Staatsanwalt darf Material von Inside Paradeplatz nicht auswerten

Zürich – Das Zürcher Zwangsmassnahmengericht hat der Staatsanwaltschaft die Auswertung des beim Onlineportal Inside Paradeplatz beschlagnahmten Materials untersagt. Es bestehe kein «nur ansatzweise ausreichender Tatverdacht» für eine Verletzung des Bankgeheimnisses in der Strafsache Pierin Vincenz.
Die Staatsanwaltschaft hatte im Juni in den Redaktionsräumen von Inside Paradeplatz (IP) und im Privatdomizil von Betreiber Lukas Hässig eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Dabei stellte sie Computer, Telefon, Dokumente und Notizen sicher. Hässig liess alles siegeln.
Wie die Finanzplattform am Montag mitteilte, stützte das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Zürich am 2. Juli die Siegelung. IP veröffentlichte den entsprechenden Ausschnitt aus dem Urteil als Bild. Das Urteil verhindert, dass die Staatsanwaltschaft die beschlagnahmten Materialien für die laufende Strafuntersuchung gegen Hässig nutzen kann.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft veranlasste die Hausdurchsuchung und die Ermittlung gegen die Plattform aufgrund eines Urteils des Obergerichts. Dieses hatte Beat Stocker, dem Mitangeklagten des ehemaligen Raiffeisen-Chefs Vincenz, recht gegeben. Stocker hatte eine Verletzung seiner Privatrechte durch IP geltend gemacht.
IP brachte den Stein ins Rollen
Auf Inside Paradeplatz war 2016 ein Beitrag erschienen, wonach Vincenz im Sommer 2015 eine Überweisung von 2,9 Millionen Franken empfangen habe.
Darin stellte Hässig einen möglichen Zusammenhang mit der kurz davor erfolgten Akquisition der KMU-Finanzierungsfirma Investnet durch Raiffeisen her. Dieser Blogbeitrag sowie weitere Recherchen des Journalisten sollen Auslöser von bankinternen Untersuchungen sein, die schliesslich auch dazu führten, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht aktiv wurde.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte Vincenz im April 2022 wegen Betrugs, mehrfacher qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung und wegen mehrfacher passiver Bestechung. Er erhielt eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 9 Monate. Stocker kassierte eine Freiheitsstrafe von vier Jahren.
Ursprünglich hob das Obergericht das Urteil auf und wollte den Berufungsprozess nicht durchführen – unter anderem, weil die Anklageschrift viel zu lang und zu detailliert sei. Das Bundesgericht entschied aber, dass das Obergericht den Prozess durchführen müsse. Er ist auf Sommer 2026 angesetzt. (awp/mc/pg)