadion Zürich
Seit 2007: Direktor / CEO

Lenzerheide Tourismus
2005-2007: Direktor

CTS Congrès, Tourisme et Sport SA Biel
2003-2005: Direktor

Schweizerischer Leichtathletikverband Swiss-Athletics
1992-2003: Generalsekretär

VR-Mandate
seit 2017 Weltklasse Zürich, Präsident
seit 2015 Swiss Stadia&Arena VSSA, Präsident
seit 2013 Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee SGV, Verwaltungsrat
seit 2012 Tavolago AG, Verwaltungsrat

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