Bundesfinanzen: Sparen trotz guter Finanzlage gefordert

Bundesfinanzen: Sparen trotz guter Finanzlage gefordert

Bern – Die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte pocht darauf, dass der Bund seine Aufgaben überprüft und reduziert. Der gute Rechnungsabschluss des Bundes ist für sie kein Grund, auf Sparmassnahmen zu verzichten.

In ihrem am Freitag veröffentlichten Jahresbericht schreibt die Finanzdelegation, sie erachte es als «nicht akzeptabel», dass die Aufgabenüberprüfung in der Bundesverwaltung nach beinahe sieben Jahren noch nicht weiter gediehen sei. Der Bundesrat hatte 2004 damit begonnen, die Aufgaben der Verwaltung zu überprüfen. Erste Massnahmen präsentierte er letzten Herbst: Im Rahmen des Konsolidierungsprogramms schlug er rund 50 Massnahmen aus der Ausgabenüberprüfung zur raschen Umsetzung vor, darunter Einsparungen im Regionalverkehr und die Streichung der Gelder für das Nationalgestüt in Avenches VD.

Offene Türen eingerannt
Im Januar kam der Bundesrat aber dann zum Schluss, dass der Bund angesichts der guten Finanzlage auf diese Massnahmen verzichten könne. Eine integrale Umsetzung des Konsolidierungsprogramms sei nicht mehr nötig, befand Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Im Parlament rannte der Bundesrat damit offene Türen ein: Im März beschloss der Ständerat, gar nicht erst über die 50 Massnahmen zu beraten. Sowohl die Finanzministerin als auch der Präsident der Finanzkommission betonten dabei, dass der Verzicht nicht definitiv sei. Der Finanzdelegation reicht dies aber nicht: Sie fordert den Bundesrat auf, einen verbindlichen Zeitplan zu beschliessen.

Zu teurer Sitz im UNO-Sicherheitsrat?

In ihrem Jahresbericht thematisiert die für die Oberaufsicht über die Bundesfinanzen zuständige Parlamentsdelegation auch die geplante Kandidatur der Schweiz für einen nicht-ständigen Sitz im UNO-Sicherheitsrat in den Jahren 2023/24. Die Finanzdelegation hält den voraussichtlichen personellen Mehrbedarf von 10 bis 15 Stellen für zu hoch. Den Kostenfolgen sei bei der parlamentarischen Beratung grösste Aufmerksamkeit zu schenken, fordert sie. Mehrkosten befürchtet die Finanzdelegation auch beim neu geschaffenen Staatssekretariat für Internationale Finanzfragen (SIF). Das Finanzdepartement habe den zugesicherten Nachweis der Kostenneutralität noch nicht erbracht.

Standortvorteil nicht leichtfertig aufgeben
Zu den Informatikproblemen im Verteidigungsdepartement (VBS) schreibt die Finanzdelegation, es habe sich gezeigt, dass die Schwierigkeiten in erster Linie auf Führungsprobleme zurückzuführen seien. Sie werde die Arbeiten weiterhin aufmerksam verfolgen. In den Schlussbemerkungen versichert die Finanzdelegation, sie selbst habe sich im Berichtsjahr in ihren Entscheiden sehr restriktiv und sparsam gezeigt. Dieser konsequenten Haltung komme grösste Bedeutung zu. Die Finanzkrise und die Krise des Euro hätten gezeigt, dass eine zu hohe Verschuldung eines Tages zu grössten Problemen führen könne. Dass die Schweiz von Verhältnissen wie in Irland, Griechenland oder Portugal weit entfernt sei, sei ein Standortvorteil, der nicht leichtfertig aufgegeben werden dürfe.

Auch NR-Kommission gegen Konsolidierungsprogramm
Anders tönt es im Parlament: Angesichts der guten Finanzlage soll der Bund auf einen Teil der geplanten Sparmassnahmen verzichten. Nach dem Ständerat hat sich nun auch die Finanzkommission des Nationalrats dafür ausgesprochen. Seine Aufgaben überprüfen soll der Bund aber dennoch. Mit 12 zu 1 Stimmen bei 10 Enthaltungen empfiehlt die Finanzkommission dem Nationalrat, auf das Konsolidierungsprogramm nicht einzutreten, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten. Für dieses Vorgehen hatte sich auch der Bundesrat ausgesprochen. Nachdem der Bund im vergangenen Jahr statt eines budgetierten Defizits von 2 Mrd einen Überschuss von 3,6 Mrd CHF erzielt hatte, gab der Bundesrat bekannt, er halte eine integrale Umsetzung des Konsolidierungsprogramms nicht mehr für nötig.

Keine Einstellung der Überprüfung der Bundesaufgaben
Die Kommission begründet ihren Entscheid vor allem mit den guten Aussichten: Der Finanzplan sehe für die nächsten Jahre keine strukturellen Defizite im Bundeshaushalt mehr vor. Damit sei die Begründung für das Konsolidierungsprogramm weggefallen, hält sie fest. Es geht um kurzfristig umsetzbare Massnahmen aus der Aufgabenüberprüfung, darunter Einsparungen beim Regionalverkehr und beim Nationalgestüt in Avenches VD. Dass der Bundesrat die bereits vor Jahren begonnene Überprüfung der Bundesaufgaben gänzlich einstellt, will die Kommission aber nicht. Im Gegenteil: Sie verlangt, dass er bis Ende Jahr eine Botschaft mit konkreten, langfristigen Massnahmen vorlegt. Mit 15 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung hat die nationalrätliche Finanzkommission eine entsprechende Motion beschlossen.  (awp/mc/ps)

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