WEF 2020: Der Zauberberg im Schatten von Thunberg

WEF 2020: Der Zauberberg im Schatten von Thunberg
Die schwedische Klimaschutzaktivistin Greta Thunberg am Dienstag am WEF in Davos. (Copyright by World Economic Forum/Sandra Blaser)

Davos – Das diesjährige WEF stand ganz im Zeichen des Klimawandels. Den Ton gab dabei die junge Klimaaktivistin Greta Thunberg an. Nur einer wollte sich vom allgegenwärtigen Pessimismus in Sachen Erderwärmung nicht anstecken lassen: US-Präsident Donald Trump.

«Unser Haus brennt noch immer. Eure Untätigkeit heizt die Flammen stündlich an.» Diese überaus deutlichen Worte richtete die 17-jährige schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg in ihrer Rede am ersten Tag des am Freitag beendeten Weltwirtschaftsforums (WEF) ans Publikum. Das Thema für den Anlass war somit gesetzt. In fast allen Diskussionsrunden drehte es sich zumindest teilweise um den Klimawandel.

Nebst Thunberg nutzten auch andere junge Klimaaktivisten die 50. Ausgabe des Forums in Davos, um eine stärkere Mitsprache ihrer Generation beim Kampf gegen die Erderwärmung einzufordern. Die Politik habe die Erfahrung, die jungen Leute die Ideen, wie die Probleme gelöst werden könnten, sagte etwa Natasha Mwansa aus Sambia. Ihre Ansichten müssten besser gehört werden. Es gehe nicht um Reden, sondern um Handlungen und Unterstützung.

Wissenschaft einbinden
Thunberg selbst forderte derweil vor allem, die Wissenschaft stärker einzubinden. «Wir müssen die Krise behandeln als das, was sie ist: Eine Krise», sagte die 17-jährige Schwedin. Es müsse viel mehr passieren, dies sei erst der Anfang. «Wir sagen euch immer noch, dass ihr in Panik geraten und so handeln sollt, als ob ihr eure Kinder über alles liebt», sagte Thunberg und meinte damit, dass der Planet auch noch für spätere Generationen bewohnbar bleiben soll.

Die meisten grossen Politiker, die am WEF auftraten, gingen auf diese Worte ein. Die Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga etwa sagte in ihrer Eröffnungsrede: «Die Welt brennt». Vom Amazonas bis nach Australien griffen die Feuer um sich. Die Auswirkungen für den Menschen seien desaströs. Das ökologische Gleichgewicht gerate aus den Fugen.

Zölle und Importschranken
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen drohte Handelspartnern mit Zöllen oder anderen Importschranken, wenn sie weniger klimafreundlich produzierten als europäische Unternehmen. Sich an die Standards zu halten sei eine Frage der Fairness gegenüber den europäischen Unternehmen und Arbeitnehmern. Man werde sie vor unfairem Wettbewerb schützen. Und die deutsche Bundeskanzlerin nannte die Beschränkung der globalen Erderwärmung gar «eine Frage des Überlebens» für den gesamten Planeten.

Doch nicht nur bei der Politik, auch bei den Konzernlenkern standen dieses Jahr alle Ampeln auf grün: Es gab kaum einen Konzernchef bei der Jahrestagung, der sich nicht den progressiver Anpeitscher mimte, keinen Manager, der nicht das Potenzial klimafreundlicher Geschäftsmodelle hervorhob. Mehr als 140 Wirtschaftsbosse verpflichteten sich gar dazu, sich auf einheitliche Kennzahlen für Investments in nachhaltige Anlageformen zu einigen.

Trump kontert Greta
Alles im grünen Bereich also? Nicht ganz. Denn ausgerechnet einer der grössten Stargäste scherte aus dem Zug der Klimaretter aus: US-Präsident Donald Trump. «Wir müssen die ewigen Propheten des Untergangs und die Vorhersagen einer Apokalypse ablehnen», sagte der US-Präsident in seiner Rede vor den Gästen des Forums. «Dies ist keine Zeit für Pessimismus, dies ist eine Zeit für Optimismus.»

Trump betonte, die 17-jährige Schwedin solle andere Länder anstelle der Vereinigten Staaten stärker in den Fokus nehmen. Die USA seien «sauber und schön». Aber es gebe einen anderen Kontinent, «wo so viel Rauch aufsteigt, dass man es kaum glauben kann», erklärte Trump – ohne dabei Asien, China oder Indien namentlich zu nennen. «Greta sollte anfangen, sich um diese Länder zu kümmern.»

Die USA hätten dafür Wachstum, Kreativität und die Bereitschaft, jeder Herausforderung zu begegnen, sagte er. Überhaupt war der US-Präsident in Davos an mehreren Auftritten vor allem voll des Lobes für die US-Wirtschaft – und damit für sich selbst. Sein Auftritt in Davos glich einer Wahlkampfveranstaltung und dürfte auch zum Ziel gehabt haben, sich im laufenden Amtsenthebungsverfahren im US-Senat gegen die Demokraten zu positionieren.

Druck auf Europäer
Daneben nutzte der US-Präsident den Anlass, um auf die Europäer Druck auszuüben. Wenn sich die Europäische Union nicht rasch mit der US-Regierung auf ein neues Handelsabkommen einigen sollte, drohten neue Strafzölle auf den Import von Autos und anderer Waren, warnte Trump. Nach dem Abschluss des Teilabkommens mit China sei es an der Zeit, sich um die «unfairen» Handelsbeziehungen mit Europa zu kümmern.

Trotz des Ausscherens von Trump aus dem Reigen der Klimaschützer lässt sich aber nicht verneinen, dass die 50. Ausgabe des WEF ganz im Zeichen des Greta-Effekts stand. Darin waren sämtliche Beobachter sich einig. Seinen Bemühungen, das Forum als Plattform mit sozialem und ökologischem Gewissen zu positionieren, habe WEF-Gründer Klaus Schwab durch die Einladung von US-Präsident allerdings einen Bärendienst erwiesen.

Thunberg will Taten
Greta selbst kritisierte zum Schluss des Anlasses vor allem, dass es ihr am WEF zu optimistisch zu und her gegangen sei. An die Organisatoren des WEF gab es von den Klimaaktivisten verhaltenes Lob. Zwar sei das Bestreben, Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen mehr Gewicht zu geben, richtig. «Nach vielen Worten müssen jetzt aber Taten folgen», sagte Thunberg. (awp/mc/pg)

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