Western Asset Management: Inflationsdebatte – übertrieben optimistisch

Western Asset Management: Inflationsdebatte – übertrieben optimistisch
Kommentar von Joseph A. Filicetti, Produktspezialist bei Western Asset Management, Teil von Franklin Templeton. (Bild: zvg)

Die derzeitige Debatte über steigende Zinsen und Inflation in den USA erscheint uns doch übertrieben optimistisch. Wir sind zwar sehr zuversichtlich, dass wir die vor uns liegenden medizinischen und ökonomischen Herausforderungen meistern werden, wenn die COVID-19-Infektionen und die Beeinträchtigung des Wirtschaftsentwicklung zurückgehen, allerdings dürfte dies mehr Zeit in Anspruch nehmen, als die Märkte aktuell einpreisen.

Um einzuschätzen, wie schnell die US-Wirtschaft wieder auf das Niveau von vor dem Ausbruch der Coronakrise zurückkehren könnte, sollte man sich folgendes fragen: Wie präsentierte sich das damalige Umfeld? Nun, im Dezember 2019 befand sich die Arbeitslosigkeit in den USA auf einem 50-Jahres-Tief, Aktien notierten auf einem Allzeithoch – und die Fed senkte die Zinsen, weil die Inflation extrem niedrig war. Heute hingegen liegt die Arbeitslosigkeit, wenn man die Partizipationsrate betrachtet, bei fast 10 %. Rund 10 Millionen Amerikaner sind arbeitslos, wobei einige dieser Arbeitsplätze aufgrund von Covid dauerhaft verloren gegangen sind. Im Hinblick auf die Verschuldung ist die Lage deutlich schlechter als im Dezember 2019. Darüber hinaus werden die Steuerausgaben, die die Demokraten im März durch den Haushaltsabstimmungsprozess verabschiedet haben, zusätzlich zu den 900 Milliarden Dollar, die im Dezember 2020 genehmigt wurden – sowie die Möglichkeit eines Infrastrukturabkommens im späteren Verlauf dieses Jahres – durch noch mehr Schulden finanziert werden.

Dieser fiskalische Schub wird die US-Wirtschaft kurzfristig enorm ankurbeln. Doch wird er genügend Eigendynamik entwickeln, um längerfristig ein nennenswertes BIP-Wachstum zu generieren? Die Antwort darauf ist für uns nicht eindeutig. Nimmt man die größte Steuersenkung für Privatpersonen und Unternehmen in der Geschichte der USA im Jahr 2018, die als sich selbst verstärkender Impuls vermarktet wurde: Im Dezember desselben Jahres verpuffte das Wachstum und die Fed verbrachte das Jahr 2019 damit, eine Vielzahl zuvor durchgeführter Zinserhöhungen rückgängig zu machen – wiederum, weil die Inflation zu schwach war.

So spiegelt die aktuelle Preisgestaltung einen spektakulären Optimismus wider. Der aktuelle Fünf-Jahres-Forward deutet zum Beispiel darauf hin, dass die Fed den Leitzins in fünf Jahren über 2,0 % haben will. Dies bedeutet, dass die Fed in der Lage sein muss, all ihre Käufe und Anpassungen vollständig zurückzufahren, ohne das Wachstum zu bremsen. Ausserdem muss sie in der Lage sein, den Leitzins um mindestens 200 Basispunkte anzuheben, ohne das Wachstum zu beeinträchtigen; auch unsere enorme Schuldenlast darf das Wachstum nicht verlangsamen und die Fed müsste eine umfassende Vollbeschäftigung erreicht haben, von der alle profitieren. Ist es möglich, dass irgendetwas schief gehen kann oder es länger dauert, dies zu erreichen? All diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um nur die Gewinnschwelle zu erreichen!

Wir gehen davon aus, dass die Inflation in diesem Jahr durch Basiseffekte ansteigen wird. Sowohl der Vorsitzende als auch der stellvertretende Vorsitzende der Fed geben offen zu, dass sie bereit sind, eine «vorübergehende Inflation» in Kauf zu nehmen, da die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sie nicht dauerhaft anhält. Ihr Inflationsziel ist nicht nur, mittelfristig 2 % zu erreichen, sondern ein hohes Maß an Vertrauen zu haben, dass es dauerhaft auf diesem Niveau bleibt. Längerfristige säkulare Kräfte, mit denen wir es seit der globalen Finanzkrise zu tun haben, haben die Inflation gedämpft. Dazu gehören die Verschuldung und die Alterung der Bevölkerung in den Industrieländern, die die Abhängigkeitsquotienten erhöhen, sowie der technologische Fortschritt. Während der technische Fortschritt die Produktivität im Laufe der Zeit erhöht, verdrängt er auch immer mehr Arbeitsplätze. Alle drei Faktoren haben sich im Laufe der Zeit verschlechtert. Derzeit deuten die 10-jährigen US-Staatsanleihen darauf hin, dass die Aufgabe der Fed bereits erfüllt ist – könnte auch dies zu optimistisch sein? Wir denken ja. (Western Asset Management/mc/ps)

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