«Wohneigentum auf Zeit» stösst auf breite Akzeptanz

«Wohneigentum auf Zeit» stösst auf breite Akzeptanz
(Bild: Fotolia, #105282329)

Luzern – Die Hochschule Luzern untersuchte, welche Marktchancen die neue Eigentumsform «Wohneigentum auf Zeit» hat. Insgesamt stösst das Modell, bei dem ein Wohnobjekt für eine im Voraus festgelegte Zeitperiode gekauft wird, hierzulande auf hohe Zustimmung. «Wohneigentum auf Zeit» bietet sowohl den Erwerbern als auch den Investorinnen sowie der Gesamtwirtschaft Vorteile.  

Bei «Wohneigentum auf Zeit» wird das Eigentum eines Wohnobjektes auf eine im Voraus festgelegte Zeitperiode (z.B. 30 Jahre) beschränkt. Die Zeitperiode richtet sich unter anderem an mit dem Lebenszyklus verbundenen Umständen: Ein Paar kauft ein Haus, wenn die Kinder zur Welt kommen. Sind diese erwachsen und ausgezogen, braucht es den Platz nicht mehr. «Wohneigentum auf Zeit» wird wie beim traditionellen Eigentum im Grundbuch eingetragen. Die Käuferschaft hat während der festgelegten Zeitperiode somit das umfassende Eigentumsrecht. Nach Ablauf geht das Wohnobjekt wieder in das Eigentum des Investors zurück. Ein grosser Vorteil dieser neuen Eigentumsform ist: Wohneigentum zu erwerben, wird günstiger. Denn der Kaufpreis bemisst sich nur auf die festgelegte Besitzdauer, also auf einen Teil der ganzen Lebensdauer der Immobilie. Mit Ausnahme einer Liegenschaft in der Agglomeration Bern existiert «Wohneigentum auf Zeit» bis anhin in der Schweiz als auch in Europa in dieser Form nicht.

Höhere Zustimmung von Mietern als von Eigentümern
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern (Fachhochschule der Zentralschweiz) hat nun im Rahmen eines Forschungsprojekts (siehe Box) untersucht, auf welche Resonanz die neue Wohneigentumsform in der Schweiz stösst. Ende vergangenen Jahres wurde eine Online-Umfrage gestartet, schliesslich konnten die Antworten von 996 Wohneigentümerinnen und Mietern ausgewertet werden. Die Ergebnisse sind deutlich: 72 Prozent der Wohneigentümer können sich vorstellen, «Wohneigentum auf Zeit» zu erwerben. Positiv hervorgehoben wird unter anderem, dass die Wohnkosten im Vergleich zum traditionellen Eigentumsmodell reduziert sind und man sich nach Ablauf der Laufzeit nicht um den Verkauf des Objektes kümmern muss. Das Modell findet zudem Zustimmung, weil das Wohnobjekt während der Vertragsdauer veräussert werden kann. Die Mieterinnen und Mieter befürworten «Wohneigentum auf Zeit» mit 78 Prozent gar noch stärker. Dies erscheint im Hinblick darauf, dass rund die Hälfte aller befragten Mieter in absehbarer Zeit Wohneigentum erwerben will, nicht erstaunlich. Betrachtet man ausschliesslich die Gruppe der Mieter mit Kaufabsichten, erhöht sich die Zustimmungsquote auf 81 Prozent. Die Mieter gewichten eine mit dem neuen Modell verbundene Reduktion der Wohnkosten noch stärker als die Eigentümer. Weiter ist den Mieterinnen und Mietern ebenfalls wichtig, dass sie das Wohnobjekt vor Ende der Laufzeit veräussern können.

Einkommens- und Vermögenskategorien spielen bei den Eigentümern eine Rolle
Die Haltung gegenüber «Wohneigentum auf Zeit» hängt insbesondere bei den Eigentümerinnen und Eigentümern auch von deren Einkommens- und Vermögenssituation ab. Es kommt deutlich zum Ausdruck, dass Personen mit einem Haushaltseinkommen zwischen 104’000 und 130’000 Franken im Vergleich zu den Befragten mit einem tieferen oder höheren Haushaltseinkommen dem neuen Eigentumsmodell eher skeptisch gegenüberstehen. Die Studie zeigt zudem, dass «Wohneigentum auf Zeit» am meisten Unterstützung von Personen mit einem Vermögen zwischen 500’000 und 1 Million Franken geniesst.  Bei den befragten Mieterinnen und Mietern unterscheiden sich die Befürworter und Skeptiker von «Wohneigentum auf Zeit» nicht signifikant in Bezug auf Einkommen und Vermögen. Hingegen beeinflussen Alter und berufliche Stellung der Mieter deren Haltung gegenüber dem neuen Eigentumsmodell: Jene, die nicht berufstätig sind, befürworten das Modell deutlich öfters. Interessant ist ferner, dass mit zunehmendem Alter die Unterstützung von «Wohneigentum auf Zeit» sinkt.

Klare Vorteile von «Wohneigentum auf Zeit», jedoch besteht Aufklärungsbedarf
Die neue Eigentumsform verschafft nicht nur künftigen Eigentümerinnen und Eigentümern Vorteile, auch Investoren profitieren: Da nach Ablauf der festgelegten Zeitperiode das Eigentum an den Investor geht und dieser wieder alleiniger Eigentümer ist, kann er das Wohnobjekt optimal bewirtschaften: je nach Bedarf teilweise oder komplett sanieren. Im Vergleich zum traditionellen Stockwerkeigentum führt dies zu einem besseren Substanzerhalt der Wohnobjekte, was ein klarer Vorteil für die Gesamtwirtschaft ist. Zudem stellt «Wohneigentum auf Zeit» insbesondere für Pensionskassen eine interessante Anlagemöglichkeit dar: Das Modell garantiert aufgrund der im Voraus festgelegten Laufzeit konstante Zahlungsströme und damit langfristige Renditen.  Insgesamt zeigt die Studie, dass diese innovative Wohneigentumsform auf beachtliches Interesse stösst. Zu erwähnen ist aber auch, dass ein solches Modell im Markt fast gänzlich unbekannt ist und zudem eine relativ hohe Komplexität aufweist. Entsprechend besteht ein grosser Informations- und Erklärungsbedarf. Diesen zu decken, wird zentral sein für eine Verbreitung des Modells im Markt. Die Resultate aus der Online-Befragung liefern somit wertvolle Erkenntnisse für die weiteren Schritte im Forschungsprojekt der Hochschule Luzern, in welchem «Wohneigentum auf Zeit» bis zur Marktreife weiterentwickelt werden soll.

Die Studie zur Marktakzeptanz von «Wohneigentum auf Zeit» kann auf www.hslu.ch/wohneigentum-auf-zeit heruntergeladen werden.

Modell für «Wohneigentum auf Zeit» wird weiterentwickelt
Das Forschungsprojekt «Wohneigentum auf Zeit» des Instituts für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern ist Mitte 2016 gestartet. Das Hauptziel besteht darin, «Wohneigentum auf Zeit» zu einer marktfähigen neuen Eigentumsform weiterzuentwickeln. Zu den Projektarbeiten gehört die Untersuchung der Marktakzeptanz des Modells (siehe Haupttext). Am Projekt beteiligt sind das Bundesamt für Wohnungswesen BWO, die Berner Lehrerversicherungskasse BLVK, die Bonainvest AG, Ernst & Young AG sowie die Pagameno Invest AG. Die Kommission für Technologie und Innovation KTI des Bundes unterstützt die Forschungsarbeiten.

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