Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Credit Suisse ist kein Name, sondern eine Diagnose

Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Credit Suisse ist kein Name, sondern eine Diagnose
(Foto: Credit Suisse)

Von Robert Jakob

An der Generalversammlung der CS vom letzten Freitag hagelte es vor allem virtuelle Gemeinplätze, wie: Die Geschäftsleitung setze alles daran, dass die Credit Suisse «gestärkt aus dieser Situation hervorgehe».

Als ob die CS je etwas gelernt hätte, um zu gesunden! In über zwei Jahrzehnten von der Ära Lukas Mühlemann bis zum Jetzt-und-noch-CEO Thomas Gottstein hat sie sich ins internationale Investment Banking verliebt und dort regelmässig Milliarden verlocht. Seine Kapitalkosten hat das Investmentbanking der Credit Suisse in den letzten beiden Jahrzehnten nicht verdient. Auf ein erfolgreiches Jahr folgte schnell der nächste Ausrutscher. Zusätzlich hinterliess die CS eine wahre Blutspur von Bussen, meist eingeläutet von allerlei vorausschauenden «Rückstellungen». Das war aber alles, was das Risikomanagement zustande brachte. Mittlerweile liegen die aufsummierten ausserplanmässigen Abschreiber in zwei Jahrzehnten in derselben Grössenordnung wie die momentane jämmerliche Börsenkapitalisierung der Schweizer «Grossbank».

Schlechtes Timing als «Leidmotiv»
Das Unheil nahm bereits im Jahr 2000 seinen Lauf mit dem überteuerten Kauf der US-Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette, just als die Dotcom-Blase gerade am Platzen war. Die Wirtschaftsmedien und Yellow Press waren seinerzeit voll des Lobes über den damaligen Konzernlenker Lukas Mühlemann und vergaben ihm wahlweise den Adelstitel Lucky Luke oder Lucky Lukas. Seither will die CS auf Teufel-komm-raus im Konzert der grossen amerikanischen Investmentbanken mitspielen. Nach dem Intermezzo mit Oswald Grübel und John Mack (Credit Suisse First Boston) führte mit Brady Dougan ein weiterer Investmentbanker die CS durch stürmische Zeit, um es, angesichts des Strafregisters, das sich die Bank unter ihm einhandelte, noch sehr milde auszudrücken. Immer wieder hechelte die CS den boomenden Kapitalmärkten hinterher. Den dicken Reibach machten aber stets andere. Bei der «Party» mit asset backed securities, welche die Finanz- und Wirtschaftskrise auslösten, schlief das CS-Risikomanagement ebenso wie im neusten Skandal um den Hedgefund Archegos, der nach jetzigem Stand ein Loch von fünf Milliarden Franken reisst. Das man trotzdem wagte, von operativen Erfolgen im ersten Quartal 2021 zu schwafeln, ist eine Frechheit.

Böse Zungen behaupten, Deutschland leide an Commerzbank und Deutsche Bank, die Schweiz an CS und UBS
Die Investmentbanker der CS liessen sich dabei durch die US-Profis von Goldman Sachs vorführen: Die CS ist auf den gehebelten Positionen sitzen geblieben, während die Amerikaner rechtzeitig bei Archegos den Ausstieg schafften.

Die systemrelevante Credit Suisse profitiert von der Sicherheit, dass der Staat ja im Zweifelsfalle zu ihrer Rettung einspringt. Mit dem Staat ist bei der Endabrechnung der Schweizer Steuerzahler gemeint. An die kleinen Leute denkt die CS in ihrer Grossmannssucht jedoch zu allerletzt. So auch bei den jüngsten «vorausschauenden» Kapitalmassnahmen.

Bis zum 6. Mai spätestens können nach den institutionellen Anlegern auch Aktionäre der Credit Suisse entscheiden, ob sie weitere Aktien ihrer zum x-ten Male in Schieflage geratenen Bank für 8.65 Fr. über eine Zwangswandelanleihe zeichnen – mit zusätzlich drei Prozent Coupon bis zur Wandlung am 12.11.2021. Das macht aufs Laufzeitende berechnet rund 6% Zins pro Jahr sowie einen wesentlichen Abschlag von etwa zehn Prozent auf den gegenwärtigen Aktienkurs. Da das Management der CS aber gross und nicht klein denkt, werden nur wenige Privatanleger von dieser Gelegenheit profitieren können. Um nominal 1000 CHF (Mindeststückelung) des lukrativen Wandlers zu zeichnen, braucht es nämlich umgerechnet 2713 Bestandsaktien, eine hohe Hürde. Die Mehrheit der Kleinaktionäre erfüllt diese Bedingung kaum, und so werden die nicht gezeichneten Wandelanleihen die grossen Geldgeber freuen, die diese ab 6. Mai einsammeln dürfen.

Eigentlich wollte die Bankleitung dieses Jahr Aktien für ein bis anderthalb Milliarden Franken am Markt zurückkaufen. Nun läuft es handkehrum. Es kommen 203 Millionen Titel auf Ende 2021 neu in Umlauf. Das entspricht einer Kapitalverdünnung um acht Prozent. Mit der Pflichtwandelanleihe beschafft sich Credit Suisse zwar frische Eigenmittel von 1,75 Milliarden Franken, aber wieder auf dem Buckel der Kleinaktionäre. Wer CS-Aktien in guten Zeiten zu Beginn der 2000er Jahre gekauft hat, darf sich nun über bis zu 90 Prozent Verlust ärgern. Die Credit Suisse bekommt für teures Geld in Form von Kapitalverdünnung weiterhin jede Menge Zustupf von seinen Grossaktionären, Hedge-, Investment-, Staatsfonds und Pensionskassen. Den Crédit im eigenen Lande hingegen hat die Führungsriege schon lange verspielt.


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