Nach US-Zollschock könnten tausende Schweizer Jobs verloren gehen

Nach US-Zollschock könnten tausende Schweizer Jobs verloren gehen
(Adobe Stock)

Zürich – Die Aussichten für die Schweizer Wirtschaft haben sich markant verschlechtert. Hauptgrund ist laut der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) der US-Zollschock von Anfang August. Auf dem Arbeitsmarkt könnten demnach langfristig zwischen 7500 und 15’000 Stellen verloren gehen.

Die KOF korrigierte zudem am Mittwoch ihre Wachstumsprognose fürs nächste Jahr deutlich nach unten. Und zwar um gegen fünf Milliarden Franken, wie KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm der Nachrichtenagentur AWP anlässlich einer Medienkonferenz in Zürich am Mittwoch sagte.

Gemäss Herbstprognose dürfte das Bruttoinlandprodukt (BIP) 2026 nur noch um 0,9 Prozent wachsen. Im Sommer hatte man noch mit 1,5 Prozent gerechnet. Für 2025 bleibt die Prognose bei 1,4 Prozent, 2027 sollen es wieder 1,6 Prozent werden. Dann könnten Schweizer Firmen von Konjunkturprogrammen etwa in Deutschland profitieren.

Nachteil gegenüber EU
Die KOF führte die Verschlechterung auf die hohen US-Zölle für Schweizer Exportgüter zurück. Während Waren aus der EU mit 15 Prozent belegt seien, lägen die Abgaben für Schweizer Firmen bei 39 Prozent. Dies habe die Wettbewerbsbedingungen verschlechtert und die Investitionsbereitschaft gebremst.

«Es leidet vor allem die Industrie», sagte Sturm. Teile hätten ohnehin schon seit zwei Jahren eine Schrumpfung hinter sich. Besonders betroffen seien Uhrenindustrie, Präzisionsinstrumente und Maschinenbau.

Viele Firmen ohne Marktmacht müssten Exporte in die USA stark einschränken oder ganz einstellen. Damit verbunden seien mögliche Marktaustritte und Störungen internationaler Lieferketten.

Sturm verwies auf die Unsicherheit der Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump. Diese führe wohl dazu, dass Unternehmen Investitionen zurückhielten oder die Produktion ins Ausland verlagerten.

Pharmabranche im Fokus
Eine Schlüsselrolle spielt die Pharmaindustrie, welche die Schweizer Wirtschaft zuletzt stabilisierte. Die KOF nahm für ihre Prognose an, dass Medikamente zollfrei bleiben, die Preise in den USA aber um 10 Prozent gesenkt werden müssen.

Sollten künftig auch Pharmaprodukte mit Zöllen belegt werden, könnten die Folgen erheblich sein. «Wenn es ganz schlimm kommt, ist auch eine Rezession nicht mehr auszuschliessen», sagte Sturm. 60 Prozent der Schweizer Chemie- und Pharmaexporte gehen in die USA.

Die Exportaussichten trübten sich laut KOF deutlich ein. Zwar hätten Firmen teils vorgezogen geliefert, doch im zweiten Halbjahr 2025 werde der Export stark zurückgehen. Für 2026 und 2027 erwartete die KOF nur noch Zuwächse von 2,1 beziehungsweise 2,5 Prozent.

Arbeitsmarkt unter Druck
Die Binnenkonjunktur kann den Rückgang nicht auffangen. Konsum und Investitionen leiden unter dem Zollschock und schwächeren damit Jobperspektiven. Private Ausgaben dürften 2025 und 2026 nur noch um 1,4 Prozent steigen. Auch die Ausrüstungsinvestitionen stagnierten, für 2026 erwartet die KOF hier kaum Zuwachs.

Am Arbeitsmarkt zeigte sich in den letzten Monaten bereits eine leichte Rezession. Industriebetriebe bauten Stellen ab. 2025 soll die Beschäftigung nur um 0,3 Prozent steigen – das geringste Plus seit Beginn der Pandemie im Jahr 2020.

Für 2026 stellte die KOF zwar eine Erholung in Aussicht, doch blieb das Wachstum mit 0,5 Prozent schwach. Die Arbeitslosenquote dürfte bis dahin auf 3,2 Prozent nach Seco-Definition steigen.

Bei den Löhnen rechnete die KOF trotz schwachem Markt mit leichten Reallohnsteigerungen, da die Inflation sehr tief bleibe. Erwartet werden 0,2 Prozent Teuerung in 2025, 0,5 Prozent 2026 und 0,6 Prozent 2027. Damit dürfte die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihren Leitzins von 0 Prozent über den gesamten Prognosezeitraum beibehalten, so die KOF. (awp/mc/pg)

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