Europäer und Kanada klagen vor WTO gegen US-Zollentscheidung

Europäer und Kanada klagen vor WTO gegen US-Zollentscheidung
Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire.

Whistler – Die US-Regierung hat sich mit ihrer Zollentscheidung bei Stahl und Aluminium zulasten wichtiger Partnerländer in der G7-Gruppe der grossen Industrieländer völlig isoliert. Die Europäische Union und Kanada kündigten als Reaktion am Freitag Klagen vor der Welthandelsorganisation (WTO) gegen die USA an.

Japan behält sich das noch vor. Einhellig verurteilten die Partnerländer der USA bei einer G7-Finanzministerkonferenz im kanadischen Whistler die amerikanische Entscheidung als rechtswidrig und nicht hinnehmbar. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz sprach davon, dass gerade die Europäer seinem US-Kollegen Steven Mnuchin diese Kritik «mit grosser Deutlichkeit» erläutert hätten. Scholz äusserte den Eindruck, dass das von Mnuchin immerhin verstanden worden sei.

US-Finanzminister Mnuchin schaffte es nicht, die verärgerten Partner mit seinen Argumenten zu überzeugen. Sein Kollege habe sich schwer getan, die Entscheidung zu begründen, sagte Japans Finanzminister Taro Aso. Mnuchin habe seine G7-Kollegen vielmehr aufgefordert, sich direkt an US-Präsident Donald Trump mit ihren Klagen zu wenden. «Ehrlich gesagt, er hat mir leidgetan», sagte Aso über Mnuchin. «Das passiert nicht so oft bei G7-Treffen – aber es gab eine Situation, in der die USA allein gegen alle anderen standen.»

«Nicht akzeptabel»
Bundesfinanzminister Scholz nannte die Zollentscheidung der US-Seite «nicht akzeptabel». Sie sei rechtswidrig und verstosse gegen internationale Regeln im Handel. «Das ist, glaube ich, mit grosser Klarheit von allen gesagt worden, und ich habe sogar den Eindruck, auch verstanden worden», sagte Scholz mit Blick auf Mnuchin. «Insofern ist das dann auch eine Grundlage, um irgendwann zu verbesserten Ergebnissen zu kommen», sagte er. Von irgendeinem Entgegenkommen oder einem Signal der Amerikaner an die Partner berichtete er aber nicht.

Zu den heftigsten Kritikern der USA gehörten Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire und dessen kanadischer Kollege, der Konferenz-Gastgeber Bill Morneau. Auch der britische Minister Philip Hammond äusserten sich verärgert. Morneau sprach von einem «absurden Vorgang», wenn die USA von Gründen der nationalen Sicherheit sprächen, die ihre Entscheidung bestimmt hätten. Diese amerikanische Begründung ist denn auch der Ansatzpunkt der Kanadier für die Klage vor der WTO.

Warnung vor Handelskrieg
Le Maire nannte die US-Entscheidung auch wirtschaftlich gefährlich. Nach Angaben von Teilnehmern soll er explizit vor einem Handelskrieg gewarnt haben. Hammond äusserte sich enttäuscht, sprach aber auch von der Hoffnung, dass die Diskussionen der Finanzminister helfen könnten, beim G7-Gipfel in einer Woche auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs zu Fortschritten zu kommen.

Ein indirekter Effekt der von den USA frisch verhängten Einfuhrzölle könnte nach Auffassung eines hohen EU-Vertreters sein, dass es China nun leichter werden könnte, Kritik an seiner eigenen Handelspolitik zurückzuweisen. Denn schliesslich scherten sich auch die USA nicht mehr um die Regeln der WTO.

Kritik an Iran-Politik
Zur Sprache kam in der G7 auch ein zweites grosses Konfliktthema zwischen den Europäern und den USA: die Iran-Politik. Die Minister der drei grossen europäischen Länder – Grossbritannien, Frankreich und Deutschland – wollten sich mit ihrem US-Kollegen in einer separaten Runde treffen.

Die Europäer kritisieren, dass US-Trump aus dem Iran-Nuklearabkommen ausgestiegen ist und neue Sanktionen gegen das Land verfügte. Davon sollen auch Firmen aus Drittländern betroffen sein, die mit dem Iran Geschäfte machen. Die Europäer wollen das nicht akzeptieren und halten im Gegensatz zu Trump an der Nuklearvereinbarung fest. Le Maire kündigte an, er wolle Mnuchin drängen, Ausnahmen für bestimmte französische Firmen zuzulassen, so dass diese ihre Geschäfte mit dem Iran ohne Strafandrohung weiterführen können. (awp/mc/ps)

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