„KMU-Barometer 2011“: Klagen über starken Franken

Starker Franken bereitet Unternehmen Kopfschmerzen.

Zürich – Der Aufschwung in der Schweiz verliert leicht an Fahrt: Zwar ist die grosse Mehrzahl der Schweizer KMU (94 Prozent) mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden – 41 Prozent bezeichnen sie sogar als uneingeschränkt gut. Das sind allerdings deutlich weniger als zu Jahresbeginn, als sich noch 61 Prozent der Unternehmen uneingeschränkt positiv äusserten.

Auch der Anteil der Unternehmen, die eine Verbesserung der Geschäftslage in den kommenden Monaten erwarten, ist gesunken: von 43 Prozent auf 34 Prozent. Nach wie vor erwartet aber nur eine kleine Minderheit (7 Prozent) eine Verschlechterung der eigenen Lage. Sorgen bereitet den Unternehmen vor allem der starke Schweizer Franken, der bei immerhin 30 Prozent der Unternehmen zu Einbussen führt. Das sind Ergebnisse der aktuellen Sommerumfrage des „KMU-Barometer 2011“ von Ernst & Young. Die Studie erscheint halbjährlich. Ihr liegt eine Umfrage unter 700 kleinen und mittleren Unternehmen in der Schweiz zugrunde, die im Juli 2011 durchgeführt wurde.

Konjunkturoptimismus sinkt
Erstmals seit Februar 2008 beurteilen die Schweizer KMU die konjunkturelle Entwicklung wieder deutlich vorsichtiger. Gut jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) erwartet eine stabile Entwicklung der Binnenkonjunktur, 35 Prozent prognostizieren eine weitere Verbesserung der Wirtschaftslage – vor sechs Monaten betrug der Anteil der Konjunkturoptimisten immerhin noch 47 Prozent. Einen Abschwung bezeichnen aber nur 11 Prozent der Befragten als wahrscheinlich.

„Die europäische Schuldenkrise wirkt sich auch auf die Schweiz aus“, stellt Alessandro Miolo, verantwortlicher Partner Markt Deutschschweiz bei Ernst & Young, fest. „Die Unsicherheit hat in den vergangenen Monaten weltweit deutlich zugenommen. Trotz der nach wie vor guten Auftragslage wächst die Sorge, dass der Höhepunkt des Aufschwungs bereits überschritten ist“. „Die Schweizer KMU profitieren allerdings weiterhin von der starken Binnennachfrage in der Schweiz und vom Wachstum in den Schwellenländern“, ergänzt Pierre-Alain Cardinaux, verantwortlicher Partner Markt Suisse romande bei Ernst & Young.

Starker Franken bereitet Unternehmen Kopfschmerzen
Ein direkt negativer Effekt der europäischen und auch der US-Schuldenkrise ist die Aufwertung des Schweizer Franken. Die Stärke der Währung bereitet derzeit 61 Prozent der Unternehmen Sorgen – und stellt damit aus Sicht der KMU den grössten Risikofaktor dar. Steigende Rohstoff- und Energiepreise sowie die Staatsverschuldung / Schuldenkrise in Europa sind für etwa 50 Prozent der Unternehmen ein Anlass zur Sorge. Jedes dritte Unternehmen verzeichnet sogar Einbussen aufgrund des starken Frankens – 11 Prozent sogar erhebliche.

„Die stark exportorientierten Schweizer KMU leiden zum Teil massiv unter dem starken Franken. Es wird für sie schwieriger, die eigenen Produkte im Ausland abzusetzen, während Konkurrenzunternehmen aus den Euro-Ländern dank des schwachen Euro im Vorteil sind“, sagt Pierre-Alain Cardinaux. Viele betroffene Unternehmen reagieren mit Kostensenkungsmassnahmen, teilweise auch mit Personalabbau und Lohnsenkungen, um ihre Produkte weiterhin zu konkurrenzfähigen Preisen anbieten zu können.

Hohe Investitionsbereitschaft
Trotz der eingetrübten Aussichten bleibt die Investitionsbereitschaft der Unternehmen auf hohem Niveau: Jeder vierte Betrieb plant, die Investitionsausgaben in den kommenden Monaten zu erhöhen, nur 6 Prozent wollen weniger investieren. Besonders hoch ist derzeit die Investitionsbereitschaft in der Industrie und im Handel. „Die hohe Investitionsbereitschaft der Unternehmen stärkt die Binnennachfrage und ist eine wichtige Säule der robusten Konjunkturentwicklung“, so Alessandro Miolo. „Das Vertrauen der Unternehmer in eine mindestens stabile Wirtschaftsentwicklung ist nach wie vor sehr hoch“.

Mitarbeitende gesucht – Fachkräftemangel führt zu Umsatzeinbussen
Auch die Bereitschaft, die Belegschaft aufzustocken, bleibt unter Schweizer KMU hoch: Gut jeder vierte Betrieb plant die Schaffung zusätzlicher Jobs, nur 7 Prozent der Unternehmen wollen die Belegschaft reduzieren. Die Lage am Arbeitsmarkt dürfte sich damit weiter verbessern. Die Befragungsergebnisse lassen darauf schliessen, dass das Beschäftigungswachstum in der Bauwirtschaft und in der Industrie besonders stark ausfallen wird. Relativ viele Unternehmen müssen sogar Aufträge ablehnen, weil ihnen das Personal fehlt. So berichtet fast jedes zweite Unternehmen von Umsatzeinbussen, weil freie Stellen nicht besetzt werden können – 9 Prozent der befragten Unternehmen sehen sogar erhebliche Einbussen von mehr als 5 Prozent. ? Den weitaus höchsten Bedarf an qualifizierten Fachkräften haben die befragten KMU im Bereich Marketing/Vertrieb sowie in der Produktion.

Erfolgsstrategien im Kampf um die Fachkräfte von morgen
Um bei der Gewinnung von Fachkräften langfristig erfolgreich zu sein, setzt die Mehrheit der KMU aktuell auf die frühzeitige Identifizierung und Ansprache junger Talente an Schulen und Universitäten (52 Prozent) sowie auf die Nutzung des Internets (49 Prozent). Darüber hinaus setzt jedes zweite Unternehmen auf flexible Arbeitszeitmodelle und jedes dritte auf die Höhe des Vergütungspaketes und/oder leistungsbezogene Vergütungsanteile. Erst jedes vierte KMU (25 Prozent) nutzt Kooperationen im Personalbereich – hauptsächlich im Verbund mit anderen Unternehmen, Hochschulen und öffentlichen Einrichtungen – um die Beschäftigung zu sichern und die eigene Flexibilität zu erhöhen.  (E+Y/mc/pg)

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