Europa Forum Luzern beendet: «Die Schicksalsfrage des bilateralen Wegs»

Die Aussenministerin nannte und bezeichnete die Personenfreizügigkeit und die bilateralen Verträge nicht als das Problem, sondern als Teil der Lösung für die Schweiz. «Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sind der Zuzug von Fachkräften und der freien Zugang zu einem Markt von 500 Mio. Konsumentinnen und Konsumenten, wie ihn die EU darstellt, für die Schweizer Wirtschaft äusserst wichtig.» Die Bundesrätin bilanzierte, dass die Schweiz den bilateralen Verträgen Wohlstand und Arbeitsplätze verdanke. Mit Blick auf die Abstimmung zur Personenfreizügigkeit von Anfang Februar 2009 sagte sie: «Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Schicksalsfrage des bilateralen Wegs.»


«Es gibt keinen Plan B»
«Es geht darum, mit der EU einen gemeinsamen Weg zu suchen. Die Voraussetzung ist, dass wir nicht das Fundament der bilateralen Verträge zerstören.» erläuterte Botschafter Urs Bucher, Chef des Integrationsbüros EDA/EVD die politische Leitlinie des Bundesrates. Er meinte weiter: «Der Bundesrat will den bilateralen Weg mit einem breiten politischen Konsens fortführen. Bei einem Nein zur Personenfreizügigkeit stünden wir vor einem immensen politischen und wirtschaftlichen Scherbenhaufen.» Mehrere Redner betonten, dass bei einem allfälligen Nein nicht die EU die Verträge kündige. Es sei vielmehr die Schweiz, die bei einem negativen Entscheid Brüssel darüber informieren müsse, dass die Verträge in der geltenden Form hinfällig geworden seien. Was dann passieren würde, formulierte Hans Hess, Unternehmer und Vizepräsident Swissmem: «Wir dürfen unsere Wirtschaft nicht zurück auf Feld 1 setzen. Das heisst nicht, dass wir immer gleicher Meinung sein müssen. Aber die Schweizer Wirtschaft braucht eine gute Zusammenarbeit mit der EU auf einer sachlichen und vertraglichen Basis.»


«Es geht auch ohne verbalen Zweihänder»
In einer kontroversen Podiumsdiskussion prallten die Meinungen der Befürworter und Gegner aufeinander. Nationalrat Pirmin Schwander (SVP) zeigte sich schockiert: Da spreche man von Partnerschaft auf dem bilateralen Weg und verbreite gleichzeitig Schreckensszenarios. Man erkläre, dass der bilaterale Weg die einzige Option sei. FDP-Nationalrätin Christa Markwalder widersprach: «Wir haben sehr wohl die Wahl «Ja» oder «Nein» zu den bilateralen Verträgen zu sagen. Aber wir müssen uns der Konsequenzen unseres Handelns bewusst sein.»


Es gehe um Arbeitsplätze und um die wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes. Angesprochen wurde auch der Steuerstreit mit der EU. Die Äusserungen von Peer Steinbrück, Deutscher Finanzminister, nannte Schwander «eine Metapher der Gewalt». Zu beschwichtigen versuchte Botschafter Bucher: «Auf der Achse Brüssel-Bern ist die Zeit der rhetorischen Zweihänder vorbei. Wenn das aus einzelnen Mitgliedsländern anders tönt, sollte das bei uns keine Beachtung finden.» Delegationsleiter der EU für die Schweiz, Botschafter Michael Reiterer, fragte zum Abschluss etwas provokativ in die Runde: «Wenn die EU Interessenspolitik macht, sehen Sie es als Drohung an. Wenn die Schweiz gegenüber der EU Interessenspolitik macht, was ist das dann?»


«Probleme müssen gemeinsam angepackt werden»
«Die EU steht vor zahlreichen Herausforderungen: Die Bewältigung der anstehenden Finanzkrise, die Integration neuer Mitglieder aber auch Klimaveränderungen, die Energiefrage, Immigration, Überalterung der Gesellschaft sind die Herausforderungen, die uns alle die nächsten Jahre beschäftigen werden.» meinte Danuta Hübner, EU-Komissarin und zuständig für die Regionalpolitik. Sie sah darin aber auch Chancen: «Diese Herausforderungen sind eine Chance für Europa, neue innovative Technologien zu entwickeln.» Dazu werde aber eine starke Wirtschaft benötigt, die auch Handelsliberalisierungen einschliesse. Darin müsse die Schweiz, als zweitwichtigster Handelspartner der EU, eingebunden sein. Ein regionaler Rückzug sei keine Lösung.


Dank und Ausblick
Zum Abschluss des Abends dankte der Luzerner Stadtpräsident Urs W. Studer den über 1000 Interessierten für Ihre Teilnahme am öffentlichen Abend des Europa Forum Luzern. Er empfahl den Anwesenden die kommende Tagung zum Thema «Konfliktfeld Energie: Entwicklungen und Horizonte» vom 27. und 28. April 2009 bereits heute in der Agenda einzutragen. Auch diese Tagung verspreche einen interessanten Blick auf die aktuellen globalen und europäischen Herausforderungen im Bereich Energie. Dabei werde eine Standortbestimmung zur gegenwärtigen energiepolitischen Debatte und mögliche Lösungsansätze für die Schweiz aufgezeigt. (europa-forum/mc/ps)

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