Europa-Schluss: Frankreichs Schulden drücken auf die Kurse

Paris / London / Zürich – Sorgen über die hohe Staatsverschuldung Frankreichs haben die europäischen Aktienmärkte am Dienstag belastet. Die Verzinsung französischer Staatsanleihen mit 30 Jahren Laufzeit stieg auf den höchsten Stand seit 2009. Investoren fordern also immer höhere Risikoprämien beim Kauf der Anleihen des Landes. Steigende Kapitalmarktzinsen sind tendenziell belastend für die Anlageklasse Aktien.
Der Eurozone-Leitindex EuroStoxx 50 fiel angesichts der fiskalischen Risiken der zweitgrössten Volkswirtschaft der Eurozone um 1,42 Prozent auf 5.291,04 Punkte. Das Börsenbarometer fiel auf den niedrigsten Stand seit fast vier Wochen.
«Die Verschuldung des französischen Staates bereitet den Finanzmärkten zunehmend Sorgen», schrieb Andrzej Szczepaniak vom Finanzkonzern Nomura. Nach der Ankündigung des französischen Premierministers Francois Bayrou, im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen, sei es zu einem Ausverkauf bei französischen Staatsanleihen gekommen. Vorgezogene Neuwahlen oder ein – allerdings unwahrscheinlicher – Rücktritt Präsident Macrons könnten den Anstieg der Risikoprämien noch befeuern, warnte der Ökonom.
Ausserhalb der Eurozone verlor der Schweizer SMI 0,72 Prozent auf 12.088,36 Punkte. Der britische FTSE 100 fiel um 0,87 Prozent auf 9.116,69 Zähler.
Im marktbreiten Stoxx Europe 600 gab es am Dienstag nur Verlierer. Am heftigsten erwischte es Reise- und Freizeit-, Immobilien- und Technologietitel.
Nervös reagierten die Anleger an der Börse von Istanbul auf die Entscheidung eines türkischen Gerichts. Dieses setzte die Parteispitze der grössten Oppositionspartei CHP in Istanbul ab. Der Leitindex BIST 100 sackte daraufhin um 3,6 Prozent ab.
Unter den Einzelwerten verloren die Aktien der Banca Monte dei Paschi 3 Prozent. Die einstige Krisenbank stockte ihr Kaufangebot für die Investmentbank Mediobanca mit einer Barkomponente auf. Deren Papiere verloren knapp 3 Prozent.
Etwas Ungemach bereitete ein Wechsel an der Konzernspitze von Nestlé dem Aktienkurs. Dieser verlor 0,7 Prozent. Der Nahrungsmittelriese bekommt überraschend schon wieder einen neuen Chef. Laurent Freixe wurde mit sofortiger Wirkung abgesetzt – nach lediglich rund einem Jahr im Amt. Der Manager soll eine Liebesbeziehung mit einer ihm direkt unterstellten Mitarbeiterin verheimlicht haben. Nachfolger wird der bisherige Nespresso-Chef Philipp Navratil.
An der Pariser Börse gewannen Kering 3,8 Prozent und LVMH 1,9 Prozent. Die Investmentbank HSBC riet für die Aktien der beiden Luxusgüterhersteller zum Kauf. (awp/mc/ps)