Coface: Schweizer KMU – Strategien als Antwort auf US-Zollpolitik

Coface: Schweizer KMU – Strategien als Antwort auf US-Zollpolitik
Vom Zollhammer betroffene Unternehmen sind gut beraten, sich nicht übereilt aus dem US-Markt zurückzuziehen, sondern ihr Geschäft unter Abwägung der Chancen und Risiken sorgfältig zu prüfen. (Foto: Mik Shuliahin on Unsplash)

Es ist der vorläufige Höhepunkt in einer Reihe von Schocks: Die US-Regierung hat angekündigt, dass ab dem 1. Oktober auf Marken- und patentierte Arzneimittel 100 % Zölle erhoben werden, es sei denn, der Hersteller baut aktiv eine Produktionsanlage in den USA. Wie können Schweizer KMU grundsätzlich dieser neuen Realität begegnen?

Verlierer auf breiter Front
Die US-Regierung sieht Zölle als Instrument, um die Importkosten zu erhöhen und Unternehmen Anreize für die Rückverlagerung ihrer Produktion zu bieten. Erklärtes Ziel ist es, die heimische Produktion zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen und sowohl das Handelsdefizit als auch die Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten zu verringern. Doch werden die Konsequenzen der Zollpolitik nicht einseitig geschultert werden: Die teils massiv erhöhten Einfuhrzölle würden entweder vorwärts an ausländische Export-Unternehmen weitergegeben oder rückwärts an andere Hersteller, Gross- und Detailhändler und damit letztlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher. Oder sie werden in der Mitte in den Margen absorbiert.

Zölle als Inflationstreiber
Die Zollmassnahmen haben auch weitreichende Auswirkungen auf Preise: Nach Ansicht von Coface stellen die nach der Einführung der Zölle deutlich gestiegenen Preise für einige Warengruppen die Spitze des Inflationseisbergs dar: Audiogeräte +16,3 Prozent seit März, Bettwäsche +6,8 Prozent, Grossgeräte +5,3 Prozent, Film- und Fotozubehör +5 Prozent, Fahrräder +4,5 Prozent, Spielzeug +3,7 Prozent und Fahrzeugersatzteile +3 Prozent. Bei Stahl um Aluminium, die die bisher höchsten Zollsätze von +30 Prozent seit Februar verzeichnen, zeigt sich den Angaben zufolge eine Übertragung sowohl nachgelagert auf andere Industrien der USA als auch vorgelagert auf ausländische Export-Unternehmen. Unter diesen seien kanadische und chinesische Exporteure am meisten besorgt.

Schweizer Unternehmen unterschiedlich stark betroffen
Die Zollpolitik trifft aber gerade auch Schweizer Unternehmen – wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmass. Während die Pharmariesen wie Roche und Novartis mit ihrem, oft von langer Hand geplanten Ausbau ihrer Produktionskapazitäten glimpflich davon kommen sollten, treffen die Zölle kleinere Unternehmen in der Branche mit starker Abhängigkeit von US-Exporten, die ihre Produktionsstandorte nicht ohne Weiteres verlagern oder neue Investitionen ankündigen können, wesentlich härter. Ein KMU, dass ein einzigartiges Medikament herstellt, kann die Zölle eher auf die US-Kunden abwälzen. Können die Importeure jedoch vergleichbare Produkte anderswo mit 15 Prozent Zoll bestellen, hat das Schweizer Pharmaunternehmen ein Problem. Mit einer ähnlichen Situation sehen sich bereits die Schweizer Maschinenbauer oder die Uhrenindustrie konfrontiert: Auf ihre Produkte wird in den USA ein Zoll von 39 Prozent erhoben, während für die EU 15 Prozent gelten.

US-Geschäft auf dem Prüfstand
Vom Zollhammer betroffene Unternehmen sind gut beraten, sich nicht übereilt aus dem US-Markt zurückzuziehen, sondern ihr Geschäft unter Abwägung der Chancen und Risiken sorgfältig zu prüfen. Es gilt zu analysieren, welche Produkte besonders stark von US-Zöllen betroffen sind und welche alternativen Anwendungs- und Kundensegmente bestehen. Neben der Prüfung von Kosten- und Preisstrukturen – von Material- und Fertigungs- bis hin zu Versandkosten – sollte auch ein Fokus auf die Identifikation von Preis- und Margenkompensation sowie Produkt- und Prozessinnovation gelegt werden. So könnte eine Kostenreduktion durch Prozessoptimierung, alternative Rohmaterialien, modulare Produktdesigns oder veränderte Verpackung gelegt werden. Ein besonderes Augenmerk gilt auch der Neuausrichtung der Wertschöpfungskette sowie der Anpassung von Lieferketten, der Diversifikation der Lieferanten sowie in den Bereichen Nearshoring/Reshoring. Zudem sollte eine offene Kommunikation mit Kunden über Anpassungen und Entwicklung gemeinsamer Lösungen, beispielsweise über Bundling oder Cross-Selling geführt werden. Nicht zu unterschätzen sind der Wert von Schweizer Qualität und die Loyalität zufriedener Kunden.

Strategieoptionen für KMU
Für die Kompensation von Umsatzeinbussen im US-Markt scheint der Ausbau des Geschäfts im Heimmarkt angesichts der Vertrautheit mit den Gegebenheiten und überschaubaren Risiken die naheliegendste Option zu sein. Der hartumkämpfte Schweizer Markt bietet jedoch meist nur bedingt Wachstumschancen, was den Ausbau von des Geschäfts in bestehenden Auslandsmärkten oder die Expansion in Märkte mit vielversprechenden Wachstumspotenzialen an, allen voran China, Indien oder Brasilien nahelegt. Ein solcher Schritt will aber sorgfältig geplant sein.

Neue Märkte, neue Chancen – und Risiken
Unabdingbar ist eine Markt- und Partnerstrategie, die neben Marktpotenzialen und -analysen die Beurteilung von Faktoren wie Regulierung, Preisniveau oder IP-Schutz beinhaltet. Nach dem Motto „All business is local“ liegt im Finden der richten lokalen Partner – von Distributoren bis hin zu Joint Venture- und Forschungspartner – der Schlüssel für nachhaltigen Erfolg. Eine Mehrpartner-Strategie ermöglicht hier ein „De-Risking“. Dabei gilt es die lokale Compliance hinsichtlich Zertifizierungen, Antikorruptionsgesetzen und Vorschriften sicherzustellen. Bei der Anpassung der Produkte an die neuen Märkte müssen lokale Anforderungen wie Zulassungsverfahren berücksichtigt werden. Weitere zentrale Handlungsfelder liegen in den Bereichen Preis- oder Rabattstrategie pro Markt. Der Aufbau eines lokalen professionellen Sales-Teams ist A und O für das Marktwachstum. Last but not least gilt es aus Finanzierungssicht zu prüfen, ob Förderprogramme, Zuschüsse oder Innovationsförderprogramme das Marktengagement begünstigen können.

Management von Risiken als höchste Priorität
So verlockend eine Marktpräsenz in Ländern wie Indien oder China auch sein mag, so zentral ist die Minderung von politischen Risiken beispielsweise durch Exportkreditgarantien oder Versicherungen oder Rechts- und IP-Risiken und dem Schutz von Know-how. Ein besonderes Augenmerk sollte auch auf Lieferkettenrisiken gelegt werden. Hier empfiehlt sich ein Business Continuity Plan, der Massnahmen und Strategien festlegt, um kritische Geschäftsprozesse und die Lieferkette des Unternehmens während und nach unerwarteten Störungen oder Katastrophen aufrechtzuerhalten, Ausfallzeiten zu minimieren und die operative Widerstandsfähigkeit zu gewährleisten. Frühwarnsysteme, eine professionelle Markt- und Zollüberwachung sowie regelmässige Szenario-Analysen sind zentrale Elemente der präventiven Risikobearbeitung. Nicht zuletzt sollten Risiken in Verbindung mit Korruption, Betrug oder unzuverlässige Geschäftspartner in die Betrachtung einbezogen werden.

Auf vertraute Partner setzen
Gerade beim Betreten von Neuland sollte man auf den Schulterschluss mit bewährten Partnerorganisationen wie Handels- und Wirtschaftskammern oder Swiss Global Enterprise, dem offiziellen Kompetenzzentrum der Schweizer Aussenwirtschaftsförderung, setzen. Sie bieten wertvolle Dienstleistungen, Informationen und Kontakte vor Ort. Spezialisten wie Coface bieten umfassende Lösungen zur Absicherung der Geschäfte, die sich von Wirtschaftsauskünften über eine Warenkreditversicherung, der Absicherung von Projektgeschäften bis hin zu Inkasso-Dienstleistungen erstrecken. Nach dem Motto „Daten sind das Gold des 21. Jahrhunderts“ bietet Coface mit Dienstleistungen im Bereich Business Information und Intelligence wertvolle Geschäftsinformationen als Entscheidungsgrundlage. (Coface/mc/ps)

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