SGKB investment views: Powell im Blindflug

Einen Tag vor der Nationalbank wird am Mittwoch die Fed ihren Zinsentscheid fällen. Während die Unsicherheit über den Entscheid der SNB gross ist, hält sich diese bei der Fed in engen Grenzen.
von Thomas Stucki, CIO St.Galler Kantonalbank
Obwohl Donald Trump lautstark eine Zinssenkung fordert, wird die Fed ihm diesen Gefallen nicht tun. Alles andere als ein Beibehalten des Zinsbandes zwischen 4.25% und 4.50% wäre eine grosse Überraschung. Dieser Entscheid hat nichts mit einem Machtkampf zwischen dem Fed-Präsidenten Jerome Powell und Trump zu tun. Die Fed navigiert momentan im Blindflug, welche Auswirkungen die Wirtschaftspolitik der Regierung auf die Inflation und auf die Konjunktur haben. Da ist es ein vernünftiges Vorgehen, die weitere Entwicklung abzuwarten.
Dass die die Zölle auf Importgütern zumindest zum Teil über höhere Preise an die Konsumenten weitergeben werden und die Inflationsrate nach oben treiben, ist unter Ökonomen unbestritten. Bisher zeigt sich davon in den harten Daten aber noch nichts. Die Kerninflation liegt bei 2.8% und damit einiges tiefer als Anfang Jahr. Das ist nicht weiter überraschend. Bis sich die Zölle durch die Produktionskette gefressen haben, dauert es seine Zeit. Die Produzentenpreise sind im Mai mit 2.6% zwar höher ausgefallen als im Vormonat, ein Trend nach oben ist jedoch nicht erkennbar. Welche Zölle für welche Produkte aktuell gelten, ist sehr unübersichtlich. Zudem stellt sich die Frage, ob die Zollbehörden operationell überhaupt in der Lage sind, die sich stets ändernden Zölle zu berechnen und einzuziehen. Einzig bei der Konsumentenumfrage der University of Michigan zeigen sich die höheren Inflationserwartungen. Die Amerikaner erwarten, dass die Preise in den nächsten 12 Monaten um 5.1% steigen. Im Vergleich zu den 6.6% des Vormonats sind sie aber wieder entspannter.
Widerstandsfähige Wirtschaft
Die Konjunktur zeigt sich bisher auch widerstandsfähig. Der Rückgang des BIP im ersten Quartal um annualisierte 0.2% hat vor allem mit den im Februar und März vorgezogenen Importen zu tun. Im zweiten Quartal haben sich die Importe wieder normalisiert, was die BIP-Rechnung für das zweite Quartal positiv beeinflussen wird. Die Arbeitslosenrate ist mit 4.2% nahe ihrem Tiefstwert und die Wirtschaft produziert immer noch jedem Monat über Hunderttausend neue Stellen. Langsam zeigen sich jedoch Anzeichen, dass die Unsicherheit die Konjunktur belastet. Die Zahl der Neuanträge für Arbeitslosengelder steigt an, wenn auch auf einem tiefen Niveau. Der Einkaufsmanagerindex im wichtigen Dienstleistungssektor sinkt, vor allem der Unterindex mit den Neuaufträgen. Die Preise für Flugtickets und Hotelübernachtungen werden billiger. Die Amerikaner halten sich offensichtlich mit nicht unbedingt nötigen Ausgaben zurück.
Zinsen in den USA sind hoch
Die Zinsen in den USA befinden sich über dem konjunkturneutralen Niveau. Die FOMC-Mitglieder gingen im März in ihrer eigenen Projektion davon aus, dass sie das Zinsniveau in diesem Jahr um 0.50% senken werden. Die Fed hat zudem einen expliziten Auftrag, neben der Kontrolle der Inflation auch einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Die Zölle werden sich in den nächsten Monaten zunehmend in den Inflationsdaten bemerkbar machen. Einen markanten Anstieg wie 2021 erwarte ich aber nicht, da es bei einer Abschwächung der Wirtschaft schwieriger wird, die die Zollkosten über höhere Preise weiterzugeben. Die Fed wird noch etwas zuwarten. Wenn sie zum Schluss kommt, dass die Inflationsgefahr nicht zu gross ist, wird sie die Zinsen rasch nach unten nehmen. Ich erwarte deshalb ab dem Herbst noch drei Zinssenkungen in diesem Jahr. (SGKB/mc/pg)