Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Wie weiter mit der AHV? Teil II

Robert Jakobs Wirtschaftslupe: Wie weiter mit der AHV? Teil II
Die AHV ist anlagetechnisch ineffizient. Denn die Kapitalrendite per se deckt in etwa die Inflation und der staatliche Zusatz die Realrendite oder umgekehrt. (Adobe Stock/Fokussiert)

Von Robert Jakob

Die AHV ist eine Erfolgsgeschichte, denn ….

…. über zweieinhalb Millionen «Rentende» werden beglückt – grob gerechnet mit durchschnittlich 20’000 Franken pro Jahr. «Rentnerinnen und Rentner» haben heutzutage mit 65 Jahren noch durchschnittlich rund 21 Lebensjahre vor sich. Um aber 20’000 Franken Jahresrente überwiesen zu bekommen, müssten sie während ihrer Arbeitskarriere Lohneinkünfte von rund zwei Millionen Franken generiert haben (bei Rentenskala 44,) gleichbedeutend mit AHV-Einzahlungen von 200’000 Franken durch Arbeitgeber und – nehmerIn zusammengenommen. «Rentende» bekommen dann im Schnitt gut 400’000 Franken AHV-Auszahlung während ihres Restlebens.

Aber die 200’000 einbezahlten Franken hatten vor 22 durchschnittlichen Jahren (das ist das arithmetische Mittel aus 44 Beitragsjahren) eine deutlich höhere Kaufkraft als heute. Und manch ein «Rentner» erlebt leider schon den ersten Tag der Auszahlung nicht… In den letzten 44 Jahren hat sich der Landesindex der Konsumentenpreise verdoppelt.

Geringfügige Realrendite

Das entspricht einer durchschnittlichen (geglätteten) Inflation von 1,6%. Die durchschnittliche Kaufkraftminderung der einbezahlten Gelder liegt bei 1,016 hoch 22 oder 42 Prozent. Allerdings hatte «unser(e) Durchschnittsrentnerin oder -rentner» auch nur eine mittlere Lebenserwartung (zur damaligen Zeit, als sie/er mit dem Einzahlen begann) von rund 81,5 Jahren. Die durchschnittliche Auszahlungssumme bei gleicher Einzahlung im obigen Beispiel hätte also, um die zusätzlichen Todesfälle bereinigt, nur um die 330’000 Franken betragen. Die einbezahlten Gelder hätten einen Zeitwert im Moment der Pensionierung (Alter 65) von 200’000 plus 42% gleich 284’000 gehabt. Während des nachfolgenden Rentenbezugs wird nun die Inflation automatisch ausgeglichen. Die Differenz zwischen der durchschnittlichen weiteren Lebenserwartung und der sich daraus ergebenden «Überrente» von 46’000 Franken (330’000 minus 284’000 = 46’000 oder 23% von 200’000) sollte in einem sich selbst tragenden System durch die Kapitalerträge erarbeitet worden sein. In unserem Beispiel hat das Kapital unseres «Rentenden» also über die Inflation hinaus zusätzlich real um ein knappes Prozent zugenommen (1,0095 hoch 22 gleich rund 1,23). Das liegt in der Grössenordnung der Berechnungen Ernst A. Bruggers von vor 22 Jahren (siehe: Wie weiter mit der AHV? Teil I).

Natürlich berücksichtigt die obige Rechnung nicht die allfälligen Witwen- und Waisenrenten und nicht die Zuschüsse des Staates. Aber umso mehr wird klar, dass die AHV anlagetechnisch ineffizient ist. Denn die Kapitalrendite per se deckt in etwa die Inflation und der staatliche Zusatz die Realrendite oder umgekehrt.

Es lässt sich leicht ausrechnen, dass die wirkliche Rendite unserer AHV nach all den Jahren also nur im «Promillebereich» liegt. Der frühe Angler=Sparer kriegt dementsprechend den abgemagerten Fisch, machen wir uns nichts vor.

Absehbare Lücke

Nach der Abstimmung vom 3. März wird es bald einmal eine 13. AHV-Rentenzahlung geben. Das sind dann 8,33 Prozent mehr – und zwar pro Jahr. Das Geld muss irgendwo herkommen. Bereits vor dem Volksentscheid rechnete das Bundesamt für Sozialversicherung bis 2033 mit einem überproportionalen Anstieg der Ausgaben für die AHV von 47,8 auf über 66 Milliarden.

Gemäss Compenswiss-Direktor Eric Breval wird die 13. Rente eine deutliche Zunahme des Liquiditätsbedarfs von netto vier Milliarden Franken bringen. Die Dauer des politischen Prozesses zur Finanzierung dieser Zusatzkosten würde zu einer vorsichtigeren Politik führen und damit zusätzlich zu tieferen Renditeerwartungen, heisst es.

Aber muss man sich mit weniger Rendite als Gegenfinanzierung zufriedengeben? Ein Blick über die Landesgrenzen ist da hilfreich. Neben dem chinesischen Staatsfonds ist der norwegische der grösste der Welt, nur mit dem grossen Unterschied, dass sein Reichtum auf fast nur ein Vierhundertstel der Köpfe zu verteilen ist. Der «Staatlicher Pensionsfonds Norwegen» (englisch Government Pension Fund Global, GPFG – es gibt auch noch einen viel kleineren nationalen Arm mit Namen Statens Pensjonsfond Norge, SPN) wird gespeist aus dem Erdgas und Erdölreichtum des Landes. Nach den aktuellen Angaben der norwegischen Zentralbank hat er einen Gesamtwert von umgerechnet 1,4 Billionen Euro. Das entspricht 1,4 Prozent des weltweiten Bruttosozialproduktes – verwaltet wie ein internationaler Anlagefonds, allerdings mit nur einem halben Promill’ Verwaltungskosten. Der hohe Aktienanteil führt zu einer überdurchschnittlichen Rendite. In den letzten zehn Jahren lag sie bei 4,58%, in den letzten zwanzig Jahren bei 4,09% – und zwar inflationsbereinigt. Das ist unabhängig von der Herkunft der Gelder aus fossilen Energieträgern. Beide Fonds zusammengenommen sind so erfolgreich, dass sie problemlos die Pensionen der Bürger tragen und gleichzeitig den Staatshaushalt und die Wirtschaft unterstützen können, weil sie eben sowohl einen hohen Aktienanteil (jeweils mehr als die Hälfte), als auch Immobilien und Anleihen gut bewirtschaften. Die Anlagerichtlinien sind dabei streng nachhaltig.

Prozentual belief sich die Rendite des GPFG im 2023 auf 16,1 Prozent, nach einem Verlust von 14 Prozent im Vorjahr. Zum Vergleich: Compenswiss erzielte im 2022 einen Verlust von 12,9 %, wird aber im 2023 nicht annähernd an die +16,1% des norwegischen Staatsfonds herankommen und erst recht nicht an die durchschnittliche jährliche Rendite der letzten fünf Jahre des GPFG von 8,72%.

Sondervermögen als «swiss finishing»?

Kritiker eines Langfristfonds-Modells führen die gigantische Grösse als Hindernis ins Feld. Aber auch der norwegische Staatsfonds wuchs zunächst Schritt für Schritt, und zum Start musste er erst einmal geäufnet werden. Die Schaffung eines grösseren Stammkapitals ist eine Möglichkeit, auch für die rohstoffarme, aber reiche Schweiz.

Eine lange Baisse-Periode bei den Anlagevermögenswerten ist jederzeit möglich. Das haben wir letztmals von 2000 bis 2003 erlebt. Aber in solchen Phasen kann der Staat durchaus als «lender of last resort» in Erscheinung treten, um die Auszahlung von Renten über eine Überbrückungsfinanzierung sicherzustellen. Die Diskussion hierzu ist bereits lanciert.

Wenn zwei strauchelnde Grossbanken in der Schweiz hintereinander staatliche Stütze bekommen, sollte das für einen staatlichen Pensionsfonds im unwahrscheinlichen Falle eines Falles gar kein Thema sein.


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