Kunststoff 2.0 ersetzt Windschutzscheibe

Kunststoff 2.0 ersetzt Windschutzscheibe
Kaputtes Display: Könnte bald der Vergangenheit angehören. (Foto: warwick.ac.uk)

Coventry / London – Forscher der University of Warwick haben mit Kollegen der Queen Mary University eine hochtransparente Kunststofffolie entwickelt, die so fest ist wie Aluminium, aber weit weniger wiegt. Sie kann für Displays, Windschutzscheiben und andere Glasprodukte genutzt werden, bei denen es auf Bruchsicherheit ankommt.

Wie Glas, nur nicht so spröde
Basismaterial der Innovation ist Polyethylen (PE), das es bereits in mehreren Festigkeitsstufen gibt. Aus PE der niedrigsten Klasse wird beispielsweise Frischhaltefolie hergestellt. Höherwertige PE-Produkte sind Zahnräder und grosse Tanks, etwa für Heizöl. Im neuen Herstellungsprozess ist es nun gelungen, die bisher erreichte Festigkeit weit zu übertreffen.

Ton Peijs, Professor für Kunststofftechnik in Coventry und Cees Bastiaansen, Materialwissenschaftler an der Londoner Hochschule, haben den Prozess zur Herstellung von besonders hochwertigem PE studiert. Dann modifizierten sie die Temperaturen während der Herstellung, fachmännisch Warmziehen genannt, so dass sich ein glasähnliches Material bildete, das aber nicht so spröde ist, also kaum zerbrechen kann.

Vom «Nudelhaufen» zu Hightech
Bisher galten Polycarbonate und Polymethylmethacrylat, besser bekannt als Acrylglas, als möglicher Ersatz für brüchiges Glas. Doch verglichen mit der Festigkeit von Metallen wie Aluminium schnitten sie schlecht ab. Das Hochleistungs-PE der Briten könnte nicht nur Glas ersetzen, sondern viele Bauteile, die heute aus weit schwereren Metallen hergestellt werden.

«Die Mikrostruktur von PE ähnelt vor der Wärmebehandlung einem Haufen Spaghetti oder anderen Nudeln», sagt Doktorand Yunyin Lin. Durch die Wärmebehandlung würden die Spaghetti so ausgerichtet, dass sie Kräfte optimal aufnehmen. Normalerweise ist PE, das derart behandelt wird, opak – ähnelt also Milchglas. Das liegt an Defekten, die während der Wärmebehandlung entstehen. Als Glasersatz ist dieses Material nur eingeschränkt nutzbar.

Die Forscher haben das Transparenz-Problem durch Additive gelöst, deren Zusammensetzung sie aber nicht verraten. Diese verhindern die Fehlerbildung während der Wärmebehandlung, sodass dieses PE eine Transparenz von 90 Prozent hat, also 90 Prozent des Lichtes durchlässt, so viel wie eine Fensterscheibe. «Unser leichtgewichtiges, preiswertes, hochtransparentes, sehr festes und steifes PE kann viele andere Werkstoffe im Autobau, in Gebäuden und in der Elektronik ersetzen», verdeutlicht Wissenschaftler Peijs abschliessend. (pte/mc/ps)

University of Warwick

Queen Mary University

Original-Beitrag bei pressetext

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