Kevin Schmid, CEO Bakery Bakery, im Interview

von Patrick Gunti
Moneycab.com: Herr Schmid, Bakery Bakery ist die erste vegane Bäckerei der Schweiz. Sie starteten 2019 mit einem Pop-up in der Gelateria di Berna und haben heute bereits acht Standorte, plus zwei Self-Service-Standorte in Zusammenarbeit mit Rüedu. Wie unterscheidet sich das Angebot von dem anderer Bäckereien?
Kevin Schmid: Unser Angebot ist kompakter. Wir denken, dass wir unsere Kundschaft bei der Auswahl unterstützen müssen und deshalb kein zu grosses Sortiment anbieten sollten. Dies ermöglicht es uns zudem, uns besser auf die Qualität der Einzelprodukte zu fokussieren und auch einen funktionierenden Businesscase zu haben. Unser Angebot ist zu 100 % pflanzenbasiert. Das ist für uns selbstverständlich, für die meisten Kund:innen jedoch nicht der Grund, zu uns zu kommen.
Wie viele Ihrer Kundinnen und Kunden sind überhaupt Veganer?
In Prozenten kann ich dies nicht sagen, aber wir merken, dass es für die wenigsten der relevante Faktor ist. Die Qualität muss top sein, die Standorte gut und die Werte des Unternehmens müssen stimmen. Letzteres gewinnt bei jüngeren Generationen viel an Bedeutung, was sehr positiv ist. Der Grossteil unserer Kundschaft ernährt sich jedoch nicht bewusst vegan.
Mittlerweile sind Sie mit Bäckereien und Cafés in Bern, Zürich, Winterthur und Basel präsent. Weitere Filialen sollen dieses Jahr folgen. Wo wird dies der Fall sein?
Aktuell dürfen wir bereits verkünden, dass wir uns in Luzern in zwei Baubewilligungsverfahren befinden und somit in die Innerschweiz expandieren werden. Weitere Details sind noch geheim und in Planung.
«Aktuell dürfen wir bereits verkünden, dass wir uns in Luzern in zwei Baubewilligungsverfahren befinden und somit in die Innerschweiz expandieren werden. Weitere Details sind noch geheim und in Planung.»
Kevin Schmid, CEO Bakery Bakery
Nach welchen Kriterien gehen Sie bei der Standortwahl vor?
Es ist eine Mischung. Uns ist es wichtig, für unsere Kundschaft ein Dienstleister zu sein, der an 365 Tagen im Jahr an Quartierlocations zur Verfügung steht, wo sie am Wochenende mit ihren Familien oder Freund:innen brunchen können. Zudem suchen wir stets nach Hochfrequenzlagen, um den Menschen auf ihrem täglichen Arbeitsweg den verantwortungsvollen und leckeren Genuss einfacher und zugänglicher zu machen. Der Fokus bei den Standorten liegt aktuell auf grösseren Städten und urbanen Gebieten in der Deutschschweiz.
Ausser den Auslagen mit all den Köstlichkeiten erinnert in den Cafés nur wenig an eine traditionelle Bäckerei. Welche Bedeutung haben die Atmosphäre und das Design?
Ich glaube, unsere Kundschaft und Community schätzt die Einfachheit sowie unsere Einstellung, nicht um jeden Preis jede Ecke des Ladens vollzustopfen. Zudem sollen unsere Orte Treffpunkte für verschiedene Gesellschaftsgruppen sein, an denen sie sich wohlfühlen können.
Inwieweit lassen sich durch die Expansion hinsichtlich Personal, Infrastruktur und Einkauf Synergien nutzen?
Sehr stark. Das ist auch einer der Hauptgründe für unseren Expansionswunsch. Wir können nachhaltiger und kosteneffizienter einkaufen und transportieren. Zudem können wir durch eine gewisse Grösse und Synergien die Arbeitsabläufe für die Mitarbeitenden deutlich vereinfachen.
Sie haben zu Jahresbeginn den Geschäftssitz und die Produktion von Bakery Bakery und der Outlawz Food AG – ein Unternehmen, das auf der Basis von pflanzlichen Proteinen Fleischalternativen herstellt und das Sie ebenfalls mitgegründet haben – in einen Produktionshub für Startups in Zollikofen verlegt. Dessen Infrastruktur wird von der fenaco bereitgestellt. Können Sie uns das Konzept von «Sproudz» näherbringen?
Sproudz ist ein Startup-Hub, den ich gemeinsam mit der fenaco aufgebaut habe. Innerhalb des Konzerns ist Sproudz ein eigenständiges Unternehmen, das nachhaltige Startups mit Schweizer Rohstoffen fördert und ihnen mehr Wachstumsmöglichkeiten bietet. Sproudz fungiert sozusagen als Sprungbrett für Startups im pflanzenbasierten Markt.
Man kann es sich wie eine grosse WG vorstellen. Viele Plantbased-Startups sind dort untergebracht und teilen sich Räume wie Büro, Personalküche, Sitzungszimmer, Lager etc. Aber alle haben ihre eigene Produktionsfläche, die ihnen in einem bereits zu 60–80 % ausgebauten Stadium übergeben wird. Dadurch können mehr Synergien genutzt werden und viele Startups erhalten die Möglichkeit, einen professionellen Produktionsbetrieb zu etablieren. Diese Gelegenheit eröffnet sich sonst oft nur durch sehr große finanzielle Investitionen, was oft auch ein Grund für das Scheitern von Startups ist.
«Innerhalb des Konzerns ist Sproudz ein eigenständiges Unternehmen, das nachhaltige Startups mit Schweizer Rohstoffen fördert und ihnen mehr Wachstumsmöglichkeiten bietet.»
Welche Möglichkeiten bieten sich Bakery Bakery dadurch?
Aktuell profitieren wir davon, dass wir unser Lager und einen Teil der Produktion zentralisieren konnten. Nun nutzen wir in den Randzeiten die Lkws von Gourmador, die sonst in diesen Momenten stillstehen. So konnten wir unseren Filialen viel Aufwand im Bestellwesen abnehmen. Das macht vieles einfacher, günstiger und nachhaltiger. Durch die verschiedenen Lkws können wir aktuell herausfinden, welche Grösse für uns die richtige ist. So können wir in den nächsten Jahren unsere eigene Fahrzeugflotte aufbauen – am liebsten elektrisch betrieben.
Im vergangenen Jahr hat Bakery Bakery über ein Oominium-Crowdinvesting 1,4 Mio. Franken erhalten, nun folgt die zweite Kampagne. Wohin sollen die Mittel fliessen?
Die Kampagne des letzten Jahres war ein voller Erfolg. Nach wie vor ist Geld davon übrig. Wie bereits erwähnt, haben wir aber bereits wieder drei Läden in Planung und weitere werden folgen. Zudem haben wir alle Ziele der letzten Kampagne erreicht und seitdem zwei weitere Filialen eröffnet. Nun benötigen wir frisches Kapital, da wir richtig weiterwachsen wollen. Wir sind profitabel, auf Wachstumskurs und wollen nicht auf die Bremse treten. Im Gegenteil: Wir wollen mehr Standorte aufbauen und eine hochmoderne Produktionsstätte errichten.
«Wir sind profitabel, auf Wachstumskurs und wollen nicht auf die Bremse treten. Im Gegenteil: Wir wollen mehr Standorte aufbauen und eine hochmoderne Produktionsstätte errichten.»
Die 2. Runde läuft unter dem Titel «Genuss mit Gewissen». Das geht weit über das Vegane hinaus. Wie setzen Sie Nachhaltigkeit im ganzen Bakery Bakery-Konzept insgesamt um?
Unsere Vision lautet: «Verantwortungsvollen Konsum zugänglich machen» Unsere Grundwerte sind «e care and challenge» Das bedeutet, dass wir an jedem Punkt hinterfragen müssen, ob die Entwicklung zu unserem «Big Picture» passt. Wir wollen nicht einfach «die vegane Bäckerei» sein. Wir wollen «die Bäckerei» sein! Unsere Produkte sollen bekömmlicher, nachhaltiger und leckerer werden. Wir wollen eine Bäckerei für die nächsten 50 Jahre aufbauen und nicht in die Fussstapfen der «aussterbenden Bäckereien» treten. Viele Bäckereien und Cafés haben vieles richtig gemacht. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, aber wir müssen es vielleicht mal umdrehen und an die Gegebenheiten von heute und morgen anpassen.