Katastrophen-Sommer für die Schweizer Gletscher

Katastrophen-Sommer für die Schweizer Gletscher
Der Rückgang des kleinen Sankt Annafirns (UR) seit 2012 ist enorm, siehe Markierung auf dem Fels links. Nachdem das Eis weg ist, nimmt Geröll überhand. (Foto: M. Huss)

Bern – 2022 war für Schweizer Gletscher katastrophal: Mit sehr wenig Schnee im Winter und anhaltenden Hitzewellen im Sommer wurden sämtliche Rekorde der Eisschmelze pulverisiert. Über 6 Prozent des Eisvolumens gingen verloren, wie die Akademie der Wissenschaft in einer Mitteilung schreibt.

Die Abschmelzraten übertreffen die bisherigen Rekorde aus dem Hitzesommer 2003 bei weitem: Die Gletscher haben im Jahr 2022 rund 3 Kubikkilometer Eis verloren, das sind mehr als 6 Prozent des verbleibenden Volumens. Als Vergleich: Bislang bezeichnete man Jahre mit 2 Prozent Eisverlust als «extrem».

Besonders einschneidend war der Verlust für kleine Gletscher. Der Pizolgletscher SG, der Vadret dal Corvatsch GR und der Schwarzbachfirn UR sind praktisch verschwunden – die Messungen wurden eingestellt. Die Entwicklungen zeigen aber auch, wie wichtig Gletscher in heissen und trockenen Jahren für Wasserhaushalt und Energieversorgung sind. Alleine die Eisschmelze in Juli und August hätte genügend Wasser geliefert, um sämtliche Stauseen der Schweizer Alpen von null auf zu füllen.

Die kümmerlichen Reste des Schwarzbachfirns (UR). Während vor 10 Jahren noch die ganze Flanke von einem kleinen Gletscher bedeckt war, mussten die Messungen dieses Jahr definitiv eingestellt werden. (Foto: M. Huss)

Im Engadin und im südlichen Wallis verschwand auf 3000 Metern über Meer eine Eisschicht von 4-6 Metern Dicke. Das ist teils mehr als doppelt so viel wie das bisherige Maximum. Selbst an den allerhöchsten Messpunkten (z.B. Jungfraujoch) wurden deutliche Verluste gemessen. Der mittlere Eisdickenverlust liegt in allen Regionen bei rund 3 Metern, erreicht teils gar Werte über 4 Meter (z.B. Griesgletscher VS, Ghiacciaio del Basòdino TI). Beobachtungen zeigen, dass viele Gletscherzungen zerfallen und Felsinseln aus dem dünnen Eis inmitten des Gletschers auftauchen. Diese Prozesse beschleunigen den Zerfall weiter.

Auf dem Konkordiaplatz, im Zentrum des Grossen Aletschgletschers (VS), sind während des letzten Jahres mehr als 6 Meter Eis abgeschmolzen. (Foto: M. Huss)

Schnee nur im Frühwinter 2021/22
Es war ein Drama mit Ansage: Die Schneehöhe in den Alpen war im Frühling so gering wie noch selten, vor allem im Süden der Schweiz. Hinzu kamen die grossen Mengen an Saharastaub zwischen März und Mai. Der verunreinigte Schnee nahm mehr Sonnenenergie auf und schmolz schneller. Damit verloren die Gletscher den schützenden Schnee bereits im Frühsommer. Die anhaltende, teils massive Hitze zwischen Mai bis Anfang September dezimierte deshalb das Gletscher-Eis. (mc/pg)

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