Alexandre Andlauer, Head of Oil & Gas Sector, bei Alphavalue in Paris

Alexandre Andlauer, Head of Oil & Gas Sector, bei Alphavalue in Paris

Alexandre Andlauer, Head of Oil & Gas Sector bei Alphavalue in Paris

Von Martin Raab, Derivative Partners AG, www.payoff.ch

payoff im Gespräch mit Alexandre Andlauer, Head of Oil & Gas Sector, bei Alphavalue in Paris und bekannter Schieferöl-Experte über die Zukunftsaussichten im Ölgeschäft, Kaufempfehlungen für Schlumberger, Halliburton sowie Statoil und sich verengende Spreads bei WTI und Brent.

payoff: Herr Andlauer, die Ölpreise sind nach wie vor stark unter Druck. In welche Richtung geht es Ihrer Meinung nach den nächsten Wochen?

Alexandre Andlauer: Die Schwankungen dauern an, auch wenn sie geringer sind als erwartet. Allerdings schrumpft die Angebotssteigerung. US-amerikanischer Ölschiefer und einige weitere Projekte mit negativem Kostenaufwand sollten jedoch die Bedeutung des Iran begrenzen können. Im Grossen und Ganzen gehe ich davon aus, dass die Fördermenge um 0.3 Mio. Barrel/Tag steigen wird, die Nachfrage aber um 0.8 Mio. Barrel/Tag. Der jüngste Ölpreisrückgang seit September wurde eher von Wachstumsängsten bei der Nachfrage angetrieben denn von Änderungen auf der Angebotsseite.

Wie stehen denn die Chancen, dass die unter dem Ölpreis leidenden OPEC-Länder Saudi-Arabien zu einer Drosselung der Ölfördermengen drängen könnten?

Ich glaube nicht, dass es zu einer Senkung der Fördermengen seitens der OPEC-Staaten oder Russlands kommen wird. Tatsächlich, wird jeder Preisanstieg über USD 40 pro Barrel dazu beitragen, dass die US-amerikanischen Ölschieferproduzenten die Fertigstellung ihrer noch im Bau befindlichen Bohrplätze vorantreiben werden und innerhalb von sechs Monaten wohl 0.6 Mio. Barrel/Tage fördern werden. Es handelt sich nur um eine Verlagerung der Marktanteile. Wenn von Einfrieren der Fördermengen gesprochen wird, dann ist das eine Kommunikationsstrategie um Druck auf den Iran und den Irak, die ihre Fördermengen erhöhen, auszuüben. Nach deutlichen Wachstumsraten in 2015 ist die Ölförderung in Saudi-Arabien und Russland kurz davor Höchststände zu erreichen. Sie können daher leicht ihre Ölförderung einfrieren. Auch weil ihr Potenzial im Hinblick auf die getätigten Investitionen sehr begrenzt ist.

Gehen Sie davon aus, dass sich die Korrelationen zwischen WTI und Brent ändern werden?

Dank der Aufhebung des Embargos sind Exporte von Rohöl nun wieder möglich. Jetzt sollten nur noch Transportkosten und die Qualität von Bedeutung sein. Mit anderen Worten, der Preisunterschied zwischen den beiden Sorten sollte nicht grösser als $4 pro Barrel sein.

Welche Konsequenzen sehen Sie gegenwärtig für die US-amerikanische Ölindustrie im Allgemeinen und die Ölschieferproduzenten im Besonderen?

Die Ölschieferindustrie befindet sich noch in der Entwicklungsphase und entsprechend hoch ist vielfach die Kreditbelastung. Mehr als 25% der Branchenmitglieder erfüllen nicht das Kriterium für Investment-Qualität und könnten demnächst Insolvenz beantragen. Die Zahl der betriebsbereiten Bohrplätze ist auch nicht hoch genug um den Förderungsrückgang von 30 bis 50% zu kompensieren. Alles in allem, gehe ich davon aus, dass die Ölschieferförderungsmengen um 100‘000 Barrel pro Tag im Monatsrhythmus sinken werden — bis auf etwa 700‘000 Barrel pro Tag Ende 2016. Danach wird der Rückgang stagnieren, da wir Jahre mit geringeren Rückgangsraten erreichen werden.

Meinen Sie nicht, dass eine Konkurswelle einen Spill-Over-Effekt auf den US Finanzsektor haben könnte?

Im Bereich Exploration und Produktion gibt es viele potentielle Käufer. Ich sehe da viele internationale Fonds und Private Equity Unternehmen, die privates Beteiligungskapital bringen. Sogar im börsennotierten Umfeld gibt es viele Kapitalerhöhungen. Ich bin mir da also nicht so sicher, dass es dort zu einer grossen Konkurswelle kommen wird. Aber im Öldienstleistungssektor und den Wirtschaftsbereichen, die vom Ölschiefer abhängen, wie zum Beispiel der lokale Immobilienmarkt in Förderhochburgen wie North Dakota, wird es Firmenpleiten geben.

Was ist Ihre Meinung zu Ölschiefer und –gas und den negativen Auswirkungen auf die Umwelt, die diese Technologie mit sich bringt?

Wie in jedem anderen Industriezweig auch, gibt es jede Menge Raum für Verbesserungen. Bisher wurde Fracking bereits zwei Millionen Mal durchgeführt ohne dass es zu einem Unfall gekommen ist. Manchmal sind die seismischen Aktivitäten hoch, aber das geht auf einen Mangel an Regulierung zurück. Seismische Aktivitäten treten bei Abwasserschächten auf, die für Fracking-Wasser verwendet werden. Sie stehen nicht direkt mit dem Fracking in Verbindung, sondern mit dem Recycling des Wassers. Hier besteht Verbesserungsbedarf. Reglementierungen werden gerade erarbeitet und diese werden die Kosten um USD 5 pro Barrel erhöhen.

Ein Dauerbrenner für Investoren im Energiesektor sind Master Limited Partnerships (MLPs). Sind sie bei den gegenwärtig niedrigen Ölpreisen überhaupt noch profitabel?

Das hängt ganz vom erreichbaren Volumen ab. Momentan sieht es schwierig aus.

Insgesamt, welche globalen Energietitel werden eine Outperformance erzielen?

Alle Unternehmen, die in der Lage sind Kosten zu senken, können ihre Produktion optimieren und sind anpassungsfähig. All das trifft definitiv auf Ölschiefer zu. Pioneer ist eines der weniger verschuldeten Unternehmen mit ausgezeichneter Substanz. In Europa würde ich Statoil favorisieren, und zwar wegen der proaktiven Vorgehensweise bei der Kostensenkung. Machen Sie einen Bogen um Öldienstleister…ausgenommen die US-amerikanischen Titanen wie Schlumberger und Halliburton.

Und zum Abschluss, sehen Sie interessante Trends auf dem Energiesektor?

Ja, der Energiesektor befindet sich am Beginn einer neuen Ära. Das aktuelle Preisniveau löst einen Dominoeffekt aus: die einen werden fallen und die anderen werden Chancen wahrnehmen. Es stehen uns aufregende Zeiten bevor!

Herzlichen Dank für das Interview.

Der Gesprächspartner:
Alexandre Andlauer ist seit Januar 2009 Head of Oil & Gas Sector bei Alphavalue in Paris. Er leitet den Analysebereich Öl und Gas und hat sich zum Bereich Shale Oil seit einigen Jahren einen Namen gemacht, als er bereits 2012, nach einer umfangreichen Recherchenreise in den USA, den Rückgang des Ölpreises auf $50 durch den Shale-Oil-Boom korrekt vorhergesagt hat. Der Franzose publiziert zu diesem Sektor umfangreiche Reports, ist Co-Autor von «Gaz et Petrole de Schiste – Revolution Planetaire et déni Français» und ist regelmässiger Interviewgast bei Finanzmedien. Andlauer war zuvor beim Aktienbroker Cheuvreux als Analyst für den Automobil-Sektor tätig und starte im Jahr 2006 als Financial Analyst seine Karriere bei Redburn Partners und Merril Lynch. Er besitzt einen MBA in Finance der École supérieure de commerce et management (ESCEM) in Tours.

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