Klima der Arktis verletzlicher als gedacht

Klima der Arktis verletzlicher als gedacht

Köln – In der Arktis sind während der vergangenen 2,8 Millionen Jahre in unregelmässigen Abständen Warmzeiten aufgetreten, in denen bisher nicht für möglich gehaltene Temperaturen erreicht wurden. Das belegen die Analysen von Sedimentkernen, die in der russischen Arktis erbohrt wurden. Darüber hinaus deutet eine auffällige Übereinstimmung der Warmzeiten in der Arktis mit grossen Abschmelzereignissen in der Antarktis auf bisher unbekannte Wechselwirkungen zwischen den Polargebieten hin.

„Die Erkenntnisse sind von grosser Brisanz, unter anderem, weil es aktuell Anzeichen für einen raschen Eisabbau in der Westantarktis gibt, der sich in naher Zukunft noch verstärken könnte“ erklärt Professor Dr. Martin Melles von der Universität zu Köln. „Vor diesem Hintergrund könnte die Vergangenheit der Schlüssel für die Zukunft sein.“ Die Studie beruht auf den Analyseergebnissen eines Sedimentkerns aus dem Elgygytgynsee im äussersten Nordosten Sibiriens. Der See liegt 100 km nördlich des Polarkreises in einem Krater, der vor 3,6 Millionen Jahren durch einen Meteoriteneinschlag entstanden ist.

Die Sedimentkerne spiegeln die Klima- und Umweltgeschichte der Arktis mit grosser Sensitivität wider. „Die physikalischen, chemischen und biologischen Eigenschaften der Sedimente zeichnen die globalen Warm- und Kaltzeiten des Quartärs sehr deutlich nach“, erläutert Professor Julie Brigham-Grette von der Universität Massachusetts in den USA. „Dabei ist jedoch auffällig, dass einzelne Warmzeiten mit einer ungewöhnlich hohen Bioproduktion, die höhere Temperaturen andeutet, unregelmässig aus dem ansonsten recht regelmässigen Klimamuster herausstechen.“

Ungewöhnlich hohe Temperaturen und viele Niederschläge
Um diese klimatischen Unterschiede zu quantifizieren, untersuchten die Wissenschaftler vier Warmzeiten im Detail, von denen zwei eine erhöhte Bioproduktion aufwiesen: „Klimarekonstruktionen zeigten, dass während der „Super“-Warmzeiten die Sommertemperaturen etwa 4 bis 5 °C und die Jahresniederschläge etwa 300 mm höher waren als während der Maxima der beiden anderen Warmzeiten“, beschreibt Professor Pavel Minyuk vom NEISR-Institut in Magadan (Russland) die Ergebnisse. Diese klimatischen Bedingungen haben nicht nur die Vegetation in der Arktis verändert, sondern dürften beispielsweise auch zum Abschmelzen von wesentlichen Teilen des grönländischen Eisschildes geführt haben.

Zusätzliche Klimaimpulse
Weiter gehende Simulationen mit einem Klimamodell offenbarten, dass die hohen Temperaturen und Niederschläge der Super-Warmzeiten nicht alleine mit Veränderungen der Erdbahnparameter oder der Treibhausgaskonzentrationen erklärt werden können. Es muss also zusätzliche Klimaimpulse von Aussen gegeben haben, die sich durch Wechselwirkungen im arktischen Klimasystem verstärkt haben.

Ursachen in der Antarktis
Dafür sehen die Wissenschaftler den Schlüssel in der Antarktis. Dort sind grosse Abschmelzereignisse des westantarktischen Eisschildes aus einer Sedimentbohrung nachgewiesen, die zeitlich auffällig gut mit den Superwarmzeiten in der Arktis korrelieren. „Das Klima der Arktis ist demnach wesentlich verletzlicher als bisher angenommen wurde“, so Professor Melles. Jetzt diskutieren Wissenschaftler mögliche Szenarien, welche die polaren Wechselwirkungen erklären könnten aber noch mit weitergehenden Untersuchungen überprüft werden müssen. (Universität zu Köln/mc/pg)

Polares Klimaarchiv

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