Bruno Bettoni, CEO Allreal: «Wir wollen den Wohnliegenschaften-Anteil auf 30 Prozent ausbauen.»

Von André Schäppi


Moneycab: Herr Bettoni, Allreal vereinigt Liegenschaftsbewirtschaftung mit Generalunternehmertätigkeit, Projektentwicklung und Dienstleistungen. Bestehen keine Überlegungen, die eine oder andere Tätigkeit auszulagern um Risiken zu minimieren?


Bruno Bettoni: Nein, denn die Strategie, ein ertragsstabiles Liegenschaftenportfolio mit der Tätigkeit des Generalunternehmers zu kombinieren, hat sich seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1999 bestens bewährt. Mit unserem Geschäftsmodell können wir die ganze Wertschöpfungskette von Immobilien abdecken: von der Projektentwicklung über die Realisierung bis zur langfristig rentablen Immobilienanlage. Von den Synergien, die sich aus der Kombination der beiden Geschäftsfelder Immobilien und Generalunternehmung ergeben, profitieren sowohl unsere Auftraggeber als auch die Investoren. Beispiele dafür sind der Hauptsitz von DaimlerChrysler Schweiz in Schlieren und der Hauptsitz von IBM Schweiz in Zürich-Altstetten. Beide auf die Bedürfnisse der jeweiligen Nutzer zugeschnittenen Gebäude wurden von Allreal realisiert und anschliessend ins eigene Immobilienportfolio integriert.
Und dass wir etwas vom GU-Geschäft verstehen, beweisen wir seit mehr als 30 Jahren mit ausgesprochen guten Resultaten und einem ebensolchen Ruf.


Andersrum gefragt: Würden Sie vielleicht eher Ihre Aktivitäten mit einem neuen Standbein ausweiten?


Das müsste schon im Immobilien-Bereich liegen. Das einzige, was wir im Moment nicht machen, ist die eigentliche Liegenschaftsverwaltung. Diese haben wir extern vergeben, daher könnte es höchstens einmal die Überlegung geben, ob wir unsere Liegenschaften selber verwalten wollen. Aber zur Zeit steht das nicht zur Diskussion.


Der Lightcube in Opfikon könnte demnächst an Kraft Foods vermietet werden, vermutlich jedoch erst ab 2008. Allerdings muss der Umzug noch von der amerikanischen Konzern-Zentrale genehmigt werden. Welche Szenarios gibt es, falls die Vermietung nicht zustande käme?


Wir gehen davon aus, dass der Bezug des Ende 2006 fertig gestellten Bürogebäudes ? allenfalls in Etappen ? bereits im ersten Halbjahr 2007 erfolgen wird. Die Verhandlungen mit einem internationalen Konzern, der das gesamte Gebäude nutzen möchte, sind weit fortgeschritten und auf gutem Wege. Das Gebäude ist jedoch so konzipiert, dass auch eine Vermietung an verschiedene Mieter problemlos möglich wäre. Der Lightcube ist ein modernes, in jeder Hinsicht überzeugendes Bürogebäude an bester Lage mit einem ausgezeichneten Preis-Leistungsverhältnis. Deshalb sind wir bezüglich einer Vermietung, sei es nun an einen einzelnen grossen oder mehrere kleinere Mieter, nach wie vor optimistisch. Allgemein betrachtet ist es in der Tat so, dass eine Erst- oder Wiedervermietung von Büro- und Dienstleistungsflächen in der Regel nur mit grossem Aufwand möglich ist.


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Die 52?000 Quadratmeter grosse Nutzfläche des Escher-Wyss-Areals wird heute mehrheitlich industriell genutzt. Die Entwicklungsstrategie sieht die Weiterentwicklung unter Beibehaltung der industriellen Nutzung vor. Zusätzliche und neue Nutzungen sind frühestens 2007 möglich. Jetzt ist es erstaunlich still um das Projekt. Ist Sand im Getriebe?


Ganz im Gegenteil. Der Hauptmieter MAN TURBO AG Schweiz hat die laufenden Verträge bis 2013 verlängert, weitere Flächen zugemietet und ein Projekt für den Ausbau des Prüfstandes in Angriff genommen.
Darüber hinaus haben wir auf Basis der Ende 2005/Anfang 2006 definierten und überprüften Entwicklungsstrategie «Die Industrie soll bleiben» eine Testplanung mit vier Architekturbüros durchgeführt. Dies mit dem Ziel, die Grundlagen und Argumente für eine allfällige Anpassung des privaten Gestaltungsplanes zu erhalten. Die ausgesprochen interessanten Ergebnisse beurteilen wir nun in Zusammenarbeit mit der Stadt. Es ist durchaus möglich, dass wir bereits im nächsten Jahr eines oder mehrere Projekte in Angriff nehmen. Eigentlich sind wir sind sehr zufrieden, wie die Weiterentwicklung des innerstädtischen Industrieareals bisher verlaufen ist und blicken optimistisch in die Zukunft.


Sind Sie damit noch im Fahrplan?


Damit wären wir dem Fahrplan eigentlich voraus. Wir haben immer gesagt, 2008/09 könnten erste konkrete Projekte entstehen. Jetzt sehen wir, dass wir mit gewissen Investitionen an spezifischen Standorten bereits Möglichkeiten haben. Wenn also schneller etwas möglich ist, werden wir das auch machen.


Sind denn Einsprachen kein Thema für Sie?


Doch, das ist ein Thema und macht uns bisweilen schon Sorgen. Einerseits ist es das Verbandsbeschwerderecht, andererseits die einsprachen von Privaten. Aber beim Escher-Wyss-Areal sollte das kein Thema sein, da eigentlich alle Beteiligten profitieren können.


Allgemein zu Einsprachen. Was müsste aus Ihrer Sicht gemacht werden, damit die Situation verbessert wird?


Als wichtigstes Element wäre sicher eine Vereinfachung auf Bundesebene wünschenswert. Eine wesentliche Verbesserung der Situation könnte aber schon dadurch erreicht werden, dass die Einsprachefristen verkürzt würden. Durch schnellere Entscheide würde die Schweiz nämlich auch wieder attraktiver als Standort für internationale Konzerne.


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Ganz in der Nähe plant Ihr Mitbewerber Swiss Prime Site ein Hochhaus, beim Hauptbahnhof Zürich soll der Stadtraum HB entstehen: In Zürich entstehen in den nächsten Jahren viele neue Büros und das, obwohl der Leerbestand bereits heute hoch ist. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?


Wir betrachten es als sehr erfreulich, dass in der Stadt Zürich gleich mehrere attraktive und qualitativ hochstehende Projekte geplant sind. Obwohl der Leerstand über das gesamte Stadtgebiet bei rund 10 Prozent liegen dürfte, gibt es eine Nachfrage nach attraktiven Büroflächen. Unter Druck sind vor allem ältere Liegenschaften. Ausserdem ist es in der Regel so, dass ein Projekt erst realisiert wird, wenn es einen Schlüsselmieter gibt. Es ist also nicht davon auszugehen, dass die Investoren den Markt mit zusätzlichen Flächen überschwemmen.


Dann gibt es also eigentlich zwei Klassen von Büros: Solche, die schon älter sind und neue, die flexibler sind und auch mehr bieten. Könnte Allreal also durch ältere Büroliegenschaften ihr Portfolio bereichern, indem man diese übernimmt und modernisiert?


Das könnte man durchaus, aber das ist eine reine Preisfrage. Im Moment sind Immobilien generell gesucht und die Preise relativ hoch. Nicht zuletzt, weil viel «billiges» Geld auf dem Markt vorhanden ist.


Wie entwickeln sich die Mieterträge?


Obwohl ein gewisser Druck durchaus spürbar ist, sind die Mieten erfreulicherweise recht stabil geblieben. Einen negativen Einfluss auf die Mieterträge hat die Tatsache, dass der für eine Wiedervermietung notwendige Aufwand stetig zunimmt und mittlerweile mit 18 bis 24 Monaten gerechnet werden muss, bis ein neuer Mietvertrag abgeschlossen werden kann.


Expansion in andere Regionen: Wohin geht die Reise?


Wir prüfen ernsthaft, im Welschland grössere Liegenschaften zu erwerben. Aber wie schon gesagt, Liegenschaften sind rar und wir wollen Immobilien kaufen, die in unser Portfolio hineinpassen und eine gewisse Grösse haben.


Denken Sie, dass es Deutschschweizer im Welschland schwieriger haben?


Grundsätzlich nicht, denn ab einer gewissen Grössenordnung von Projekten spielt es keine Rolle, ob jemand aus Zürich oder aus London kommt. Da geht es um kommerzielle Kriterien.


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Die Leerstandsquote betrug Anfang September respektable 3,8% und lag damit weit unter dem Branchendurchschnitt von 9%. Was machen Sie besser als andere?


Allreal besitzt ein auf die wirtschaftlichen Zentren der Schweiz fokussiertes Liegenschaftenportfolio mit einem ausgewogenen Nutzungs- und Mietermix. Die Tatsache, dass unser Portfolio aus Geschäfts- und Wohnliegenschaften zusammengesetzt ist, trägt dazu bei, Marktschwankungen auszugleichen beziehungsweise abzuschwächen. Mit unseren Mietern stehen wir in ständigem oder regelmässigem Kontakt, damit wir frühzeitig auf allenfalls geänderte Bedürfnisse reagieren können. Aber trotz allem Engagement und aller Professionalität unserer Portfoliomanager: Schlussendlich gehört natürlich auch bei uns immer auch eine Portion Glück dazu, bestehende Mieter halten und neue dazu gewinnen zu können.


Wo liegt Ihre Leerstandsquote aktuell und welche Entwicklung erwarten Sie?


Per 30. Juni 2006 lag sie bei sehr erfreulich tiefen 3.7 Prozent. Wir rechnen bis Ende Jahr noch mit einem leichten Anstieg. Hauptgrund dafür ist ein Büro und Dienstleistungsgebäude in Urdorf, für das wir bislang noch keinen Nachmieter für den wegen einer Restrukturierung ausgezogenen Mieter finden konnten. Nächstes Jahr rechnen wir mit 5 bis 6 Prozent, hoffen aber, dass wir sie dann wieder runterbringen.


Wenn man die Allreal-Projekte anschaut, hat man den Eindruck, man bewege sich weg von Geschäftsliegenschaften und mehr hin zu Wohnliegenschaften. Trügt dieser Eindruck?


Aufgrund des vorhandenen Überangebotes auf dem Büroflächenmarkt werden momentan schwergewichtig Wohnliegenschaften gebaut. Da es sich bei rund 80 Prozent der von Allreal aktuell zu realisierenden Projekte um Drittaufträge handelt, spiegelt sich diese Situation natürlich auch in unserer Bautätigkeit.


Welches Verhältnis streben Sie mittelfristig an?


Der Anteil an Wohnliegenschaften in unserem Portfolio liegt aktuell bei rund 20 Prozent. Diesen Anteil möchten wir in den nächsten Jahren durch Zukäufe und/oder die Realisierung von Eigenprojekten kontinuierlich auf bis 30 Prozent ausbauen. Dies deshalb, weil unser Portfolio dank einem substanziellen Anteil an Wohnliegenschaften weniger anfällig ist auf die Schwankungen des Marktes.


Anfangs Jahr haben Sie mit einer operativen Marge im GU-Bereich von 42% brilliert. Damit liegt Allreal markant über dem Branchendurchschnitt. Können Sie da noch weiter zulegen und wie viel liegt da noch drin?


Wenn man sich auf diesem Niveau bewegt, ist ein weiteres Ausbauen nach oben natürlich schwierig. Wir strengen uns an, dieses Niveau zu halten, auch wenn das nicht ganz einfach ist. Denn die immer grössere Zahl von Anbietern führt dazu, dass Preise und Margen im GU-Geschäft zunehmend unter Druck kommen. Deshalb können wir eigentlich nicht damit rechnen, unsere ausgezeichnete operative Marge nochmals zu «toppen». Wir werden uns aber auch in Zukunft auf Projekte mit intakten Gewinnaussichten beschränken. Das abgewickelte Projektvolumen war für uns noch nie eine relevante Messgrösse und wird es auch zukünftig nicht sein.


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Erklärtes Ziel ist es, den Geschäftsbereich Generalunternehmung zu einem der drei grössten Anbieter der Schweiz zu machen und Marktführer im Grossraum Zürich zu sein. Wo stehen Sie mit diesen Plänen?


Als börsenkotiertes Unternehmen sind wir zu hoher Transparenz verpflichtet. Bei den meisten unserer Mitbewerber im GU-Geschäft ist dies nicht der Fall. Deshalb ist der Vergleich zwischen den verschiedenen Anbietern ausgesprochen schwierig. Gemäss Erhebung der Handelszeitung («Top 2006 ? Die grössten Unternehmen der Schweiz») ist Allreal mit einem Umsatz von CHF 568.7 Mio. im Jahr 2005 die drittgrösste Generalunternehmung der Schweiz. Die Marktführerschaft im Grossraum Zürich, wo wir den Grossteil unseres Umsatzes erwirtschaften, ist nicht eindeutig zu definieren. Bezüglich operativer Marge gehen wir jedoch davon aus, dass wir die Nummer Eins sind.


Ist der Zusammenschluss mit einem anderen Partner kein Thema?


Denkbar und möglich ist alles. Aber es müsste aus Sicht unseres Unternehmens Sinn machen. Nur Grösse würde keinen Sinn machen und Wachstum um des Wachstums willens ist für uns keine Option.





Zur Person
Bruno Bettoni, Jahrgang 49, hat eine Ausbildung als Hochbauzeichner und eine Zusatzlehre als Maurer absolviert. Danach arbeitete er als Bau- und Projektleiter bei verschiedenen Unternehmen. 1973 tritt er als Projektleiter in die Oerlikon-Bührle Immobilien AG ein, durchläuft verschiedene Positionen und absolviert diverse betriebswirtschaftliche Zusatzausbildungen. 1980 – 1995 ist er Mitglied der Geschäftsleitung und von 1995 – 1999 deren Geschäftsführer. Mit der Gründung der Allreal 1999 übernimmt er den Vorsitzend der Gruppenleitung. Bettoni ist Vizepräsident des Verbands Schweizer Generalunternehmer (VSGU).


Das Unternehmen
Das Immobilienunternehmen Allreal kombiniert ein ertragsstabiles Liegenschaftenportfolio mit Generalunternehmertätigkeit, Projektentwicklung und Dienstleistungen. Der Wert des Liegenschaftsportfolios beläuft sich auf CHF 1.8 Milliarden. Im Geschäftsjahr 2005 betrug das abgewickelte Projektvolumen CHF 470 Millionen. Das Unternehmen beschäftigt rund 240 Mitarbeitende. Allreal, mit Hauptsitz in Zürich, ist seit 2000 an der Börse kotiert und betreibt Filialen in Basel, Bern und St. Gallen.

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