Brexit-Deal vor Gipfel noch nicht in trockenen Tüchern

Brexit-Deal vor Gipfel noch nicht in trockenen Tüchern
Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez.

Brüssel – Vor dem Brexit-Gipfel haben Unterhändler am Freitag versucht, die letzten Hürden vor der Zustimmung der EU-Staats- und Regierungschefs zum Vertragspaket mit Grossbritannien auszuräumen. Grösster Stolperstein blieb der Widerstand Spaniens, das wegen offener Fragen zu Gibraltar mit einem Veto droht. Es werde mit Hochdruck nach Lösungen gesucht, sagten Diplomaten in Brüssel. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker war nach Angaben eines Sprechers in ständigem Kontakt mit dem spanischen Regierungschef Pedro Sanchez.

Beim Sondergipfel am Sonntag könnte die britische Premierministerin Theresa May den Vertrag über den britischen EU-Austritt im März 2019 und eine Absichtserklärung über eine künftige Wirtschafts- und Sicherheitspartnerschaft besiegeln. Das seit mehr als eineinhalb Jahren währende Ringen zwischen London und Brüssel wäre damit endlich abgeschlossen. Doch wartet danach die wohl grösste Hürde für den Pakt: Im britischen Parlament ist keine Mehrheit dafür in Sicht.

Spanien droht wegen Gibraltar mit Veto
Am Freitag ging es aber zunächst darum, überhaupt die Gipfel-Einigung zustande zu bekommen und den Streit über die Gibraltar-Frage beizulegen. Denn die spanische Regierung beharrte auch am Freitag auf ihren Vorbehalten – trotz einiger bilateraler Absprachen mit Gibraltar für den Fall eines geregelten Brexits.

Ministerpräsident Pedro Sánchez hatte bereits am Donnerstagabend auf Twitter geschrieben: «Nach meinem Gespräch mit (der britischen Premierministerin) Theresa May liegen unsere Positionen weiter weit auseinander. Meine Regierung wird immer die Interessen Spaniens verteidigen. Wenn es keine Änderungen gibt, werden wir gegen den Brexit Veto einlegen.»

Verschiedene Lösungsansätze
Die Regierung in Madrid hatte Änderungen am Entwurf für den Austrittsvertrag mit Grossbritannien verlangt, weil sie Festlegungen über den künftigen Status von Gibraltar fürchtet. Das Gebiet am Südzipfel der Iberischen Halbinsel steht seit 1713 unter britischer Souveränität, wird aber von Spanien beansprucht. Andere Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, wollen Nachverhandlungen über den Brexit-Deal unbedingt vermeiden, damit nicht noch weitere Punkte des knapp 600 Seiten starken Vertragswerks infrage gestellt werden.

Der spanische Widerstand könnte eine Verabschiedung beim EU-Sondergipfel am Sonntag gefährden. Es gibt aber nach Angaben von Diplomaten verschiedene Lösungsansätze, wie etwa Zusatzerklärungen. Es wurde darauf verwiesen, dass May für Samstagabend ein weiteres Treffen mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker angekündigt hat – also nur wenige Stunden vor Beginn des Sondergipfels.

Zugang zu Fischgründen umstritten, aber kein echtes Hindernis
Am Freitag prüften Regierungsvertreter der 27 bleibenden EU-Staaten den Text der politischen Erklärung zur künftigen Wirtschafts- und Sicherheitspartnerschaft mit Grossbritannien, der erst am Donnerstag fertig geworden war. Die EU-Botschafter der 27 Staaten hatten aber nach Angaben von Diplomaten schon weitgehende Zustimmung signalisiert. Vorbehalte Frankreichs und anderer Länder wegen des Zugangs zu Fischgründen vor den britischen Küsten gebe es zwar weiter, sie würden aber nicht mehr als echtes Hindernis angesehen.

Derzeit keine Mehrheit im britischen Parlament
Wegen Mays innenpolitischer Schwierigkeiten – Widerstand gegen den Brexit-Deal gibt es nicht nur von der Opposition, sondern auch in der eigenen konservativen Partei und vom parlamentarischen Partner DUP – wäre auch bei einer Billigung am Sonntag ein Scheitern nicht ausgeschlossen. Der weitere Weg bis zum Brexit-Tag am 29. März 2019 wäre dann völlig ungewiss. (awp/mc/pg)

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