Greenpeace: Gefängnisstrafe für friedlichen Protest?

Greenpeace: Gefängnisstrafe für friedlichen Protest?

Die angeklagten Greenpeace-Aktivisten vor dem Gerichtsgebäude in Kopenhagen.

Kopenhagen – Am Montag standen 11 Umweltaktivisten vor dem Kopenhagener Gericht – darunter auch zwei Schweizer Greenpeace-Aktivisten. Im Dezember 2009 protestierten sie im königlichen dänischen Palast friedlich gegen das kurz bevorstehende Scheitern der Klimakonferenz (COP 15). Sie betonten ihre Unschuld, müssen jedoch mit Haftstrafen von mehreren Monaten bis zu zwei Jahren rechnen. Am Schluss des heutigen ersten Gerichtstages gab es noch keinen Antrag zum geforderten Strafmass.

Rückblende: 17. Dezember 2009, der Abend des festlichen königlichen Dinners für die Staatsgäste aus aller Welt im dänischen Schloss. Im scharfen Kontrast dazu: Der Klimagipfel in Kopenhagen steht kurz davor, Schiffbruch zu erleiden. Noch könnten die Mächtigen der Klimapolitik das Steuer herum reissen. Die nachfolgenden Bilder gehen um die Welt: Eine attraktive Dame in roter Abendrobe und ein Herr von imposanter Statur im Anzug entsteigen ihrem Wagen  und betreten das Schloss – begleitet von einem Bodyguard. Dass sie das im Wagen angebrachte Schild als „Regierung von Mutter Erde“ ausgibt, scheint niemand zu bemerken. Dann die Überraschung: Statt sich wie die über 120 geladenen Regierungschefs in den Speisesaal zu begeben, ziehen sie vor versammelter Weltpresse plötzlich Transparente aus ihren Kleidern mit der Botschaft: POLITICIANS TALK, LEADERS ACT.

20 Tage in dänischer Untersuchungshaft
Schon damals kam dieser beherzte Appell in letzter Minute vier Aktivisten  teuer  zu stehen: das „Regierungspaar“, bestehend aus einem Spanier und einer Skandinavierin, den Schweizer „Bodyguard“ sowie den dänischen Klima-Campaigner. Sie verbrachten 20 Tage in dänischer Untersuchungshaft, einschliesslich Weihnachten und Neujahr. Dies, obwohl sie, wie alle Greenpeace-Aktivisten weltweit, zu ihrem Handeln standen und sich sogar die übrigen in die Aktion involvierten Aktivisten freiwillig den Behörden stellten.

Gesetz über 100 Jahre nicht mehr angewandt
Heute standen die 11 Aktivisten erstmals vor dem Richter in Kopenhagen. Für Dokumentenfälschung, „Verkörperung von Autoritätspersonen“ sowie Hausfriedensbruch drohen ihnen nach dänischem Recht bis zu zwei Jahren Haft, da der Umstand, dass sie im Umfeld der Königin handelten, sich verschärfend auswirken könnte. Auch wenn das entsprechende Gesetz seit über hundert Jahren nicht mehr angewandt wurde.

Recht auf freie Meinungsäusserung
Die Angeklagten plädierten auf ihr Recht auf freie Meinungsäusserung und betonten ihre Unschuld. Einer der angeklagten Schweizer: «In den letzten Tagen der Klimakonferenz zeichnete sich immer deutlicher ab, dass sie ohne brauchbares Resultat zu enden drohte. Dabei waren über 120 Staats- und Regierungsschefs vor Ort und hätten die Chance packen können! Da habe ich mich entschieden, an der Aktion teilzunehmen. Es war die einzige Möglichkeit, den Entscheidungsträgern am Vorabend des letzten Konferenztages klar und deutlich in Erinnerung zu rufen, dass jetzt im Klimaschutz nur noch Handeln angesagt ist.»

Eigentliche Strafverhandlung am 19. August
Friedlicher Protest als ein demokratisches Recht stand somit heute in Kopenhagen auf dem europäischen Prüfstand. Die Aktivisten haben sich gewaltfrei verhalten, niemanden gefährdet und nicht in der Absicht gehandelt, Recht zu brechen. Sie haben lediglich an die Mächtigen der Welt appelliert, auf Millionen von Menschen zu hören, die bereits heute vom Klimawandel bedroht sind. Am heutigen ersten Gerichtstag wurden die Stellungnahmen der Aktivisten und ihrer dänischen Verteidiger behandelt, hingegen gab es noch keinen Strafantrag des Staatsanwaltes. Die eigentliche Strafverhandlung findet am 19. August statt. (Greenpeace/mc/ps)

 

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