Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Finnland, Zufriedenheit und Zusammenhalt

Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Finnland, Zufriedenheit und Zusammenhalt
Hort der nunmehr Glückseligen: Finnland, Hauptstadt Helsinki.

Von Robert Jakob

Wenige Jahre in einem finnischen Unternehmen haben mich die Mentalität der grossartigen Nordlichter schätzen gelernt. Wir «Südländer» können einiges von ihnen lernen.

Dabei war mein allererster Berufstrip nach Skandinavien keine Offenbarung. Ich nahm nämlich den Flieger, den mein damaliger Chef «Drunken Train» nannte. Offenbar war bekannt, dass der Freitagabendflug nach Helsinki mit betrunkenen Managern auf der Heimreise vollgestopft war. Ich war regelrecht schockiert. Die ganze Kabine roch nach Hochprozentigem. Es galt offenbar, sich noch rechtzeitig einen hinter die Binde zu kippen, ehe die hohen Alkoholpreise in Finnland ihre prohibitive Wirkung übers Wochenende erzielen konnten. Umso mehr schätzte ich die Ruhe und vornehme Zurückhaltung im Land selbst.

Mittlerweile gilt Finnland seit acht Jahren in Folge als das glücklichste der Welt (zumindest gemäss Weltglücksbericht der UN). Das war nicht immer so, hatte Finnland doch früher regelmässig auch Spitzenplätze bei den Selbstmorden. Dazu mag das Dauerdunkel des nordischen Winters beigetragen haben. Seit damals habe ich mir angewöhnt, Fisch zum Frühstück zu verzehren, was bei meinen Kids zu verständnislosem Kopfschütteln führt. Aber sauer macht wach und dadurch lustig, und die Kälte schweisst zusammen.

Diesen Zusammenhalt und ganz viel Galgenhumor hatte Finnland angesichts des übermächtigen Nachbarn im Osten bitter nötig. Nach Jahrhunderten als weitläufiger Puffer zwischen Schweden und Russland setzte man sich 1917 gänzlich vom wankenden Zarenreich ab, musste sich aber im zweiten Weltkrieg von den Westmächten allein gelassen einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der neu gegründeten Sowjetunion erwehren. Vergeblich vertrauten die Finnen dem Nichtangriffspakt mit Stalin und dem Schutz des Völkerbundes als Vorläufer der UNO. Finnland musste um seine Unabhängigkeit hart kämpfen. Wem kommt das alles nicht bekannt vor: Die sowjetische Überlegenheit war im ersten finnisch-sowjetischen Krieg bei der Truppe eins zu fünf und beim Material (Flugzeuge, Artillerie und Munition) gut hundertfach. Vor allem die Luftüberlegenheit wurde von Stalins Schergen genutzt, um die Bevölkerung zu terrorisieren. Aussenminister Molotow (der mit dem Cocktail) behauptetet gar, dass die Sowjetflieger keine Bomben abwürfen, sondern Brot für die hungernde Bevölkerung.

Zu Lande war der Blutzoll jedoch extrem stark zu Ungunsten der Rotarmisten verteilt. Die Death Toll Ratio lag bei 5 zu 1. Der verhältnismässig kurze Winterkrieg 1939/1940 kostete rund 150’000 Menschenleben. Vom Zarenreich bis zum Putinismus wurde und wird dem einzelnen Menschen keinerlei Beachtung geschenkt, bei den Finnen ist das stets umgekehrt.

Den sowjetischen Soldaten war der Angriff auf Finnland als notwendiger Abwehrkampf gegen England und Frankreich verkauft worden. Am Ende mussten die Finnen 11 Prozent ihres Territoriums abtreten, konnten aber im Gegensatz zu den baltischen Staaten ihre staatliche Freiheit behalten. Diese «Grenzerfahrung» hat Suomi (so der offizielle Landesname) weiter geeint und zu Recht vorsichtig und weitsichtig gemacht.

Vorläufer der Gleichberechtigung
Im postsowjetischen Zeitalter erfolgte eine rasche und IT-getriebene Industrialisierung, welche Finnland zu einem Produzenten von High-Tech-Waren machte. Gleichzeitig gewährleistete ein nicht nur rein gesetzlich verankertes, sondern im Gegensatz zu Deutschland gelebtes Recht auf bezahlbare Ganztagsbetreuung, die volle Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt. Im Übrigen sind finnische Frauen im Gegensatz zu ihren russischen Geschlechtsgenossinnen im Alltag gleichberechtigte Partner.

Finnland ist der erste Staat Europas, der den Frauen das Stimmrecht zugestanden hat. Heute sind die Kommunen verpflichtet, jedem Kind einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen – unverzüglich und ohne bürokratische Hürden. In Finnland sind die Wege kurz. So nimmt es nicht Wunder, dass das Land auf Platz zwei im Korruptionswahrnehmungsindex 2024 von Transparency International steht (Dänemark Platz 1, Schweiz Platz 5, Deutschland Platz 15, Österreich Platz 25, https://www.transparency.org/en/cpi/2024). Dieses Fundament schafft ein stabiles wirtschaftliches Umfeld und ist ein mitentscheidender Nährboden für die finnische Kreativität, was der 7. Platz im Global Innovation Index 2024 des WIPO (Schweiz Platz 1, Deutschland Platz 9, Österreich Platz 17, https://tind.wipo.int/record/50182?v=pdf,) zum Ausdruck bringt. Waren in den 80er Jahren noch Designprodukte von Arabia und Iittala internationale Vorzeigeobjekte, so glänzt Finnland heute auf dem Technologiesektor.

Darüber hinaus belegt Finnland bei der Umsetzung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDG) 2025 erneut den ersten Platz (Deutschland Platz 4, Österreich Platz 6, Schweiz Platz 26, https://dashboards.sdgindex.org/rankings).


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Robert Jakob
(Bild: Ellert & Richter Verlag)

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