Nato-Staaten einigen sich trotz Streits auf Gipfelerklärung

Nato-Staaten einigen sich trotz Streits auf Gipfelerklärung
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Gespräch mit US-Präsident Donald Trump. (Foto: Nato)

Brüssel – Die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten haben sich trotz des erbitterten Streits um die Verteidigungsausgaben auf eine gemeinsame Gipfelerklärung geeinigt. In dem am Mittwoch in Brüssel verabschiedeten Text wird allerdings keine Lösung für die vor allem zwischen Deutschland und den USA ausgetragene Auseinandersetzung aufgezeigt. Die 29 Nato-Staaten bekräftigen lediglich noch einmal ihr «uneingeschränktes Bekenntnis» zu dem sogenannten «Zwei-Prozent-Ziel» aus dem Jahr 2014.

Dieses wird allerdings unterschiedlich interpretiert. Nach Auffassung von US-Präsident Donald Trump haben sich damals alle Nato-Staaten verpflichtet, spätestens 2024 mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Die deutsche Regierung verweist jedoch darauf, dass im Beschluss lediglich davon die Rede ist, sich in Richtung der zwei Prozent zu bewegen.

Nach den jüngsten Prognosen der Nato werden 2018 neben den USA lediglich Griechenland, Grossbritannien, Polen, Rumänien sowie die drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland das Zwei-Prozent-Ziel erreichen. Deutschland liegt trotz deutlich steigender Verteidigungsausgaben derzeit bei etwa 1,24 Prozent. Nach deutscher Lesart haben sie sich damit auf die zwei Prozent zubewegt, weil die Quote 2014 nur bei 1,18 Prozent lag. 2024 soll die Quote nach einem Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei 1,5 Prozent liegen.

Trump attackiert Deutschland
Noch vor Beginn des offiziellen Gipfels waren die USA und Deutschland am Mittwoch frontal aneinandergeraten. Trump griff die Bundesregierung wegen zu niedriger Verteidigungsausgaben und milliardenschwerer Gasimporte aus Russland über die Pipeline Nord Stream 2 scharf an – was sich Kanzlerin Angela Merkel strikt verbat. Die CDU-Chefin unterstrich in Brüssel die grossen Anstrengungen Deutschlands für die Nato und die USA. «Wir stellen den grössten Teil unserer militärischen Fähigkeiten in den Dienst der Nato», sagte Merkel vor einem vor den Nachmittag geplanten Einzelgespräch mit Trump. «Und wir sind bis heute sehr stark in Afghanistan engagiert. Und damit verteidigen wir auch die Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika.»

«Deutschland ist total von Russland kontrolliert»
Trump hatte im Streit über die Erhöhung der Verteidigungsausgaben gezielt Deutschland ins Visier genommen und seine Kritik mit dem Bau der Gaspipeline Nord Stream 2 gekoppelt. Die USA beschützten Deutschland, doch die Bundesrepublik mache einen milliardenschweren Erdgasdeal mit Russland, sagte Trump am Mittwochmorgen und fügte hinzu: «Deutschland ist total von Russland kontrolliert.» Das Land sei ein «Gefangener» Russlands.

Merkel reagierte darauf scharf. Bei ihrer Ankunft beim Gipfel betonte sie mit Blick auf die frühere DDR, sie habe selbst erlebt, dass ein Teil Deutschlands von der Sowjetunion kontrolliert worden sei. «Ich bin sehr froh, dass wir heute in Freiheit vereint sind als die Bundesrepublik Deutschland und dass wir deshalb auch sagen können, dass wir unsere eigenständige Politik machen können und eigenständige Entscheidungen fällen können», sagte die Kanzlerin.

Gas-Pipeline ist Trump schon lange ein Dorn im Auge
Trump kritisiert das deutsch-russische Erdgasprojekt in der Ostsee seit Monaten scharf. Die rund 1200 Kilometer lange Pipeline Nord Stream 2 soll russisches Erdgas über die Ostsee nach Mittel- und Westeuropa transportieren. Die USA sehen Europa indes als wichtigen Markt für ihr eigenes Fracking-Gas. Trump argumentierte, Deutschland zahle Milliarden an Russland und mache Moskau damit stark, lasse sich dann aber von den USA und der Nato gegen Russland beschützen.

Trumps Aussagen über Deutschland sind bemerkenswert, weil er sich selbst Vorwürfen ausgesetzt sieht, einen zu russlandfreundlichen Kurs zu verfolgen. Von scharfer Kritik am russischen Präsidenten Wladimir Putin hat er in den vergangenen Monaten abgesehen. Am kommenden Montag will sich Trump in der finnischen Hauptstadt Helsinki mit Putin treffen. Es gibt Befürchtungen, dass er dem Kreml-Chef dabei grosse Zugeständnisse machen könnte.

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen reagierte am Mittwoch gelassen auf Trumps Kritik. «Wir haben uns jetzt fast schon daran gewöhnt», sagte sie. «Wir kommen damit zurecht.» Sie verneinte die Frage, ob sie sich von Trump unfair als Zielscheibe unter den Bündnispartnern herausgepickt sehe.

Bereits beim ersten Nato-Gipfel mit Trump im Mai 2017 war es zu einem beispiellosen Eklat gekommen. Der US-Präsident hatte damals eine Rede zur Vorstellung eines Denkmals dazu genutzt, um aggressiv Kritik an den Bündnispartnern zu üben. (awp/mc/pg)

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