Fisch Asset Management: Konjunkturelle Stabilisierung, aber Ukraine/Russland-Konflikt belastet

Fisch Asset Management: Konjunkturelle Stabilisierung, aber Ukraine/Russland-Konflikt belastet
Beat Thoma, CIO bei Fisch Asset Management in Zürich. (Foto: zvg)

Die grundsätzlich solide globale konjunkturelle Entwicklung kühlte sich in den vergangenen Monaten aufgrund der starken Ausbreitungswelle der Omikron-Variante sowie höherer Inflation und damit sinkendem Konsumentenvertrauen moderat ab. Die Eskalation des Ukraine/Russland-Konflikts sorgt zusätzlich für Nervosität bei den Finanzmarktteilnehmern.

von Beat Thoma, CIO bei Fisch Asset Management

Noch sind die Auswirkungen nicht wirklich abzusehen und kurzfristig herrscht Unsicherheit vor. Allerdings sollte dieser Konflikt mittel- bis längerfristig nur einen beschränkt negativen Einfluss auf die globalen Finanzmärkte haben. Denn historisch hatten politische Krisen stets kaum langfristige Auswirkungen auf die Börsen.

Generell deuten verschiedene Indikatoren wieder auf eine Stabilisierung und wegfallende Belastungsfaktoren hin, insbesondere in Europa. Wir gehen davon aus, dass die Inflationsraten global ihren Höhepunkt erreicht haben und in absehbarer Zeit wieder fallen werden. Gründe dafür sind wegfallende Lieferkettenprobleme, zunehmende Basiseffekte, deutlich abnehmendes Geldmengenwachstum und eine leichte Beruhigung der konjunkturellen Entwicklung sowie eine leichte Entspannung an den überhitzten Arbeitsmärkten. Zudem signalisiert die anhaltende Abflachungstendenz der Zinskurven weiterhin nur moderate Inflationserwartungen sowie hohes Vertrauen in die Geldwertstabilität und die Glaubwürdigkeit der Zentralbankenpolitik.

Vorerst erwarten wir keine Überreaktion (‚policy mistake‘) der Zentralbanken auf die aktuell hohen Inflationsraten, sondern eine gut kontrollierte graduelle Anhebung der Zinsen und ein Auslaufen der Anleihenaufkaufprogramme. Zudem dürfte die US-Notenbank noch in diesem Jahr mit einer Reduktion ihrer Bilanz (QT) beginnen, wobei auch diese Schritte rechtzeitig kommuniziert werden dürften und teilweise schon in Markterwartungen enthalten sind. Der so genannte ‚Fed-Put‘ bleibt aber weiterhin bestehen, allerdings mit tieferem Strike Price. Die US-Notenbank (aber auch die EZB) dürfte deshalb bei einer potenziell zu starken konjunkturellen Abschwächung oder Börsenunruhen auch zukünftig ihre restriktivere Geldpolitik sofort wieder lockern.

Im aktuellen Zentralbankmodus dürften vorübergehend allerdings auch eine deutlich höhere Volatilität und etwas stärkere Marktrückgänge toleriert werden. Die aktuelle Abflachungstendenz der Zinskurven ist aber ein Warnsignal für die Fed und ein guter Grund, die Geldpolitik nicht übermässig stark zu straffen. Die Markttechnik und das Marktverhalten sind aktuell im grünen Bereich. Die Finanzmärkte verhalten sich, als wäre die Geldpolitik bereits gestrafft und die Zinsen mehrmals erhöht worden. Viel Negatives ist damit bereits eingepreist und die Erwartungen erscheinen realistisch. Insgesamt besteht damit weiterhin Potenzial für positive Überraschungen sowohl an den Aktienmärkten als auch bei den Zinsen und den Kreditmärkten. Voraussetzung für unsere Einschätzung ist jedoch, dass die Eskalation des Ukraine/Russland-Konflikts nicht noch weiter ausufert. (FAM/mc)

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