Alpian: Zwei gute Gründe für eine Investition. Und einen, den Sie vielleicht noch nicht gehört haben

Alpian: Zwei gute Gründe für eine Investition. Und einen, den Sie vielleicht noch nicht gehört haben
Victor Cianni, CIO Alpian. (Bild: Alpian)

Von Victor Cianni, CIO Alpian

Worin man investieren sollte und wie man investiert, wird oft und ausführlich diskutiert. Warum also nicht einen Schritt weiter gehen und untersuchen, warum es überhaupt sinnvoll ist, Geld zu investieren?

Die Wahrheit ist, dass wir nicht darauf programmiert sind, zu investieren. Wie bei vielen anderen Dingen im Leben («Komm ins Haus, sonst erkältest du dich», «du musst trainieren, wenn du ein Sportler werden willst», «du musst studieren, wenn du eines Tages einen Job haben willst») bedeutet Investieren, dass man auf unmittelbaren Genuss verzichtet, um dafür potenzielle Vorteile in der Zukunft zu erhalten. Das sind die zwei Hauptgründe, die die meisten Anlageexperten Ihnen zur Erwägung vorlegen. Es gibt noch einen dritten Grund, den man in Betracht ziehen sollte (ach, die Spannung!), aber lassen Sie uns zunächst einmal überprüfen, was die allgemeine Weisheit vorgibt.

Grund 1: Ein intelligenter Weg, Ziele zu erreichen

Wenn Sie «Warum investieren?» googeln, werden Sie wahrscheinlich auf eine der beiden folgenden Aussagen stossen:

«Investieren Sie, um Ihr Vermögen im Laufe der Zeit zu vermehren und zukünftige Ziele zu erreichen».
«Der Zinseszins lässt Ihr Geld für Sie arbeiten».

Dies sind die beiden Mantras jedes seriösen Finanzinstituts und sie sagen so ziemlich alles aus. Um bestimmte Ziele zu erreichen, benötigen Sie wahrscheinlich mehr Geld als Sie derzeit besitzen. Indem Sie das Geld auf Ihrem Sparkonto anlegen, das Sie nicht dringend benötigen, können Sie diese Ziele erreichen. Funktioniert das? Das hängt davon ab, wo Sie Ihr Geld anlegen aber im Durchschnitt ja (wir werden später noch sehen, dass man sich nicht immer auf Durchschnittswerte verlassen sollte).

Auf Compounding-Renditen bauen
Ein Vorteil des Investierens besteht darin, dass Ihr Geld – wenn Sie es richtig anlegen – vom Schneeballeffekt des Zinseszinseffekts profitiert, dem wichtigsten Mechanismus beim Investieren.
Finanzberater führen oft diese Art von Simulationen durch, um den Zinseszinseffekt zu veranschaulichen: Wenn Sie heute 100’000 CHF investieren und sie mit einer jährlichen Rate von 5% wachsen lassen (eine magische Zahl in der Finanzbranche), werden Sie in 15 Jahren fast das Doppelte des ursprünglichen Betrags besitzen. 207’893 CHF, um genau zu sein (Grafik 2). Wir müssen nur die magische Investition finden, die diese 5% in den nächsten 15 Jahren generiert, aber das ist eine andere Geschichte.

Quelle: V. Cianni, nur zu Illustrationszwecken. Es wird von einer festen jährlichen Wachstumsrate von 5,0% nach Abzug von Gebühren ausgegangen.

Aber kann man seine Ziele nicht auch ohne Investitionen erreichen?
Mit den Ersparnissen der zweiten und dritten Säule (Altersvorsorge in der Schweiz) scheint es, als ob wir genug haben, um unsere zukünftigen Bedürfnisse zu erfüllen. Aber was ist mit grösseren Träumen und Zielen? Und wir sprechen hier nicht von unrealistischen Wünschen.

«Was ist, wenn ich hundert Jahre alt werde? Habe ich genug, um einen 35-jährigen Ruhestand zu finanzieren?»
«Was ist, wenn meine Tochter an die EPFL oder die ETH gehen will? Kann ich mir ihre Unterkunft in Lausanne oder Zürich leisten?»
«Schöne Uhr! Wäre das nicht ein schönes Geschenk zu meinem vierzigsten Geburtstag?»
Auch wenn diese Ziele in greifbarer Nähe zu sein scheinen, werden sie oft von einigen Sorgen begleitet:
«Meine Ersparnisse werden dafür nicht ausreichen.»
«Ich kann mir das jetzt nicht leisten, vielleicht in 5 Jahren».
«Wenn ich das jetzt kaufe, werde ich dann noch genug für die Zukunft sparen können?»

Natürlich ist die Kreditaufnahme eine praktikable Option, um das zu bekommen was wir jetzt wollen und ohne warten zu müssen, aber sie hat ihren Preis. Leihen ist das genaue Gegenteil von Investieren: Jemand gibt vorübergehend etwas Geld weg, damit Sie es verwenden können und wenn Sie es später mit Zinsen zurückgeben, profitieren sie davon.
Wenn wir also nicht investieren wollen, welche Möglichkeiten haben wir dann, wenn wir etwas Geld beiseite legen (aber nicht genug) und ein wenig Zeit haben?

Ein besseres Gehalt verdienen – reicht das aus?
Wenn wir uns an die Bundesstatistiken halten, scheint ein besseres Gehalt im Laufe der Zeit für die meisten statistisch machbar zu sein. Als Faustregel gilt: Je älter wir werden, desto mehr Erfahrung und Verantwortung (und mehr als nur ein paar weisse Haare) sammeln wir, und das spiegelt sich (normalerweise) in unserem Gehalt wider.

Quelle: Bundesamt für Statistik, Löhne für die gesamte Bevölkerung, Stand 2018. Nur zu Illustrationszwecken.

Die nachstehende Abbildung zeigt jedoch, dass diese Anpassung nicht linear verläuft: In jüngeren Jahren steigen unsere Gehälter tendenziell schneller aber ab einem bestimmten Alter scheint es schwieriger zu sein, mehr zu verdienen. In jedem Fall ist es lohnenswert, ein höheres Gehalt anzustreben, allerdings es reicht möglicherweise nicht aus.

Im Lotto gewinnen – wie hoch sind die Chancen?
Sicherlich eine historisch attraktive Option! Mit einer kleinen Vorabinvestition könnte jeder einen grossen Gewinn erzielen. Aber in den letzten 20 Jahren hat das Schweizer Lotto bei Tausenden von verkauften Losen bei jeder Ziehung im Durchschnitt 24 neue Millionäre pro Jahr hervorgebracht. Die Gewinnchancen stehen also nicht zu unseren Gunsten. Positiv ist, dass ein Grossteil der Lotterieeinnahmen in der Schweiz zur Finanzierung öffentlicher Projekte verwendet wird.

Investieren und Sparen – ein Mittelweg
In gewisser Weise ist das Investieren eine Ergänzung zum Sparen. Investitionen wachsen in der Regel im Laufe der Zeit, wobei der Zinseszinseffekt umso stärker zum Tragen kommt, je länger wir warten. Ersparnisse, die auf dem Gehalt basieren wachsen exponentiell wenn wir jünger sind, danach stagnieren die Ersparnisse dann und nehmen schliesslich ab.

Grund 2: Das Inflationsargument

Die zweite Waffe im Arsenal eines Anlageexperten sind ein paar grosse Worte. Das erste ist «Inflation», ein weiteres mysteriöses Konzept, das selbst Anlageexperten nicht ganz verstehen (ein bisschen Bescheidenheit kann nicht schaden). Das liegt nicht daran, dass sie in Finanzfragen nicht bewandert sind, denn die Anlegergemeinschaft hat einen ziemlich hohen Standard was Diplome und Qualifikationen angeht, sondern es liegt an der Komplexität des Themas.

Wenn wir ein Buch über Wirtschaft aufschlagen, finden wir vielleicht Folgendes: «Inflation ist ein anhaltender, allgemeiner Anstieg der Preise für Waren und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft». Die Definition scheint recht einfach zu sein. Und beängstigend. Waren und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft sind das, was wir jeden Tag kaufen und verbrauchen: Lebensmittel, Kleidung, Energie, Zugtickets, Hotelübernachtungen, Kinokarten usw. Können Sie sich vorstellen, welche negativen Auswirkungen es auf Ihr tägliches Leben hätte, wenn die Preise für all diese Waren und Dienstleistungen über einen längeren Zeitraum steigen würden? Und noch schlimmer: Stellen Sie sich vor, Ihr Gehalt würde nicht im gleichen Masse steigen.

Das Schweizer Szenario
Seit 1974 sind die Preise in der Schweiz im Durchschnitt von einem Jahr zum nächsten um fast 10% gestiegen. Warum die Preise steigen und wie sie sich auf uns auswirken, ist alles andere als klar. Viele Theorien wurden von Wissenschaftlern vorgeschlagen und jede Regierung misst die Inflation anders. In der Schweiz wird diese Aufgabe vom Bundesamt für Statistik übernommen. Jeden Monat werden die Preise von etwa 1175 Waren in mehr als 5000 Geschäften in verschiedenen Kantonen erfasst und zu einem Warenkorb zusammengefasst, der den Verbrauch eines durchschnittlichen Haushalts widerspiegelt.

Und es endet nicht mit der Inflation
Selbst wenn Ihr Gehalt entsprechend der Inflationsrate steigt, hat das Geld, das Sie jeden Monat auf Ihr Sparkonto einzahlen, keinen «Schutzmechanismus» gegen die Inflation. Es ist auch zwei anderen Bedrohungen ausgesetzt: Steuern und Gebühren.

In der Schweiz werden die Steuern auf Privatvermögen von den Städten und Kantonen erhoben. Die Steuern auf Privatvermögen sind von Kanton zu Kanton unterschiedlich, fallen aber in der Regel an, wenn Ihr Vermögen einen bestimmten Schwellenwert überschreitet und betragen in der Regel weniger als 1,0%. Natürlich sind die meisten Bankdienstleistungen auch mit Kosten verbunden.

Nehmen wir ein Beispiel, um die Auswirkungen zu veranschaulichen. Nehmen wir an, dass Sie am 31. Dezember 1999, also vor Beginn des neuen Jahrhunderts, 100’000 CHF auf Ihrem Sparkonto hatten. Nehmen wir an, dass das Ausgabenbudget Ihres Haushalts wie der vom Bundesamt für Statistik berechnete Warenkorb aussieht. Weiter nehmen wir an, dass Sie nicht steuerbefreit sind und dass Ihr Kapital mit einem Satz von 0,5 % besteuert worden wäre. Schliesslich nehmen wir an, dass Ihre Bank Ihnen 1 CHF pro Monat für die Aufbewahrung Ihres Sparguthabens in Rechnung stellt. Zwanzig Jahre später hätten Inflation, Steuern und Gebühren Ihre Kaufkraft um mehr als 10’000 CHF gemindert.

Quelle: V. Cianni, Schweizerisches Bundesamt für Statistik, Bloomberg. Nur zu Illustrationszwecken.

Diese Grafik zeigt, wie sich die Kaufkraft eines durchschnittlichen Schweizer Anlegers im Zeitraum 2000-2020 entwickelt hätte, wenn er im Januar 2000 mit 100’000 CHF gestartet wäre. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Geld (1) zum jährlich gültigen Interbankensatz (CHF-Libor) verzinst wurde, (2) der damaligen Inflation unterlag, (3) mit einem jährlichen Satz von 0,50% besteuert wurde und (4) einer willkürlichen jährlichen Depotgebühr von 10 CHF unterlag.

Grund 3: Sie investieren bereits.

Vielleicht haben Sie noch Vorbehalte gegenüber Investitionen. Das heisst aber nicht, dass Ihr Geld nicht investiert wird. Nehmen Sie die Rentenzahlungen als Beispiel für das Schweizer Szenario. Jeden Monat geht ein Teil Ihres Lohns in die zweite Säule, die berufliche Vorsorge. Haben Sie sich jemals gefragt, was dann passiert? Die monatlichen Rentenbeiträge von Millionen von Arbeitnehmern oder Selbstständigen werden wieder in die Wirtschaft investiert. Wohin fliesst das Geld? Das hängt von der Entscheidung derjenigen ab, die für die Verwaltung der Pensionskasse zuständig sind.Nehmen wir das Beispiel der Publica, der grössten Pensionskasse der Schweiz, die 42,5 Milliarden Franken für mehr als 66’000 aktive Versicherte und 42’000 Rentenbezüger verwaltet (wenn Sie bei der Bundesverwaltung, der ETH oder anderen Verwaltungseinheiten arbeiten, ist dies die Institution, die für Ihre Rente zuständig ist). Ihr Jahresbericht zeigt uns, wie sie das Geld der Versicherten anzulegen gedenkt. So sollen im Jahr 2020 zwischen 7% und 16% der Renten in internationale Aktien investiert werden. Ob Sie wollen oder nicht, es scheint also, als würde bereits jemand in Ihrem Namen investieren.

Tabelle 2: Strategische Asset Allocation der Publica-Pensionskasse 2020

Quelle: Publica Jahresbericht 2020. Zu Illustrationszwecken.

Gilt das auch für Ersparnisse?
Man könnte einwenden, dass Renten und Ersparnisse nicht dasselbe sind aber die Ersparnisse auf unserem Bankkonto liegen auch nicht still da. Das Geld, das Sie jeden Monat auf Ihr Bankkonto einzahlen, wird in den Büchern der Bank registriert. Die Bank muss einen Weg finden, dieses Geld zum Laufen zu bringen, wie könnte sie sonst ihre Mitarbeiter bezahlen und Zinsen auf Ihr Geld zahlen? Wir werden hier nicht auf die Einzelheiten der Bankbilanz eingehen aber das Geld wird zur Finanzierung der Bankaktivitäten verwendet. Sieht man einmal vom aufsichtsrechtlichen Kapital ab, das die Bank beiseite legt (die Art von eisernen Reserven, die für den Betrieb erforderlich sind), wird das Geld aus den Sparkonten verwendet, um anderen Kunden oder Unternehmen Kredite zu gewähren. Im Gegenzug kassiert die Bank Zinsen. Ein Teil dieser Zinsen kann an Sie zurückgezahlt werden (jetzt wissen Sie, woher der kleine Gewinn am Ende Ihrer Jahresabrechnung kommt!), aber manchmal bekommen Sie auch gar nichts.

Riskantes Geschäft
Wie jedes andere Unternehmen geht auch die Bank gewisse (überschaubare) Risiken ein. Wenn beispielsweise das Geld, das sich die Bank von Ihrem Sparkonto leiht, an jemanden verliehen wird, der es nicht zurückzahlen kann, verbucht die Bank einen Verlust (die Banken haben einen sehr poetischen Namen dafür: «Ein notleidender Kredit»). Wenn nun zu viele Verluste eintreten, kann es sein, dass die Bank Ihre Ersparnisse nicht mehr garantieren kann. Wenn die Bank schlecht verwaltet wird, ist das auch ein Risiko für Ihr Geld.

Das Schweizer Finanzsystem ist eines der solidesten der Welt, und ein Einlagensicherungssystem garantiert die ersten 100’000 CHF, die Sie auf ein Einlagekonto einzahlen. Das Risiko ist jedoch nicht völlig ausgeschlossen, und von Zeit zu Zeit geraten Banken in die Schlagzeilen (einige von Ihnen erinnern sich vielleicht daran, wie einige Kantonalbanken Anfang der 2000er Jahre gerettet werden mussten).

Mehr Kontrolle über das eigene Geld
Auch wenn dies schockierend klingen mag, geht es darum, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass Ihr Geld zur Finanzierung der Wirtschaft und zur Bezahlung der Bank verwendet wird. Ohne unbedingt das Schlimmste zu befürchten, wirft dies einige ethische Fragen auf. Vielleicht wird Ihr Geld indirekt verwendet, um etwas oder jemanden zu finanzieren, den Sie wahrscheinlich nicht finanziert hätten. Natürlich gibt es auch viele Fälle, in denen Ihr Geld für einen guten Zweck verwendet wird. Aber anstatt es dem Zufall zu überlassen, können Sie durch aktive Kontrolle Ihres Geldes sicherstellen, dass sein Schicksal mit Ihren Werten übereinstimmt.

Und wie können Sie die Kontrolle aktiv übernehmen?

Nun, die Antwort sollte in diesem Stadium offensichtlich sein. (Alpian/mc/ps)

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