Atupri: «Wir wollen den Verkaufsprozess mit dem Underwriting-Prozess digital verzahnen»

Atupri: «Wir wollen den Verkaufsprozess mit dem Underwriting-Prozess digital verzahnen»
Kaspar Trachsel und Dieter Genge, Atupri (v.l.n.r)

Bern – Der Schweizer Gesundheitsversicherer Atupri will sich über durchgängige und konsistente Kundenerlebnisse über alle Kontaktpunkte differenzieren. Kaspar Trachsel, Leiter Marketing & Vertrieb, und Dieter Genge, Leiter Informationsmanagement & Projekte, erläutern im Gespräch inwieweit die Digitalisierung von Daten und Prozessen dies ermöglicht.

Von Arndt Mielisch, Appway.com

Arndt Mielisch: Atupri nennt sich Gesundheitsversicherer, nicht Krankenkasse. Was heisst das konkret?

Kaspar Trachsel: Die Kunden sind heute gut informiert und wollen eine Versicherung, die jederzeit auf ihre persönlichen Anliegen eingeht und mehr bietet als nur einen guten Service im Krankheitsfall. Dieser Partner wollen wir sein. Deshalb haben wir den Perspektivenwechsel von der Krankheit auf die Gesundheit vollzogen. Wir wollen Menschen inspirieren, etwas für ihre individuelle Gesundheit zu tun. Sie sollen dabei entscheiden, was für sie das Richtige ist. Und wir sind an ihrer Seite, wann immer sie uns brauchen.

Wie kann sich Atupri konkret über ihre Dienstleistungen differenzieren?

Kaspar Trachsel: Der unternehmerische Freiraum ist vom Regulator in Bezug auf die Produktgestaltung ziemlich stark eingeschränkt. Umso wichtiger ist es, sich über eine ganzheitliche Verknüpfung von Marke, Kundenverhalten und Kommunikation zu differenzieren. Wir verstehen den Kunden als Taktgeber. Er soll entscheiden, wann und wo er unseren Service in Anspruch nimmt. Damit einher geht die nahtlose Verknüpfung all unserer digitalen und persönlichen Kundenkontaktpunkte.

«Wir verstehen den Kunden als Taktgeber. Er soll entscheiden, wann und wo er unseren Service in Anspruch nimmt.» Kaspar Trachsel, Leiter Marketing & Vertrieb Atupri

Wie wollen Sie das erreichen?

Dieter Genge: Indem wir unsere Prozesse mit einer definierten Customer Journey in Einklang bringen, können wir ein nachhaltig besseres Kundenerlebnis schaffen und unsere Angebote rascher an die Kundenbedürfnisse anpassen.

Welche Rolle spielt dabei die Omni-Channel-Fähigkeit?

Dieter Genge: Unsere Kunden kommunizieren mit uns in einer Vielzahl von Kanälen, digitalen und herkömmlichen. Um dem Kunden ein gutes Erlebnis zu bieten, bedienen wir ihn über den Kanal seiner Wahl. Die Kommunikation mit unseren Kunden über die verschiedenartigen Input- und Output-Kanäle darf die Bearbeitung der Geschäftsvorfälle durch unsere Mitarbeitenden jedoch nicht erschweren. Aus diesem Grund ist es für uns wichtig eine Plattform einzusetzen, welche unseren Mitarbeitenden das aufwändige Handling der verschiedenen Kommunikationskanäle weitgehend abnimmt. Dies ist die Voraussetzung, damit unsere Experten ihr Wissen optimal in den zu bearbeitenden Geschäftsvorfall einbringen können.

Sie haben gesagt, Sie wollen dem Kunden gut zuhören…

Dieter Genge: Um unsere Kunden besser zu verstehen, werden wir den Underwriting-Prozesses anhand von kundenbezogenen Daten neu gestalten. Das wird uns erlauben, noch individueller auf unsere Kunden einzugehen. Gleichzeitig werden wir so in der Lage sein, Gesamtrisiken und daraus resultierende Verkaufschancen besser zu erkennen.

«Um unsere Kunden besser zu verstehen, werden wir den Underwriting-Prozesses anhand von kundenbezogenen Daten neu gestalten.» Dieter Genge, Leiter Informationsmanagement & Projekte Atupri

Kaspar Trachsel: Dies alles bedingt, dass wir den Beratungs- und Verkaufsprozess mit dem Underwriting-Prozess besser verzahnen und konsequent aus der Kundenoptik umsetzen.

Wie sieht der Business Case für Ihr Digitalisierungsprojekt aus?

Kaspar Trachsel: Ausser den angesprochenen Effizienzgewinnen erwarten wir uns eine höhere Abschlussrate, da wir die Customer Journey datengestützt steuern können. Wir wollen unsere Kundenschnittstellen ständig verbessern, indem wir gezielt steuerbare Followup-Prozesse umsetzen. Längerfristig ist es das Ziel, durch die eingangs erwähnte Positionierung der Marke Atupri und die Stärke der Kundenerlebnisse eine höhere Nachfrage zu erzielen.

Dieter Genge: Die Digitalisierung ist jedoch auch eine strategische Notwendigkeit für uns. Keiner weiss, wo die digitale Reise genau hingeht. Umso wichtiger ist es, kompetenzseitig die Voraussetzungen für die bevorstehenden Veränderungen zu schaffen.

Können Sie ein konkretes Beispiel geben?

Dieter Genge: Unsere digitale Kompetenz ist etwa dafür wichtig, um unsere Netzwerkfähigkeit zu erhöhen. Also unsere Fähigkeit mit Partnern, wie zum Beispiel externen Portalanbietern, zu arbeiten, über die wir neue Kundenzugänge generieren können. Auch wollen wir die Voraussetzungen schaffen für den Einsatz von künstlicher Intelligenz wie etwa Chatbots oder Auto-Response-Systemen. Durch den Einsatz solcher intelligenter Systeme kann der Anteil repetitiver, manueller Arbeit weiter reduziert werden. Dies schafft die Voraussetzung, um unsere Kunden bei Bedarf noch intensiver und persönlicher zu begleiten.

«Durch den Einsatz intelligenter Systeme kann der Anteil repetitiver, manueller Arbeit weiter reduziert werden.» Dieter Genge, Leiter Informationsmanagement & Projekte Atupri

Wo steht die Atupri heute auf ihrer Digitalisierungsreise?

Kaspar Trachsel: In der ersten Phase haben wir den Fokus auf die Frontend-Digitalisierung gelegt. Ein zentraler Baustein ist das Atupri-Kundenportal, welches nach 12 Monaten bereits von über 25% unserer Kunden genutzt wird.

In der aktuellen, zweiten Phase steht die Daten- und Prozessdigitalisierung gemeinsam mit Appway im Mittelpunkt. Am Ende dieser Phase wollen wir die digitalen Kundenzugänge und die persönliche Beratungswelt verzahnt und die Reponsiveness gegenüber dem Kunden deutlich erhöht haben.

Dieter Genge: Obwohl wir ein gut dokumentiertes, zertifiziertes Qualitätsmanagement System betreiben, sind viele unserer Prozesse für Aussenstehende bislang Black Boxes. Wir öffnen diese Black Boxes und hinterfragen im Team aktiv die Geschäftsregeln, welche die betreffenden Prozesse steuern.

Wir wollen generell agiler und experimentierfreudiger werden: Dafür brauchen wir Systeme, die man flexibel verändern kann, wo man schnell etwas ausprobieren, Prozesse kurzfristig ändern, messen und die Resultate analysieren kann. Die Systeme müssen Antworten geben auf Fragen wie die folgenden: Was führt zu einer höheren Conversion Rate, wie kann man wiederholte Anfragen an das Contact Center eliminieren, usw.

Das alles bedeutet auch eine Kulturveränderung für die Mitarbeitenden der Atupri?

Kaspar Trachsel: In der Tat. Das spüren wir jetzt, wo es um die Prozesse geht. Wir müssen unsere Kollegen abholen und bestehenden Ängsten entgegensteuern, dass Menschen von Maschinen ersetzt werden. Wir betonen, dass die Digitalisierung zum Abbau von manuellen Routineaufgaben führt und die Mitarbeitenden damit entlastet und freigespielt werden für Tätigkeiten, die uns helfen, Atupri im Markt zu differenzieren. Das ist aber kein Selbstläufer, das muss aktiv gesteuert werden.

«Wir müssen unsere Kollegen abholen und bestehenden Ängsten entgegensteuern, dass Menschen von Maschinen ersetzt werden.» Kaspar Trachsel, Leiter Marketing & Vertrieb Atupri

Dieter Genge: Business und Technologie wachsen zusammen, nicht nur bei Atupri sondern allgemein. Das zeigt sich über verschiedene Disziplinen hinweg. Stellenprofile, die jahrzehntelang gültig waren, sind plötzlich mit Anforderungen angereichert, die eine starke technologische Affinität voraussetzen.

Wir versuchen aktiv, das Zusammenwachsen der einzelnen Disziplinen bei uns durch verschiedene Projektteams zu fördern. Jeder hat seine Spezialgebiete, aber im Kern müssen wir alle, unabhängig von der Problemstellung, welche wir bearbeiten, ein gemeinsames Businessverständnis haben.

Kaspar Trachsel: Unser Kundenportal ist ein Katalysator, den eingeschlagenen Weg konsequent weiter zu gehen. Die Mitarbeitenden sind stolz auf unseren neuen Marktauftritt. Das Interesse und die Bereitschaft, in den Projekten mitzuarbeiten, nehmen zu. Wir versuchen, gezielt eine Kultur des interdisziplinären Zusammenarbeitens zu gestalten, in der kontinuierliches Testen und Lernen einen hohen Stellenwert haben. Kundenumfragen und Marktstudien zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Dies stimmt uns sehr zuversichtlich, die nächsten Etappen zusammen mit Appway erfolgreich gestalten zu können.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert