Schweiz bis 2015 global führend in Sustainable Finance

Schweiz bis 2015 global führend in Sustainable Finance
(Bild: rangizzz - Fotolia.com)

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Zürich / Genf – Nachhaltigkeit ist ein Kernelement der Finanzwirtschaft von morgen. Mit der Einbindung von Nachhaltig als festen Bestandteil des Finanzplatzes Schweiz werden reale und dauerhafte Werte hinsichtlich Positionierung, Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene geschaffen. Zahlreiche Finanzplätze haben dies bereits erkannt; die Schweiz hat das Potenzial zu einer Vorreiterrolle bezüglich Sustainable Finance.

Sustainable Finance
Eine nachhaltige Finanzwirtschaft (Sustainable Finance) integriert Umwelt-, Gesellschafts- und Governance-Kriterien (ESG-Kriterien) (1) in ihre Geschäftstätigkeit und ihre Anlageentscheide. Hiervon profitieren auf Dauer sowohl die Kunden als auch die Gesellschaft insgesamt. Nach vielen Jahren soliden Wachstums hat sich Sustainable Finance zu einem Megatrend entwickelt, der die anlegerseitigen Anforderungen an Liquidität, Eignung und Risikominderung abdeckt und anlageseitig für verantwortungsbewusstes Handeln sorgt.

Weissbuch «Path to the Sustainable Financial Centre Switzerland» (Weg zu einem nachhaltigen Finanzplatz Schweiz)
Sustainable Finance Geneva (SFG) und The Sustainability Forum Zürich (TSF) haben gemeinsam und mit redaktioneller Unterstützung von PwC Schweiz ein Weissbuch herausgegeben, das die kompetitive Positionierung der Schweiz bezüglich nachhaltiger Finanzwirtschaft stärken soll. Die Publikation stützt sich dabei ab auf umfassende Recherchen von SFG und TSF sowie Interviews mit 30 einflussreichen Regulatoren, Politikern und Entscheidungsträgern in der Schweiz.

In seiner Vision folgt das Weissbuch der «Strategie Nachhaltige Entwicklung 2012-2015» des Bundesrates; Wolfgang Rieder, Leader of Advisory, PwC Schweiz, erläutert das Ziel des Papiers wie folgt: «Nach unserer Überzeugung ist Sustainable Finance eine Chance für den Finanz- und Wirtschaftsplatz  Schweiz; daher haben wir  die Erstellung des Weissbuchs unterstützt.»

Die zukünftige Führungsrolle der Schweiz – sechs zentrale Ansätze
Diese Vision und die einzigartigen Stärken der Schweiz haben Sustainable Finance Geneva zur Ausarbeitung von sechs Ansätzen für eine nachhaltige Finanzwirtschaft bewogen: Bei den ersten vier Punkten handelt es sich um konkrete Empfehlungen zur raschen Marktentwicklung; die letzten beiden sind Anregungen zur Förderung der Rahmenbedingungen für Sustainable Finance.

Beschleunigung  der Marktentwicklung nachhaltiger Finanzprodukte

1. Schaffung einer Struktur für nachhaltige Anlagefonds, die spezifisch auf sozial- und/oder umweltverantwortliche Anlagestrategien ausgerichtet ist.
Dieser neue rechtliche Rahmen sollte es jeder schweizerischen oder ausländischen Verwaltungsgesellschaft ermöglichen, in der Schweiz nachhaltige Anlagefonds aufzulegen, der die nach einfachen und transparenten Kriterien reguliert sind.

  • Ein Beispiel: Mindestens 75 % des Fondsvermögens sind in Strategien mit formeller sozialer oder umweltbezogener Dimension anzulegen
  • Verpflichtung, die Strategie und die effektiven Anlagen des Fonds transparent auszuweisen
  • Verpflichtung, in regelmässigen Abständen die sozialen und/oder umweltbezogenen Leistungen zu messen

Mit diesem Angebot kann die Schweiz das Fehlen eines international anerkannten Nachhaltigkeits-Labels «Sustainable Finance» kompensieren. Interessierte Verwaltungsgesellschaften und Fondsmanager profitieren bei der Auflage nachhaltiger Anlagevehikel in der Schweiz von diesem unabhängigen «Label». Die Schweiz gewinnt an Attraktivität als Fondsdomizil. Die Finanzwelt erwartet eine derartige Innovation mit einer gewissen Ungeduld; sie dürfte bei sozial verantwortlichen Anlegern einen bedeutenden Marktanteil gewinnen.

2. Ausarbeitung von steuerlichen Anreizen zur Förderung von nachhaltigen Anlagen
Die Ausarbeitung von systematischen steuerlichen Anreizen im Zusammenhang mit den unter 1 dargestellten nachhaltigen Anlagefonds fördert den Fluss von privaten und institutionellen Mitteln zu den gesamtgesellschaftlich nützlichsten Unternehmen.

Diese Anreize lassen sich wahlweise auf zwei Arten gestalten: Angebotsstimulierung, etwa durch Senkung der Registergebühren für nachhaltige Anlagefonds oder reduzierte Steuersätze für ihre Verwaltungsgesellschaften.
Nachfragestimulierung, etwa durch steuerliche Vorteile bei Veräusserungsgewinnen aus Anlagen in nachhaltigen Anlagefonds nach Ablauf einer bestimmten Haltefrist.

3. Einrichtung einer Vermittlungsplattform für nachhaltige Finanzprodukte
Mit der Einrichtung einer Vermittlerplattform erhalten die institutionellen Anleger (aus dem In- und Ausland) die Möglichkeit, ihre Mandate für sozial verantwortliche Anlagen (Socially Responsible Investments, SRI) transparent und effizient auszuschreiben. Diese Plattform trägt zur Entwicklung von Geschäftschancen in der Schweiz sowie zum internationalen fachlichen Renommee der Schweiz bei, indem sie: die zentrale Anlaufstelle für alle Marktteilnehmer ist, für geringere Vermittlungsgebühren sorgt, einen unmittelbaren und gleichberechtigten Zugang zu sämtlichen SRI-Ausschreibungen im In- und Ausland gewährleistet.

4. Schaffung einer eigenen Börse zur Kotierung von «nachhaltigen Unternehmen»
Die Schweiz verfügt über die besten Voraussetzungen für eine Börse zur Kotierung nachhaltiger Unternehmen, wie sie die Vereinigten Staaten, Singapur oder Südafrika bereits kennen. Eine «Swiss Social Stock Exchange» (3SX) würde für internationale nachhaltige Unternehmen eine Möglichkeit schaffen, sich in einem für seinen fachlich ausgewiesenen Finanzplatz und seine Rechtssicherheit bekannten Land kotieren zu lassen; sie würde den Zugang zu Kapital für diejenigen Unternehmen vereinfachen, die eine soziale Frage auf wirtschaftlichem Wege zu lösen suchen.

Förderung von Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Finanzwirtschaft
5. Unterzeichnung der internationalen Initiative «The Sustainable Stock Exchanges (SSE)»
Die von der UNO im Jahr 2009 lancierte Initiative «The Sustainable Stock Exchanges» soll die nichtfinanzielle Unternehmensberichterstattung in Umwelt-, Gesellschafts- und Governance-Belangen fördern. Effektiv lässt sich belegen, dass Nachhaltigkeitsherausforderungen den Börsenkurs von Unternehmensaktien massgeblich beeinflussen. Für Anleger sind daher standardisierte und transparente Informationen zu diesen Fragen von entscheidender Wichtigkeit.
Diese Initiative kann das Modell «Report or Explain» auf alle in der Schweiz kotierten Unternehmen ausweiten, sodass diese sich entweder zur Veröffentlichung von Umwelt- und Sozialberichten verpflichten oder den Verzicht auf eine solche Veröffentlichung plausibilisieren müssten.

6. Einrichtung eines landesweiten zertifizierten Berufsausbildungsgangs im Bereich nachhaltige Finanzwirtschaft
Ausarbeitung eines als SSIC (Swiss Sustainable Investment Certification) bezeichneten Berufsausbildungsmoduls zum Erwerb der für eine nachhaltige Finanzwirtschaft erforderlichen Kompetenzen und Methoden. Dieser Ausbildungsgang schliesst mit einem international anerkannten Zertifikat nach dem Muster des CFA ab.

Das SSIC trägt zur Stärkung der umfassenden Kompetenz des Finanzplatzes Schweiz in ESG-Fragen bei und sorgt für Wettbewerbsvorteile der Schweizer Arbeitnehmer im In- und Ausland. Das SSIC trägt auch dazu bei, die beste Praxis zu etablieren und zu verbreiten sowie sicherzustellen, dass ausländische Unternehmen der nachhaltigen Finanzwirtschaft, die sich in der Schweiz niederlassen möchten, vor Ort auf ausgebildete und qualifizierte Mitarbeitende zählen können. Anderenorts dürfte dies nicht zwingend der Fall sein.

Chancen jetzt ergreifen
Die Schweiz zählt zu den wenigen Ländern, welche die Nachhaltigkeit in ihrer Verfassung (Art. 73 BV) verankert haben, und sämtliche Schweizer Akteure auffordern, nach besten Kräften zu einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Die Schweiz gehört zudem zu den führenden Finanzplätzen der Welt und hat eine dominante Stellung im Private Banking inne (27 % Anteil am Weltmarkt). Die Finanzwirtschaft trägt 10 % zum Bruttoinlandprodukt der Schweiz bei und stellt 6 % der Arbeitsplätze.

Um diesen Wirtschaftszweig erfolgreich zu schützen und auszubauen, muss auf strategische Innovationen gesetzt werden; die Schweiz kann eine beeindruckende Erfolgsbilanz als Pionierin nachhaltiger Finanzlösungen mit nachweislich positiven Wirkungen vorweisen. Man denke etwa an die Lancierung von Mikrofinanz, bei der die Schweiz Pate gestanden hat. Der ESG-Markt ist hoch entwickelt; er umfasst spezialisierte Pionier-Boutiquen ebenso sehr wie Grossbanken, die eine umfassende Auswahl an nachhaltigen Produkten anbieten. Zudem ist die Schweiz ideal gelegen; sie verfügt über ein anerkanntes und solides Netz internationaler Organisationen mit spezifischer Erfahrung in der grünen und sozialen Finanzwirtschaft. Daher ist sie in der Lage, langfristig anhaltende Wettbewerbsvorteile zu schaffen, indem sie Fachleute, Ideen und Institutionen anzieht. Als Vorbilder für eine nachhaltige Finanzwirtschaft lassen sich zahlreiche Branchen anführen, die in den letzten Jahren entsprechende Labels und Qualitätssicherungssysteme eingeführt haben.

Angela de Wolff, Gründerin und erste Präsidentin von Sustainable Finance Geneva: «Wir glauben grundsätzlich, dass die Schweiz dank ihrer gut verankerten Verpflichtung für eine nachhaltige Entwicklung imstande ist, Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Jetzt sind die Chancen da, wir müssen sie beim Schopf packen.» Thomas Streiff, CEO von The Sustainability Forum Zürich, ergänzt ihre Ausführungen: «Um der Schweiz eine prominente Position in diesem Wachstumsmarkt zu sichern, müssen wir die ausgewiesene Expertise und die fachlichen Kompetenzen von Genf und Zürich verbinden. So können wir auch in Zukunft punkto Produktgestaltung, Vertrieb, Asset Management und der Fondsstrukturierung wettbewerbsfähig und innovativ agieren.»

Die Schweiz muss den für ein Zusammenspiel von Marktmechanismen zur Förderung nachhaltiger Ergebnisse notwendigen Kulturwandel schaffen. Das Schweizer Steuersystem, die rechtlichen und regulatorischen Strukturen müssen sowohl im Inland als  auch international attraktiv und wettbewerbsfähig sein, um institutionelle und private Anleger einzubinden. (TSF-SFG/mc/ps)

(1)  Aus dem Englischen für environmental, social and governance criteria

Links zum Weissbuch
http://www.sustainability-zurich.org/en/p67000024.html
http://sfgeneva.org/index.php/swiss-market

Über TSF
The Sustainability Forum Zürich (TSF) ist seit seiner Gründung 1999 ein unabhängiger Verein auf non-profit Basis. TSF fördert nachhaltiges Unternehmertum unter den Vorzeichen einer dynamischen Globalisierung. TSF unterstützt insbesondere Finanzmarktakteure bei der Früherkennung, Reflexion und Behandlung zukunftsrelevanter Fragen. Zu diesem Zweck führt TSF handlungsorientierte Dialoge mit international anerkannten Experten und Entscheidungsträgern, um unternehmerisch relevante Nachhaltigkeitsgrundsätze in den Finanzmarkt zu integrieren.
http://www.sustainability-zurich.org

Über SFG
Sustainable Finance Geneva (SFG) ist ein Verein von Anlageexperten mit einer einzigartigen Plattform für den Meinungsaustausch innerhalb der Branche. Diese Plattform bietet einen breit angelegten Überblick über die nachhaltige Finanzwirtschaft und deckt einerseits Themen wie SRI und Mikrofinanz ab, andererseits auch das so genannte Impact Investing, philanthropische Ansätze, soziales Unternehmertum und ESG-Research. Zudem fördert sie den Ruf des Finanzplatzes Schweiz als wesentlicher Akteur einer internationalen nachhaltigen Finanzwirtschaft.
http://www.sfgeneva.org

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