MoneyPark: Negative Hypozinsen – Utopie oder bald Realität?

MoneyPark: Negative Hypozinsen – Utopie oder bald Realität?
(Illustration: MoneyPark)

Zürich – Die Prognosen für die Weltkonjunktur haben sich in den letzten Monaten weiter eingetrübt. Mittlerweile zeichnen sich nicht nur in Europa, sondern auch in den USA Leitzinssenkungen und damit sinkende Kapitalmarktzinsen ab. Das Umfeld der Negativzinsen in der Schweiz droht damit noch extremer zu werden und deutlich länger anzuhalten, als Marktteilnehmer vermutet hatten – es wird sogar zum «new normal». Trotzdem glauben die Experten von MoneyPark nicht, dass in der Schweiz negative Hypothekarzinsen Realität werden.

Viele Experten gehen davon aus, dass sich die Zinsen in Europa und in noch extremerer Form auch in der Schweiz in den nächsten Monaten weiter in den negativen Bereich bewegen werden. Und dieses Niveau könnte nicht nur für die nächsten Quartale, sondern sogar für die nächsten Jahre anhalten. Grund dafür ist, dass sich das Wachstum der Weltkonjunktur stark abgeschwächt hat, der Handelskonflikt zwischen den USA und China ungelöst ist, geopolitische Spannungen zunehmen und zudem kaum Inflationsdruck herrscht. Bereits heute sind die Kapitalmarktzinssätze für die Laufzeit von 15 Jahren nur wenige Basispunkte von null entfernt (Stand 18. Juli 19 bei +0.07%).

Negative Hypothekarzinsen unwahrscheinlich
Die Zinsen sind auf dem Sinkflug – aber was bedeutet das genau? Hierbei gilt es zwischen den Kapitalmarktsätzen, also den Sätzen, zu denen sich die Banken refinanzieren (Swap-Sätze), sowie den Hypothekarzinssätzen zu unterscheiden. Erstere richten sich nach dem Markt und reflektieren somit die Einschätzung und Prognosen der Marktteilnehmer. Die Hypothekarzinsen jedoch werden von den Anbietern individuell und strategisch nach eigenem Ermessen festgelegt. Die Hypothekarnehmer können daher leider nicht davon ausgehen, dass die Hypothekarzinsen in gleichem Masse wie die Kapitalmarktsätze sinken. Entgegen anderer Einschätzungen und ersten Beispielen in ausländischen Märkten (Dänemark) gehen wir daher nicht von negativen Hypothekarzinssätzen für Schweizer Hypothekarnehmer aus – völlig unabhängig davon, wie tief die Swap-Sätze sinken. Eine wichtige Rolle dafür dürfte die unterschiedliche Ausgangslage der Hypothekargeber spielen.

Hypothekarstrategie divergiert pro Anbietergruppe

Banken: Verzicht auf Negativzinsen für Spargelder dezimiert den Ertrag
Die Margen der Banken geraten immer stärker unter Druck. Für Banken, die für die Hypothekarvergabe klassischerweise Spargelder verwenden, ist jede Reduktion der Hypothekarzinsen mit weiteren Margeneinbussen verbunden. Denn die einfache «Milchbüechli»-Rechnung des Zinsdifferenzgeschäfts geht bei einem zu tiefen Zinsniveau nicht mehr auf: So lange auf den Sparguthaben bei Schweizer Banken keine Negativzinsen auf breiter Front verlangt werden, können die Hypothekarzinsen nicht unbegrenzt sinken. Wir gehen aktuell allerdings nicht davon aus, dass Bankinstitute es wagen, flächendeckend Negativzinsen auf Sparguthaben einführen. Die Banken finden jedoch andere Wege zur stärkeren «Bestrafung» des Kleinsparers: Vergleichbar mit der Vorfälligkeitsentschädigung bei Hypotheken verrechnen Banken vermehrt die vereinbarten Strafzinsen für den vorzeitigen Bezug von Termin- und Spargeldern. Dieser Trend wird sich fortsetzen.

Pensionskassen und Versicherungen: Eine Frage der Anlagealternativen
Pensionskassen und Versicherungen haben einen etwas anderen Blickwinkel (siehe «Die Unterschiede der Anbietergruppen im Hypothekarmarkt»). Für sie geht es darum, ihr langfristig zur Verfügung stehendes Kapital in möglichst optimalem Rendite-Risiko-Verhältnis anzulegen. Wie eine unserer Studien (siehe «Eignung Anlageklasse Hypotheken für Pensionskassen») belegt, schneidet dabei eine Anlage in Schweizer Eigenheim Hypotheken gegenüber erstklassigen Schweizer Anleihen deutlich besser ab. Allerdings ist, angesichts der weiter steigenden Börsenkurse, die Verlockung wohl gross, (noch) stärker in die boomenden Aktienmärkte oder direkt in Immobilien zu investieren.

Alternativ könnten die Vorsorgeeinrichtungen im Rahmen der Asset Allokation auch in Anleihen mit schlechteren Ratings ausweichen. Da dies allerdings eine Verschiebung des Risiko-Rendite-Profils bedeuten würde, gehen wir davon aus, dass viele Pensionskassen stattdessen den Aufbau eines Hypothekarportfolios weiter vorantreiben werden. Dies auch vor dem Hintergrund der Zunahme warnender Stimmen zur Überhitzung am Markt für Renditeliegenschaften (siehe: «Massnahmen zur Risikoeindämmung bei Renditeobjekten: Welche Auswirkungen sind zu erwarten?»). Beim Aufbau eines Hypothekarportfolios werden diese Hypotheken-Anbieter ebenfalls keine unnötigen Rendite-Eingeständnisse machen.

Einfluss sinkender Swap-Sätze auf die Hypothekarzinsen

Kein Anbieter wird negative Hypothekarzinsen verrechnen
Was würden die Hypothekaranbieter also tun, wenn sich die langfristigen Swap-Sätze gegen minus ein Prozent entwickeln würden? Wir haben mit diversen Marktteilnehmern über dieses – zum jetzigen Zeitpunkt eher unrealistische – Szenario gesprochen. Die meisten Institute haben sich eine Untergrenze gesetzt, wie weit sie die Hypothekarzinsen im Falle von weiter sinkenden Swap-Sätzen reduzieren. Diese Untergrenze ist bei allen befragten Instituten momentan über null, auch wenn alle Anbieter den Markt und ihre Konkurrenz genau beobachten. Die Hypothekarzinsen werden also bei der breiten Masse der Hypothekaranbieter im positiven Bereich bleiben, unabhängig davon, wie sich die Swap-Sätze entwickeln. Ausgenommen davon sind Spezialfälle oder Einzelgeschäfte, welche zwischen zwei Grossparteien individuell vereinbart und abgewickelt werden.

Der Entscheid von positiven Hypozinsen ist auch dahingehend nachvollziehbar, als die Banken 2015 die Verträge der Libor-Hypotheken zu ihren Gunsten angepasst haben. In den neuen Verträgen wird für den Libor-Satz, der als Basis und Berechnungsgrundlage für den Hypothekarzins dient, eine Untergrenze von null eingeführt. So lange der Libor-Satz im negativen Bereich liegt, zahlt der Kunde als Hypothekarzins nur die vereinbarte Marge. Ein Hypothekarzins, der gegen null tendiert oder sogar negativ wird, ist so vertraglich nicht mehr möglich. Die Hypothekaranbieter werden bei Festhypotheken kaum von dieser Praxis abweichen.

Tiefere Hypothekarzinsen bei langen Laufzeiten
Gerade bei kurzen bis mittleren Laufzeiten dürften daher die Konditionen demnächst den Boden gefunden haben. Die Schmerzgrenze einer kostendeckenden Mindestmarge dürfte mittlerweile sichtbar oder schon erreicht sein. Ein gewisses Potential besteht aber noch am langen Ende: Hier könnte durch eine Ausweitung des Angebotes auf Laufzeiten über zehn Jahre dem Margenschwund, zumindest kurzfristig, Einhalt geboten werden. Angenehmer Nebeneffekt ist die Erzielung einer langen Kundenbindung. Erste Tendenzen in diese Richtung sind denn auch bereits im Produktangebot von mehreren Kantonalbanken ersichtlich. Seit Kurzem bieten diese Institute vielfach nun auch Laufzeiten von 11 bis 15 oder gar 20 Jahre an. Aber auch die zehnjährigen Festhypotheken, die es heute bereits ab 0.73 Prozent gibt, würden wohl spätestens bei 0.30 bis 0.40 Prozent ihre Tiefstwerte finden..

Empfehlungen für Hypothekarnehmer
Wie sollen sich Hypothekarnehmer in dieser aussergewöhnlichen Situation verhalten? Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengetragen, die Sie als Hypothekarnehmer wissen sollten:

  • Bei Abschlüssen in den nächsten Monaten sind die Konditionen für Festhypotheken ab zehn Jahren sehr attraktiv, gerade im Vergleich zu kurzen bis mittleren Laufzeiten.
  • Die Ausstiegsbedingungen sind bei Laufzeiten ab zehn Jahren besonders wichtig und sollten daher überprüft werden. Mittlerweile gibt es Anbieter, die «zahlbare» Bedingungen offerieren. Beispielsweise ermöglichen gewisse Anbieter einen Ausstieg ohne Kostenfolge bei einem Verkauf der Liegenschaft. Gewisse Pensionskassen offerieren ausserdem eine Switch-Möglichkeit von Festhypotheken in längerfristigere Festhypotheken, was eine flexiblere Finanzierungsplanung ermöglicht.
  • Für Hypothekarnehmer, welche mit dem Abschluss der Hypothek noch einige Monate abwarten können und an weiter sinkende Kapitalmarktsätze glauben, ist es eine valable Option, zuzuwarten. Voraussetzung dazu ist allerdings eine enge Überwachung des Konditionenverlaufs.
  • Der Vergleich der Anbieter bleibt auch in Niedrigzinsphasen ein absolutes Muss: Der Preisunterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten Anbieter ist seit einigen Monaten extrem hoch und kann bis zu 100 Basispunkte auf derselben Laufzeit betragen.
  • Welches Produkt mit welcher Laufzeit gewählt wird, sollte aber immer individuell bestimmt werden. Idealerweise erfolgt dazu eine Beratung durch einen unabhängigen Hypothekarspezialisten.
  • Eine Hilfe zur Wahl der Laufzeit kann folgende Berechnung sein: Sie bestimmen eine Gesamtperiode für die Budgetierung der Zinskosten (z.B. 15 Jahre / Szenario 1). Danach berechnen Sie die aktuellen Zinskosten einer Festhypothek über diese gesamte definierte Periode. Anschliessend werden die Kosten von zwei kürzeren Festhypotheken (z.B. 5 und 10 Jahre / Szenario 2) gegenübergestellt und berechnet, was eine anschliessende Festhypothek über die Restperiode maximal kosten darf, um noch eine Zinsersparnis zu erzielen.

Einer unserer Hypothekarspezialisten wird Ihnen gerne im persönlichen Gespräch und mit Hilfe unseres Zinsschwellenrechners berechnen, welches Hypothekarmodell Ihrer persönlichen Situation und Ihren Zinserwartungen am besten entspricht.

Fazit
Für weiter sinkende Hypothekarzinsen bei kurz- bis mittelfristigen Festhypotheken sehen wir kaum Potential. Bei Festhypotheken mit langen Laufzeiten wird im Falle von weiter sinkenden Swap-Sätzen die Konkurrenzsituation spürbar zunehmen. Daraus dürften seitens der Anbieter durchaus weitere Preiszugeständnisse hervorgehen.

Durch weitere Zinssenkungen könnte die ungewohnte Situation entstehen, dass eine fünfjährige Festhypothek kaum weniger als eine 15-jährige kostet. Das heisst, dass die Zuschläge für eine längere Laufzeit extrem klein bzw. sogar ganz wegfallen würden. Bereits jetzt ist die Zinskurve sehr flach: Der Zuschlag pro Laufzeitenjahr zwischen einer fünf- und einer 15-jährigen Laufzeit betrug im Jahr 2009 noch zwölf Basispunkte. Heute liegt dieser Zuschlag nur noch leicht über sieben Basispunkte. Die 15-jährige Festhypothek ist im Vergleich zur fünfjährigen also rund 40 Prozent günstiger als noch vor zehn Jahren. Diese Differenz dürfte sich in Zukunft noch weiter verkleinern, v.a. wenn die Rückgänge der Swap-Sätze nicht mehr vollständig auf die Hypothekarzinsen übertragen werden. Des Weiteren steigen die langfristigen Zinsen gegenüber den kurzfristigen nur bei erwarteter Inflation, wovon wir jedoch weit entfernt sind.

Für Hypothekarnehmer ist dies eine komfortable Situation: Die Hypothekarzinsen werden noch mehrere Jahre tief bleiben. Nichtsdestotrotz ist ein Anbietervergleich sowie eine persönliche und unabhängige Beratung unabdinglich, um das immer breiter werdende Angebot am Markt zu überblicken und somit das individuell richtige Finanzierungsmodell zu finden. (MoneyPark/mc/ps)

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