Schweiz im weiblichen VR-Ranking nur Mittelmass

Schweiz im weiblichen VR-Ranking nur Mittelmass

Zürich – In Schweizer Verwaltungsräten steigt der Anteil weiblicher Verwaltungsräte. Dennoch besetzen Frauen in den untersuchten Schweizer Unternehmen aktuell nur 13,9% der Verwaltungsratssitze. Dies hat die Studie «2014 European Board Diversity Analysis» der Personalberatung Egon Zehnder ergeben. In Europa stieg deren Anteil in den letzten zwei Jahren um 30%, von 15,6% auf 20,3%. Die Schweiz liegt trotz eines Anstiegs von 11,6% auf 13,9% immer noch deutlich unter dem europäischen Durchschnitt. 2004, bei der ersten der alle zwei Jahre durchgeführten Studie, waren es in Europa noch 8%, in der Schweiz 9%. Seither lag der schweizerische Durchschnitt unter dem europäischen. In der neuen Studie gibt es auch erstmals einen weltweiten Vergleich.

Vorreiter bei der Besetzung von weiblichen Verwaltungsräten in den 356 befragten Unternehmen mit mehr als 4 Milliarden Euro Börsenwert in 17 europäischen Ländern ist Norwegen mit 38,9%, gefolgt von Finnland (32,1%), Frankreich (28,5%), Schweden (27,5%) und Grossbritannien (22,6%). Diese fünf europäischen Länder sind auch die weltweiten Spitzenreiter. Schlusslichter in Europa sind Portugal (5,2%), Luxemburg (8,9%), Griechenland (9,9%), Österreich (10,7%) und dann die Schweiz mit 13,9%. Weltweit am Ende der Tabelle sind Japan (3,3%), Russland (5,6%), Indien (8,8%) und China (9,2%) in den zusätzlich 568 befragten Unternehmen.

Kein Spitzenplatz für die Schweiz
Im Einzelnen sieht es in der Schweiz so aus: Von den untersuchten Unternehmen haben 26 eine Frau im Verwaltungsrat (76,5%). Von den insgesamt 331 Verwaltungsratsposten sind 46 (13,9%) von Frauen besetzt, 285 von Männern. Im Vergleich dazu die USA: Dort beträgt der Anteil 21,2%. Von 100 Unternehmen haben 99 eine Frau im Verwaltungsrat, auf 252 von 1190 Verwaltungsratsposten sitzen Frauen.

Die Studie zeigt auch: Nur noch 7,6% der untersuchten europäischen Unternehmen haben keine Frau in ihren Verwaltungsräten. 2006 waren es noch 32,2%. Und immerhin fast ein Drittel aller kürzlich eingesetzten Verwaltungsräte sind weiblich. Doch der Anteil der Verwaltungsratspräsidentinnen liegt in Europa erst bei 2,6% (2010: 1,7%) und bei 3,7% ausserhalb Europas.

Anhaltend tiefer Anteil bei geschäftsleitenden Positionen
Auch bei der Funktion als Geschäftsführerinnen ist noch Luft nach oben: In den europäischen Unternehmen beträgt deren Anteil derzeit erst 5,6%. 2010 waren es noch 4,2%. Dieser anhaltend tiefe Anteil ist zwar keine zentrale Erkenntnis der Studie, denn er ist nicht überraschend, aber er ist ein wesentliches Indiz für die zukünftige Entwicklung in Richtung einer ausgeglichenen Zusammensetzung in Verwaltungsräten. Der Mangel an Geschäftsführerinnen zeigt auf, dass Europa –
wie die ganze Welt – noch vor vielen Herausforderungen steht, genügend weiblichen Nachwuchs bei Top-Positionen gerade auch für Verwaltungsratsmandate zu finden. Es bleibt noch viel zu tun, um weibliche Führungskräfte im obersten Kader erfolgreich ans Unternehmen zu binden und ihr Fortkommen im Unternehmen sicherzustellen, sodass sie die nötige Bereitschaft aufweisen, in den Verwaltungsrat überzutreten.

Fortschreitende Internationalisierung
Hoch ist in der Schweiz immerhin der Anteil an ausländischen Verwaltungratsmitgliedern: Mit einem Anteil von 69,5% steht die Schweiz im europäischen Länder-Ranking auf Platz drei nach Luxemburg (86,7%) und Irland (76,6%). Auf dem letzten Platz liegt Italien mit 13,6 Prozent; Deutschland weist einen Anteil von 20,2% auf.
Verwaltungsräte in den untersuchten Unternehmen in Europa haben zu knapp einem Drittel (32,3%) nicht die Nationalität des entsprechenden Landes. Im Vergleich zum Stand von 2006 mit 22,7% ist dies ein deutlicher Fortschritt.

Von den insgesamt untersuchten Verwaltungsratsgremien haben deren 89,6% Ausländer an Bord. In der Schweiz sind es 97,1% der Gremien, was besonders hoch ist und eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr (94,1%) darstellt.

Aufholbedarf kein Argument für fixe Quoten
Nach Ansicht von Philippe Hertig, Partner Egon Zehnder Zürich, sind bei der Gleichberechtigung für Frauen Fortschritte klar erkennbar, dennoch seien in den nächsten Jahren weitere Fortschritte nötig, «denn die politischen Regulierungen und der öffentliche Druck auf die Unternehmen zu höheren Frauen-Anteilen sind deutlich spürbar». Interessant ist die Erkenntnis, dass Länder mit einer vorgeschriebenen Frauenquote nicht zwingend eine erfolgreichere Entwicklung der Frauenanteile verzeichnen. Zu individuell sind die länder-, branchen- und unternehmens-spezifischen Bedürfnisse. Nur wenn es auf freiwilliger Basis in Zukunft keine signifikante Entwicklung gäbe, könnten feste Quoten zum Thema werden. In diese Richtung geht auch der Vorschlag des Branchenverbands Economiesuisse, wonach pro Verwaltungsratsgremium zumindest eine Frau empfohlen wird.

Indien ist diesen Weg konsequent gegangen: Seit 2013 sind börsenkotierte Unternehmen gesetzlich verpflichtet, mindestens ein weibliches Verwaltungsratsmitglied zu haben. Deshalb lautet die ermutigende Botschaft der Studie: Die Anstrengungen zur Diversifizierung müssten weitergehen, so Philippe Hertig, «damit wir in den Unternehmen auch in Zukunft die Leute vorfinden und einstellen können, die den neuen gestiegenen Herausforderungen gewachsen sind». Nur in gemischten Teams – nicht nur in Bezug auf das Geschlecht – könnten Höchstleistungen erbracht werden. Und die Welt sei noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem von echter «Diversity» in den Verwaltungsräten gesprochen werden könne: «Ein Frauenanteil von 20% ist eine beachtliche Entwicklung, jedoch erst der Beginn von Diversity.» (Egon Zehnder/mc/pg)

Board Diversity – How we get there?

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