Thomas Wolfensberger, CEO Peach Property, im Interview

Thomas Wolfensberger, CEO Peach Property, im Interview
Thomas Wolfensberger, CEO Peach Property. (Foto: zvg)

von Patrick Gunti

Moneycab.com: Herr Wolfensberger, die Peach Property Group investiert hauptsächlich in attraktive Wohnanlagen in deutschen B-Städten im Umfeld von Ballungsräumen. Vielleicht zuerst zur Klärung: Wie definieren sich B-Städte?

Thomas Wolfensberger: Die Einstufung wird aufgrund der funktionalen Bedeutung der Städte für den internationalen, nationalen oder lokalen Immobilienmarkt vorgenommen. B-Städte sind Grossstädte, die eine nationale und regionale Bedeutung haben – und typischerweise deutlich über 100.000 Einwohner. Darunter fallen Städte wie Bielefeld, Essen oder Bochum. Zum Vergleich, A-Städte sind die wichtigsten deutschen Zentren, welche eine nationale und teilweise internationale Bedeutung haben. Hier sprechen wir von den sieben grossen Städten wie Berlin, Frankfurt oder auch Düsseldorf.

Was macht gerade das Segment der B-Städte für Peach Property attraktiv?

Die Immobilienpreise haben in Deutschland, wie auch in der Schweiz in den letzten Jahren stark angezogen. In Deutschland sowohl in den B- als auch in den A-Städten. Was aber geblieben ist, ist die signifikante Differenz der erzielbaren Renditen. Während Investoren in den A-Städten 2018 im Schnitt das 27-Fache der Nettomiete für eine Wohnanlage zahlen musste (Bruttorendite 3.7%), war es in den B-Städten nur etwa das 19-Fache (Bruttorendite 5.3%).

Und diese Kriterien finden sich in Deutschland im Umfeld welcher Städte?

Viele B-Städte können es von der Grösse her mit den grössten Städten der Schweiz aufnehmen. Beispielsweise besitzen wir ein Portfolio von etwa 1’100 Wohnungen in Oberhausen, einer Stadt mit über 220’000 Einwohnern in unmittelbarer Nachbarschaft von Düsseldorf, Köln und Duisburg. Wir finden die Dynamik im gesamten Rheingebiet sehr spannend. Die Hälfte unseres Portfolios von rund 8’800 Wohnungen ist hier angesiedelt. Das Bundesland Nordrhein-Westphalen hat eine ähnliche Wirtschaftsleistung wie die Schweiz, die Niederlande oder die Türkei und mehr als die Hälfte von Spanien. Über 5.5 Mio. Personen wohnen in diesem polyzentrischen Wirtschaftsraum, in dem sich eine grosse Stadt nahtlos an die andere fügt.

«Wir finden die Dynamik im gesamten Rheingebiet sehr spannend. Die Hälfte unseres Portfolios von rund 8’800 Wohnungen ist hier angesiedelt.»

Thomas Wolfensberger, CEO Peach Property

Und ausserhalb von NRW?

Ein anderes Beispiel ist unser neustes Grossportfolio mit 1’066 Wohneinheiten in Heidenheim bei Ulm. Heidenheim hat 47’000 Einwohner, das Luftlinie rund 30 Kilometer entfernte Ulm bringt es bereits auf etwas über 150’000. Heidenheim mag für viele nicht gleich ein Begriff sein, aber die dort ansässigen Unternehmen schon: so sind in der Stadt mehrere internationale Grosskonzerne angesiedelt, beispielsweise die Voith Unternehmensgruppe, ein Technologiekonzern mit über 19’000 Mitarbeitern oder die im Medizinal- und Hygienebereich tätige Hartmann Gruppe mit über 10’000 Mitarbeitern. Wir mögen diese Dynamik, eine mittlere Stadt, die vielleicht von einigen Investoren «übersehen» wird, die aber sehr starke wirtschaftliche Fundamentaldaten aufweist.

Welches sind die grössten Investitionsrisiken in diesem Segment?

Wir setzten auf Städte, die eine gut funktionierende Wirtschaft und einen damit einhergehenden positiven Arbeitsmarkt bieten, an ein überregionales Verkehrsnetz angebunden sind und die eigene Entwicklung mitfördern.

Damit sind die wichtigsten Risiken im Griff: Die gute Lagequalität der Standorte in unserem Portfolio ist Garant dafür, dass wir auch dann gut vermieten, sollte es in Deutschland irgendwann wieder eine Rezession geben. Falls dies geschähe, hätten wir gegenüber Investoren in A-Städten den Vorteil, dass unsere Mieter einen wesentlich geringeren Anteil ihres Einkommens für die Miete ausgeben und damit bezüglich ihrer Wohnkosten weniger unter Druck kämen, als in typischen A-Städten wie München und Frankfurt.

Sie haben die Risiken in den letzten Jahren auch reduziert.

Richtig, ganz allgemein haben wir das Risikoinventar unserer Firmengruppe in den letzten Jahren systematisch gesenkt. So haben wir in Deutschland insbesondere keine Entwicklungs- und Baurisiken mehr. Die Finanzierungskosten konnten stetig optimiert werden und über 90% unserer Finanzierungen sind langfristig, also über 5 Jahre angelegt. Zudem hat unser Portfolio nun eine Grösse erreicht, die es uns erlaubt, aus uns selber zu wachsen. Das Portfolio rentiert mit einer Bruttorendite von 5.6% mit einer steigenden Bruttomarge. Dies lässt darauf schliessen, dass uns Zinsveränderungsrisiken auch langfristig nicht sehr stark treffen würden.

Das grösste verbleibende Risiko ist vermutlich das schwierig zu planende Wachstum durch Zukäufe von Portfolios. Hier sind wir sehr aktiv im Markt, prüfen im Schnitt 20 Investments, bis wir tatsächlich zum Zug kommen. Manchmal eine Sisyphus-Arbeit, die aber über die Zeit sehr lohnend ist.

«Die gute Lagequalität der Standorte in unserem Portfolio ist Garant dafür, dass wir auch dann gut vermieten, sollte es in Deutschland irgendwann wieder eine Rezession geben.»

Wie Peach Property haben in den letzten Jahren auch viele andere Investoren B-Standorte entdeckt. Hat dies die Preise bereits in die Höhe getrieben?

Die Preisentwicklung in den Deutschen A-, B- und C-Städten lief in den letzten 10 Jahren quasi parallel auf unterschiedlichen Niveaus. Es ist aber schon so, dass gerade in den letzten Jahren vermehrt auch grössere Investoren auf Portfolios in B- und C-Städten bieten. Die Preisniveaus sind überall gestiegen und heute nahe an oder auf ihrem höchsten historischen Stand. Doch wenn man nur auf die Renditen sieht, bekommt man ein sehr unvollständiges Bild vom Markt. Wichtig ist beispielsweise auch der Blick auf die Miethöhen. Wenn die Mieten im Vergleich zum Umfeld relativ tief sind, besteht hier Aufholpotenzial, welches über die Jahre gehoben werden kann.

Für Peach Property hat sich der Ausbau des Immobilienportfolios auf aktuell 8’800 Wohneinheiten gelohnt. Sie sind kräftig gewachsen und auch den Gewinn vor Steuern stieg Ende 2018 um 10%. Wie werten Sie das Resultat?

Das Resultat in seiner Summe ist letztlich ein Mass für die Leistungsfähigkeit der Gruppe. Sicherlich sind wir ein wenig stolz, dass wir mit 45 Mio Franken Reingewinn eine neue Höchstmarke erklommen haben. Wir sind aber ein sehr langfristig orientierter Investor und legen unser Augenmerk auf den stetigen Aufbau von Werten. Im Zentrum stehen unsere Mieter mit ihren Bedürfnissen. Wir sind bemüht, das Mieterlebnis für sie zu einem möglichst positiven werden zu lassen. Nur dadurch können wir langfristig erfolgreich agieren. Unser Portfolio weist noch beträchtliches Potenzial auf, dieses werden wir in den nächsten Jahren heben.

Der Marktwert des Bestandsportfolios betrug Ende 2018 fast 700 Mio. Franken. Wie hoch waren über den Ausbau des Portfolios hinaus im vergangenen Jahr die Investitionen in die Wertsteigerung der Liegenschaften?

Im abgelaufenen Jahr haben wir im Schnitt etwa jeden Monat 1 Mio Franken direkt in unsere Immobilien investiert, dieser Betrag wird sich 2019 nochmals erhöhen. Ein grosser Teil hiervor machen Wohnungssanierungen der Anlagen aus, die wir mit grösseren Leerständen gewissermassen als Arbeitsvorrat erworben hatten. Wir haben hierfür nun ein Netzwerk von strategischen Partnern überall in Deutschland zur Verfügung, welche über eine digitale intelligente Informationsinfrastruktur mit uns kommunizieren. Dies erlaubt uns, die Sanierungsgeschwindigkeit zu erhöhen – ein wichtiger Faktor für weiteres Wertwachstum.

«Im abgelaufenen Jahr haben wir im Schnitt etwa jeden Monat 1 Mio Franken direkt in unsere Immobilien investiert, dieser Betrag wird sich 2019 nochmals erhöhen.»

Wenn wir als Beispiel die 200 im Januar 2019 neu erworbenen Wohnungen in Kaiserslautern nehmen: Welche Voraussetzungen müssen bezüglich dem baulichen Zustand erfüllt sein, damit ein Kauf in Frage kommt? Und welche Rolle spielt der Vermietungsstand?

Wir kaufen Portfolios nur, wenn sie in einem guten baulichen Allgemeinzustand sind. Dies sieht man jeweils auch am Vermietungsstand. In den letzten drei Jahren haben wir Bestände mit jeweils weniger als 7% Leerstand gekauft, das lässt darauf schliessen, dass der Zustand grundsätzlich gut ist. Das ist für uns eine stabile Basis um die Wohnanlagen spezifisch da zu verbessern, wo es unseren Mietern wirklich darauf ankommt.

In der Vergangenheit haben wir auch einige «Arbeitsimmobilien» gekauft, dies sind Wohnanlagen mit grösserem Sanierungsstau und höheren Leerständen. Dies umfasst primär die Portfolios in Neukirchen und Fassberg mit jeweils über 50% Leerstand. Die Cashflows zu Beginn sind zwar gering, mit der Sanierung von über 100 Wohnungen pro Jahr werden aber substanzielle Werte gehoben. Unser aktueller Leerstand von rund 11% hat übrigens sehr viel damit zu tun, dass wir diese beiden Objekte eingekauft haben und an der Sanierung sind. Der Leerstand reduziert sich nun zunehmend. Und damit einher geht eine weitere Steigerung des Portfoliowerts.

Ihr Portfolio in Kaiserslautern umfasst nun rund 1’300 Einheiten. Welche Synergieeffekte können genutzt werden?

Wir können sicherlich von einer gemeinschaftlichen Struktur vor Ort profitieren. Speziell dafür sprechen unsere Peach Points, welche ab einer bestimmen Standortgrösse für uns sinnvoll sind. Durch diese Mietershops sind wir direkt vor Ort vertreten, können auf die Mieter schneller eingehen und somit rascher agieren. Weiter gibt uns auch die entsprechende Grösse die Möglichkeit, Mitarbeiter vermehrt Vorort einzusetzen. So auch unser Vermietungs- oder Hausmeisterteam.

«Digitale Instrumente ermöglichen uns, die Mieter effizienter und besser zu betreuen, mehr und schneller zu vermieten und zu sanieren.»

Sie heben in Ihrem Jahresbericht das «mieterorientierte Property Management» heraus. Was gehört dazu?

Wir haben in den letzten Jahren einige Innovationen eingeführt, um dem Auftrag «mieterorientiert» zu agieren, gerecht zu werden. Aus dieser Idee sind auch unsere aktuell drei Peach Points entstanden. Dies sind Mietershops, wo wir unsere Mieter die ganze Woche während Ladenöffnungszeiten empfangen und wo diese Fragen zu ihrer Wohnung oder dem Vertrag stellen, Schäden melden oder einfach nur einen Kaffee trinken oder die Co-Working-Infrastruktur nutzen können. Wir wollen nahe dran sein und kein Call Center-Feeling vermitteln, wo der Mieter das Gefühl hat, nur eine Nummer zu sein. Wir haben uns daneben sehr intensiv mit den digitalen Instrumenten beschäftigt, die uns ermöglichen, die Mieter effizienter und besser zu betreuen, mehr und schneller zu vermieten und zu sanieren.

Von der Bewirtschaftung über die Vermietung und Vermarktung bis hin zum Leerstandsmanagement bietet die Digitalisierung der Immobilienbranche umfassende Möglichkeiten. Welche Ausbauschritte können Sie sich vorstellen?

Die Digitalisierung der wichtigen Unternehmensprozesse ist ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit. Wir setzen bei der Kundenexperience an, also den Erfahrungen, die unsere Mieter und Mietinteressenten im Umgang mit uns machen. In der Vermietung haben wir beispielsweise einen Whatsapp- und Facebook-Bot eingeführt, er hilft Mietinteressenten 24 Stunden am Tag, Termine für Besichtigungen zu vereinbaren. Ein zweites Beispiel ist der Bonitätscheck, der nahtlos ins CRM-System eingebettet ist und damit die Notwendigkeit des Herumtelefonierens diesbezüglich stark reduziert, sowohl für die Mietinteressenten wie auch unsere Mitarbeiter ist dies ein sehr nützliches Instrument. Wir haben durch diese und weitere Massnahmen die Durchlaufzeiten in der Vermietung von über 20 Tagen auf 3 Tage reduzieren können.

Im Moment legen wir ein grosses Augenmerk auf die effiziente Bearbeitung von Schadensmeldungen, die von unseren Mietern eingehen. Über unsere Multichannel-Architektur können Mieter mit uns telefonisch, per E-Mail und über unsere App kommunizieren oder einfach in einen der Peach Points kommen. In allen Fällen werden die Anfragen im zentralen Ticketingsystem erfasst und es ist für Mieter und Mitarbeiter jederzeit ersichtlich, wie weit eine Anfrage in der Bearbeitung ist.

Herr Wolfensberger, wir bedanken uns für das Interview.

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