Öffentliche Hand und Finanzinstitute werden am häufigsten betrogen

Öffentliche Hand und Finanzinstitute werden am häufigsten betrogen

Zürich – Wenn in der Schweiz betrogen wird, dann richtig. Dieses Bild liefern die neuesten Zahlen des «KPMG Forensic Fraud Barometer»: Die Gesamtschadenshöhe von Wirtschaftsdelikten stieg 2013 im Vorjahresvergleich um 66,8% auf CHF 830 Millionen, und dies bei einer leicht rückläufigen Anzahl Fälle. Besonders betroffen waren Finanzinstitute und kommerzielle Unternehmen, im Vergleich zu 2012 vor allem aber auch öffentliche Verwaltungen.

Die Schweizer Gerichte schlossen im Jahr 2013 insgesamt 58 Fälle von Wirtschaftskriminalität ab. Mit Blick auf das Vorjahr entspricht dies einem Rückgang von 9,4%. Die ungleich höhere Gesamtschadenssumme ist hauptsächlich auf vier Delikte zurückzuführen, die mit Schadenshöhen von jeweils über CHF 125 Millionen ins Gewicht fielen. Wie bereits 2012 kam es auch 2013 mehrheitlich zu Veruntreuung (20 Fälle) und ungetreuer Geschäftsbesorgung (12 Fälle). Als Hauptverwendungszwecke der kriminell erlangten Vermögenswerte nannten die Täter wiederum die Überbrückung von Finanzierungslücken sowie die Finanzierung des eigenen Lebenswandels, inklusive Glücksspiel, und das Erwerben von Luxusgütern.

Vier besonders schwere Fälle
Die Gesamtschadenssumme im Jahr 2013 wurde von vier grossen Fällen merklich in die Höhe getrieben.

  • Das Genfer Strafgericht verurteilte im April einen ehemaligen Bankangestellten im verkürzten Verfahren wegen Veruntreuung im Umfang von CHF 134,4 Millionen, wobei Betrug und Geldwäscherei ebenfalls zu den Anklagepunkten in diesem in das Jahr 2011 zurückgehenden Fall gehörten. 
  • Im selben Monat sprach ein Schwyzer Strafgericht den Haupttäter eines Devisenhandelsbetrugs, durch den mehrere hundert Investoren geschädigt wurden, in Abwesenheit schuldig. Das Schadensvolumen betrug CHF 125 Millionen. 
  • Im Mai musste sich auch das Zürcher Obergericht mit Devisenbetrug beschäftigen. Laut Anklage belief sich der durch einen ehemaligen Bankdirektor verursachte Schaden auf CHF 150 Millionen. Der Täter veruntreute Kundengelder mittels gefälschter Devisengeschäfte und Handelstransfers. 
  • Im Oktober wurden in Bellinzona sechs Kadermitglieder eines ausländischen Staatsbetriebs der qualifizierten Geldwäscherei und des Betrugs beziehungsweise der Gehilfenschaft zu Betrug schuldig gesprochen. Der Schaden lag bei CHF 150 Millionen

Weniger Fälle in Zürich
Die meisten Fälle von Wirtschaftskriminalität wurden wie im Vorjahr im Kanton Zürich vor Gericht behandelt, die Anzahl ging allerdings von 30 auf 21 zurück. Mit einem Schadensvolumen von CHF 252,8 Millionen ist der Kanton auch im Regionen-Vergleich führend. Die zweithöchste Gesamtschadenssumme (CHF 188,5 Millionen) verzeichnete der Kanton Tessin. Auffällig ist hier die im Vergleich zum Kanton Zürich deutlich geringere Fallanzahl von 5. Ein ähnliches Bild präsentiert sich mit einem Schadensvolumen von CHF 134,4 Millionen bei lediglich 2 Fällen in der Westschweiz. Die kleinste Gesamtschadenssumme verzeichnete mit CHF 6,5 Millionen die Nordwestschweiz.

Manager richten grösste Schäden an
Auch 2013 waren es primär Angestellte in Kaderfunktionen, die wegen Wirtschaftsstraftaten verurteilten wurden und mit CHF 501,7 Millionen für das höchste Schadensvolumen sorgten. Im Gegenzug waren im Vergleich zum Vorjahr weniger einfache Angestellte (6 Fälle) involviert, und es kam zu keinen Fällen organisierter Kriminalität. Stark rückläufig war ausserdem der durch Kunden verursachte Schaden. Dieser sank von CHF 31,1 Millionen (2012) auf CHF 1 Million. Bemerkenswert ist hier, dass alle drei von Kunden begangenen und verurteilten Straftaten Finanzinstitute betrafen.

Mehr Schaden für kommerzielle Unternehmungen und Finanzinstitute
Kommerzielle Unternehmen und Finanzinstitute waren mit 12 Fällen anzahlmässig zwar weniger von Delikten betroffen als noch im Vorjahr (21 Fälle). Das Schadensvolumen stieg allerdings in beiden Opferkategorien deutlich und entspricht damit dem gesamtschweizerischen Bild höherer Schadenssumme bei geringer Anzahl Fälle: Finanzinstitute stellten 2013 mit CHF 369 Millionen Schaden die am stärksten betroffene Opfergruppe dar. In der Opfergruppe der kommerziellen Unternehmungen sticht die starke Zunahme auf CHF 167,6 Millionen (2012: CHF 29,6 Millionen) ins Auge. Diese Zunahme lässt sich durch den eingangs erwähnten Fall von Veruntreuung, Betrug und Geldwäscherei eines ehemaligen Bankangestellten erklären. Die Investoren waren erstmals nicht mehr die am stärksten betroffene Opfergruppe.

Öffentliche Hand als beliebtes Opfer
Im Vorjahresvergleich stieg die Anzahl Fälle, in denen öffentliche Verwaltungen geschädigt wurden, um rund 80% auf 18 Fälle. Sozialversicherungsbetrug und ungetreue Geschäftsbesorgung stellten dabei innerhalb dieser Opferkategorie mit je 8 Fällen die häufigsten Vergehen dar. Der Blick auf die Täterschaft zeigt, dass mehrheitlich Staatsmitarbeitende in Kader- (7 Fälle) und Angestelltenfunktion (3 Fälle) kriminell aktiv wurden.

Nicht alle Fälle vor Gericht
Es zeigt sich in der Praxis, dass die von Wirtschaftskriminalität betroffenen Unternehmen lange nicht alle Fälle vor Gereicht bringen. KPMG geht deshalb von einer hohen Dunkelziffer aus und rechnet damit, dass die Anzahl Fälle insgesamt weiter steigen wird. Dies insbesondere auch deshalb, weil Wirtschaftsdelikte meist erst nach 2-3 Jahren aufgedeckt werden und von einer Häufung der Fälle im Nachgang zur Finanz- und Wirtschaftskrise ausgegangen werden kann.

Der typische Täter war männlich
Rund 82,7% aller Delikte wurde von Männern bzw. aus Männern bestehenden Gruppen begangen (48 Fälle). In lediglich 4 Fällen waren ausschliesslich Frauen am Werk. (KPMG/mc/pg)

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